Während des Goethe-Medienworkshops 2007 vergangene Woche in Almaty wohnten die sieben Teilnehmer aus Kasachstan und Kirgisistan im Sanatorium „Ak-Kajin“. Nachdem in der letzten Woche eine Sonderbeilage mit Texten der Teilnehmer für die DAZ produziert wurde, berichten sie diese Woche über ihre Eindrücke aus der Stadt und dem Sanatorium.

„Paris sehen und dann sterben“, sagen viele, die von der französischen Hauptstadt träumen. Über Almaty könnte man sagen: „Almaty sehen – und noch tausendmal hierher zurückkehren“. Die von Bergen umschlossene Stadt zieht viele Touristen an und ist gleichzeitig Kultur- und Wirtschaftszentrum des Landes. Überall entstehen neue Firmen und Geschäfte.

So wundert sich ein Taxifahrer aufrichtig über die Bitte, zur Akademie der Wissenschaften zu fahren. Während der zwei Jahre seiner Arbeit habe er niemals das Wort „Wissenschaft“ gehört. Die meisten wollten gewöhnlich zu irgendeinem Geschäft, zu verschiedenen Firmen oder Banken, auch zu Sehenswürdigkeiten fahren.

Im Süden Almatys, dort wo die Ausläufer des Tienschan-Gebirges beginnen, gibt es frische Luft und unberührte Natur.

Kleine Bäche fließen ins Tal, und hinter jeder scharfen Wendung erwartet den Wanderer ein neuer Blick in die Berge. Fährt man hinauf zum Kamenka Plateau, kann man irgendwann das Sanatorium „Ak-Kain“ sehen, das seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Betrieb ist. Der grau-steinerne Koloss steht mitten im Wald, von Bäumen und Büschen umringt – sowjetische Architektur, nicht schick, aber gut und gründlich gebaut. Vor den Eingangstüren stehen vier Bänke und ein Blumenbeet mit Blühendem.

Nicht nur die ernste Wachfrau in der Plastikkabine vermittelt sofort ein Gefühl von Rückkehr in die Sowjetzeiten: Marmorfußboden, blasser Teppich, weiche dunkelblaue Sessel ringsum, wenig Licht, ein altmodisches Informationsblatt und eine Elektrouhr der Firma „Elektronika“ mit grünen Ziffern – das alles sieht so aus, als ob im Kalender noch die 80er Jahre stehen. Die Einrichtung der Flure und mancher Zimmer ist genau in demselben Stil. Ein winziger Fahrstuhl, grüne dünne Teppiche, knarrende und harte Stühle im Kinosaal, ein geräumiger Speiseraum mit abgenutzten Möbeln, das Schild mit den Wörtern „Liebe Genossen“ im dritten Stock – all das ist geputzt und gepflegt, und alles, was einen umgibt, scheint mehr als 20 Jahre alt zu sein.

Das Sanatorium ist im Jahre 1975 gebaut worden. „Hier können sich 250 Leute gleichzeitig erholen. Im Sommer kommen Sanatoriumsgäste ganz verschiedenen Alters, Rentner und Jugendliche. Es gibt eine Disko ohne Altersbegrenzung, in der man sich trifft und kasachische Sänger auftreten. In der Mittagspause werden Ausflüge auf den Köktöbe, nach Tschimbulak und Medeu angeboten. Zwei Paare im Alter um die 80 Jahre haben hier sogar geheiratet“, erzählt Batichan Oralbajewa, die für das Kulturprogramm zuständig ist. „Ich bin hier mit meiner Tochter und Schwester zum ersten Mal, uns gefällt es, und wir wollen gern noch einmal wiederkommen“, sagt die 44-jährige Kulunschak Achmatowa, Lehrerin aus Aktau. „Aber nächstes Mal möchte ich hier gern einen Friseursalon und eine Apotheke sehen.“ „Es ist billig und nicht so weit von Almaty“, meint eine 67-jährige Rentnerin, die sich vor dem Schlafen noch in der Disko amüsiert hat.

Und sie fügt hinzu: „Nach dieser Woche der Erholung werde ich mich garantiert noch lange an die Spaziergänge in den Bergen, die schöne Natur, das schmackhafte Essen, die ruhige Atmosphäre und dieses verwirrende Gefühl von Rückkehr in die Breschnew-Epoche erinnern.“

Von Anna Minnich, Albina Umarowa, Rachat Essenalijewa und Alexej Bokow

31/08/07

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