Es war eine beispiellose Wahl für Zentralasien. Am 4. Oktober haben die kirgisischen Wähler in den 2374 von der Wahlkommission (ZIK) aufgestellten Wahllokalen, davon 26 im Ausland, ihre Stimmen abgegeben.

Auch die nachträgliche Stimmzählung per Hand ergab, nach Aussage der Wahlkommission, dass die vorläufigen kirgisischen Wahlergebnisse sich nicht verändert haben. Von den 14 Parteien im Rennen haben sechs die nötige 7%-Hürde auf nationaler Ebene und die 0,7%-Hürde auf regionaler Ebene überschritten. Es handelt sich um die Sozialdemokratische Partei (SDPK) (26,9%), Respublika-Ata-Dschurt (21,03%), die Parteien Kirgistan (12,41%), Onuguu Progress (9,19%), Bir Bol (8,32%) und die sozialistische Partei Ata Meken (7,88%).

Am Ende des Wahltages im Wahllokal in der Nationalen Universität Kirgistans, Bischkek. | Bild: Danil Usmanov

Zum ersten Mal erfolgte die Stimmabgabe mithilfe eines biometrischen Erkennungssystems. Jeder Wähler wurde durch seinen Fingerabdruck identifiziert. Die obligatorische Registrierung der biometrischen Daten, um an der Wahl teilzunehmen, hat allerdings auch viele Bürger von der Wahl ausgeschlossen.

Auch die Wahlbeteiligung ist weit von den in der Region üblichen 95% entfernt: laut dem ZIK haben sich über 57% der Wähler zu den Wahlurnen begeben. Etwa derselbe Stand wie bei den vorhergehenden Parlamentswahlen 2010.

Die Ergebnisse bieten Überraschungen, bestätigen aber auch einige Beobachtungen, die während des Wahlkampfes gemacht wurden. Die Präsidentenpartei SDPK zum Beispiel hält den ersten Platz, den sie in allen Umfragen eingenommen hatte. Von ihr wird auch die Bildung der Regierungskoalition erwartet, wobei der Zusammenschluss der zwei bisherigen Oppositionsparteien Respublika und Ata-Dschurt als zweitstärkste Kraft ins Parlament einzieht.

Im Anschluss an die Wahl kündigte der Vorsitzende der SDPK Tschynybai Tursunbekov an, dass seine Partei „mit Parteien, die dieselbe Ideologie vertreten“ eine Koalition bilden werde, um „für das Wohl des Landes zu arbeiten“.

Der Erfolg der vor kurzem gegründeten Partei Kirgistan, die mehr als ein Zehntel der Stimmen erhielt, ist eine der Überraschungen der Wahl. Wie auch das Ergebnis der neben der SDPK zweiten etablierten Partei Ata-Meken, die die nötigen 7% nur knapp überschritt. Der schon länger beobachtete Popularitätsverlust von Ar Namys wurde von den Wählern bestätigt.

Saubere Wahlen trotz Zwischenfällen

Sechs der 14 Parteien überschreiten die 7%-Hürde. Die entprechende Verteilung der Mandate ist wie folgt (bei 120 Sitzen insgesamt).

Im Ganzen verlief die Wahl ohne grobe Unregelmäßigkeiten. Es waren 613 Wahlbeobachtern aus 69 Ländern anwesend, um sich der richtigen Durchführung der Wahl zu vergewissern. „Die internationalen Beobachter waren am Vormittag hier. Sie sind zwischen 5 und 10 Minuten geblieben,“ bemerkt Talan, ein kirgisischer Wahlbeobachter in einem Lokal im Süden von Bischkek. Laut Wahlgesetz sollten in jedem Wahllokal zwei Beobachter von jeder Partei eine saubere Wahl garantieren.

Die Wahl verlief ruhig, wenn auch etwas angespannt. Insgesamt waren 20.000 Polizisten mobilisiert, um die Sicherheit während der Wahl zu gewährleisten. Das Wahlgesetz sieht keine Einschränkung des Zugangs zu den Wahllokalen vor, dennoch wurden in Osch und in Bischkek neugierige Ausländer mehrmals zum Ausgang verwiesen. Nur akkreditierte Medien durften dort fotografieren.

Zur Mitte des Wahltages fand der Präsident Almasbek Atambajew besonders harte Worte gegenüber Azattyk.org, der lokalen Redaktion von Radio Free Europe, welche die kritische Nähe zwischen der SDPK und der Präsidialverwaltung während der Wahlkampagne kritisiert hatte. „Als Präsident und auch als einfacher Mensch sage ich euch: ‚Fürchtet Gott!‘“, drohte der Staatschef den Journalisten, die wegen der Finanzierung von Azattyk.org durch den US-Kongress als „Vertreter des Department of State“ bezeichnete.

Mehrere Probleme wurden während der Wahl vermerkt. In einem bei Azattyk.org veröffentlichten Video beklagte der Abgeordnete und Kandidat Omurbek Abdrachmanow (Ar Namys), dass er nicht wählen konnte, da er in einem weit von seinem eigentlichen Registrierungsort entfernten Wahllokal gemeldet war. In Bischkek wurde auch eine zweifache Wahl gemeldet, die einem technischen Fehler geschuldet war.

In der südlichen Großstadt Osch meldete ein anonymer Korrespondent, Vertreter der Parteien Bir Bol, SDPK und Onuugu Progress hätten versucht, Stimmen zu kaufen. Laut seiner schwer zu überprüfenden Aussage ist eine Stimme mit zwischen 500 und 2000 Soms gehandelt worden (zwischen 6 und 27 Euros).

Trotz dieser Zwischenfälle wurde die Wahl von sämtlichen Kandidaten und Beobachtern als legitim anerkannt. Sogar der Kandidat Kamtschibek Taschijew (Respublika-Ata-Dschurt), der zwei Tage vor der Wahl aufgrund einer Schlägerei von der Liste gestrichen wurde, äußerte sich positiv über das Ergebnis.

Der Premierminister Temir Sarijew erklärte, diese Wahlen seien “beispiellos in der Geschichte des Landes”, da den bei vorherigen Wahlen beobachteten Wahlfälschungen, unter anderem Karusselwahlen und der Zählung der Stimmen verstorbener Wähler, ein Ende gesetzt worden sei.

Für den Analysten Edil Baisalow ist der 4. Oktober für Kirgisistan eine “friedliche Revolution”, die den Präsidenten Atambajew als den Organisator der ersten sauberen und regulären Wahlen des Landes in die Geschichtsbücher bringen wird.

Diese Wahlen bringen auch viele frische Mandate ins Parlament. Von 120 Sitzen werden 83 an neue Abgeordnete vergeben. Diese stehen nun vor einer wichtigen Aufgabe: die Bildung einer stabilen Regierung.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen auf dem Nachrichtenportal www.novastan.org. Wir veröffentlichen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

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