Vergangene Woche wurde ein französischer Staatsbürger in Almaty ausgeraubt und erstochen. Der Raubmord wirft Fragen zur Sicherheit von Ausländern in der kasachischen Metropole auf.

Das Verbrechen geschah am Nachmittag. Am 2. August gegen 14.30 Uhr befand sich der französische Journalist Grégoire de Bourgues mit einer kasachischen Übersetzerin in seiner Wohnung im Zentrum von Almaty, als drei Männer einbrachen und Geld forderten. Laut einer Meldung der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ leisteten die Opfer keinerlei Widerstand. Die Einbrecher erbeuteten einen Computer, eine Digitalkamera sowie eine große Summe Geld von de Bourgues. Danach führten die Männer den 25-jährigen Journalisten in ein anderes Zimmer, wo sie ihn mit Messerstichen töteten. Die kasachische Übersetzerin konnte bei dem Einbruch unverletzt entkommen. Nach Angaben von Iljas Omarow, Sprecher des kasachischen Innenministers, haben die Fahnder einen Zusammenhang zwischen der Arbeit des Journalisten und dem Mord ausgeschlossen. Geld gilt als Hauptmotiv für die Tat.

Im Anschluss an diesen Raubmord stellt sich die Frage: Wie sicher ist die ehemalige kasachische Hauptstadt für Ausländer aus Europa? Dominique Gentils, der Geschäftsträger der französischen Botschaft in Almaty, formuliert seine Antwort elegant: „Kasachstan ist ein Land, in dem man Esprit haben sollte. Das heißt, die Besucher sollten vorsichtig sein und darüber nachdenken, wie sie sich verhalten.“ Sind die Franzosen, die hierher kommen, auch angemessen auf eventuelle Gefahren vorbereitet? „Wir weisen auf der Internetseite der Botschaft auf Vorsichtsmaßnahmen hin“, so der Repräsentant der Grande Nation.

Joachim Freiherr von Marschall, der ständige Vertreter der deutschen Botschaft, zeigt sich seinerseits nicht beunruhigt nach dem Mord an dem französischen Journalisten: „Gemessen an westlichen Kriterien schätze ich die Sicherheitslage in Almaty als normal ein. Es ist hier nicht gefährlicher als in vielen europäischen Großstädten.“ Er betont, daß Gewalt gegen Ausländer in Kasachstan weiterhin „die große Ausnahme ist. Man darf das nicht verallgemeinern.“ Eine Warnung fügt von Marschall allerdings hinzu: „Gesunder Menschenverstand ist natürlich unerlässlich. Besucher sollten vernünftig genug sein, das Unglück nicht heraufzubeschwören. Generell sind hier die selben Sicherheitsvorkehrungen wie zu Hause nötig.“ In diesem Zusammenhang verweist der Botschaftsvertreter darauf, „daß der Journalist meines Wissens seine Tür nicht abgeschlossen hatte.“ Um sicher zu gehen rät von Marschall: „Man sollte auf der Straße aufpassen, keine Wertgegenstände im Auto liegen lassen und bestimmte Gegenden am Stadtrand vermeiden.“

Der deutsche Reiseveranstalter David Berghof bewertet die Sicherheitslage in Almaty mit weniger diplomatischen Worten: „Im Vergleich zu anderen zentralasiatischen Staaten sind die Menschen in Kasachstan außergewöhnlich aggressiv“, so der Unternehmer, der auch ein Reisebüro in Turkmenistan hat. Berghof hält sich an ein Sicherheitsmotto: „Brenzligen Situationen sollte man immer aus dem Weg gehen. Das habe ich gelernt.“ Dabei kann schon eine Alltagssituation sehr schnell gefährlich werden: „Wenn man hier beispielsweise in einer Kneipe in der Nähe von Betrunkenen sitzt, dann sollte man aufpassen. Oft genügt schon ein Blick, dann gibt es einen Schlag ins Gesicht.“ Der Reiseveranstalter versucht zu erklären, warum sich die Gewalt manchmal gegen Besucher aus anderen Ländern richtet: „Ich bemerke, daß in diesem Land ein starker Nationalismus entsteht. Ausländer werden immer unbeliebter“, beobachtet Berghof. „Paradoxerweise imitieren die Menschen hier zugleich den westlichen Lebensstil.“ Kasachischer Nationalismus und der Drang in Richtung Westen, aus diesem Widerspruch entsteht für David Berghof „eine Spannung, die sich öfters in Gewalt entlädt. Die Menschen hier wissen nicht, was sie wollen.“ Hinzu kommt laut Berghof die Armut vieler Menschen in der kasachischen Metropole: „Almaty ist eine sehr teure Stadt. Viele Menschen können sich nicht den Lebensstil leisten, den sie sich wünschen. Daraus entstehen Frustration und Aggressivität.“

Daß sich Europäer in Almaty auch nach dem Mord an dem französischen Journalisten nicht fürchten müssen, findet der Deutsche Günther Reimers. Ein Jahr lebt der Hamburger bereits gemeinsam mit seiner Frau in der kasachischen Millionenmetropole, er fühlt sich bisher wohl und sicher: „Klar, wir treffen unsere Vorsichtsmaßnahmen. In dem Hinterhof, in dem wir wohnen, sprechen wir zum Beispiel nicht miteinander Deutsch, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Aber generell fühlen wir uns in Almaty sicherer als am Wochenende nachts auf der Hamburger Reeperbahn.“

Lesen Sie nächste Woche in der DAZ, wie sicher sich die Einheimischen in Kasachstan fühlen.

Von Christian Lindner

11/08/06

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