Das Auf und Ab der Weltwirtschaft und der Leitbörsen macht vor Kasachstans Banken nicht Halt. Sie haben international viel Schulden gemacht – nun droht der Geldhahn abgedreht zu werden. Der wichtigste Verbündete gegen diese Kreditklemme sitzt in Amerika und hat Abhilfe in Aussicht gestellt.

Gute und schlechte Nachrichten liegen derzeit an den turbulenten internationalen Finanzmärkten nah beisammen. Die schlechte für Kasachstan: Die Kreditklemme aus den USA schwappt bis nach Almaty und Astana. Die gute: Der derzeit engste Verbündete, der US-Notenbankgouverneur, scheint in der Not Hilfe zu leisten.

Seit dem letzten großen Schluckauf der globalen Finanzmärkte – dem Platzen der Dot.com-Blase – ging es fast nur bergauf. Europas Wirtschaft gewann an Fahrt, Unternehmen meldeten Rekordgewinne, und in Amerika wurden dank niedriger Zinsen Hypothekarkredite ohne Risikoabschätzung an jedermann ausgegeben. Diese so genannten hochriskanten Subprime-Kredite wurden in Anleihen gepackt und am internationalen Kapitalmarkt platziert. In Zeiten weltweit niedriger Zinsen legten sich viele Investoren – ja sogar konservative Zentralbanken – solche Papiere in ihre Portfolios.

Aber nicht nur mit „faulen“ US-Krediten unterlegte Anleihen fanden reißenden Absatz. Jede Anlage, die etwas mehr Rendite als die mäßigen Zinsen auf Staatspapiere in den USA oder in der Europäischen Union versprachen, wurde fast blind gekauft. Damit fiel die in der Verzinsung einkalkulierte Risikoprämie für riskante Anlagen wie Unternehmens- oder Staatsanleihen aus Entwicklungsländern in den Keller. Banken und Unternehmen aus aufstrebenden Volkswirtschaften – wie etwa Kasachstan – nutzen diese „Risikoparty“, um sich billig am internationalen Kapitalmarkt zu verschulden.

Hohe Verschuldung Dank „Risikoparty“

Lange unbeachtet, schleusten die Amerikanische und die Europäische Zentralbank, aus Sorge über eine konjunkturelle Überhitzung, ihre Leitzinsen seit zwei bis drei Jahren aufwärts – zumindest bis nun die Spekulationsblase platzte. Mit steigenden US-Zinsen wurden mehr und mehr Subprime-Kredite uneinbringbar, Banken auf beiden Seiten des Atlantiks mussten Milliardenverluste eingestehen. Der bisherige Risikoappetit war verflogen. Seitdem schlagen die Kurse an den internationalen Leitbörsen heftig aus, und die Risikoprämien für riskante Finanzierungen – auch für kasachische Banken und Firmen – steigen. So trägt die global vernetzte Finanzwirtschaft ihre Sorgen um restriktivere zukünftige

Finanzierungsbedingungen, eine so genannte Kreditklemme, bis nach Kasachstan. Denn während der „Risikoparty“ ist viel Kapital in der Suche nach Rendite in aufstrebende Länder wie Kasachstan geströmt. Kasachische Firmen und vor allem Kasachstans Banken haben in besonderem Ausmaß davon profitiert. Denn mit viel Risikoappetit gewährten internationale Investoren kasachischen Firmen fast problemlos Großkreditlinien oder kauften ihre international gehandelten Dollaranleihen.

75 Prozent Kreditwachstum im Jahr

Allein letztes Jahr haben kasachische Banken international Anleihen im Wert von 6,5 Milliarden US-Dollar platziert und sieben Milliarden an Krediten bei großen Auslandsbanken aufgenommen. Nur so konnten die Banken ihre rasch ansteigenden Kredite an Konsumenten refinanzieren und aggressive Wachstumsstrategien finanzieren. Im Schnitt haben Kasachstans Banken 2006 ihre Kreditvolumina um 75 Prozent gesteigert. Neben der hohen angehäuften Gesamtschuld kasachischer Banken ist zu beachten, dass all ihre Finanzierungen (noch) zu sehr günstigen Konditionen abgeschlossen wurden. Damit stehen Kasachstans Großbanken nun vor einer Dilemmasituation. Denn früher oder später müssen sie für die aufgenommenen Summen Anschlussfinanzierungen finden. Wegen der extremen Kursschwankungen an den Finanzmärkten ist den internationalen Anlegern aber nun der Risikoappetit vergangen, und sie leihen kasachischen Banken nur noch ungern – oder eben für sehr hohe Zinsen – Geld. Damit wären die kasachischen Banken und letztlich auch ihre Kunden voll in der Kreditklemme angekommen. Die Kreditzinsen für den kleinen Mann und Firmenkunden würden steigen, mit Zeitverzögerung dann die Ausfallsraten. Dadurch würde die Bonität der Bank selber fallen. Die Folgen wären noch höhere Refinanzierungskosten.

Bis jetzt Kreditklemme im Konjunktiv

Ob wirklich eine Negativspirale in Gang kommt, hängt von zwei Faktoren ab: Der zukünftigen Risikotoleranz in den internationalen Finanzzentren und dem Vertrauen in Kasachstans Bankensektor. Falls die großen Notenbanken der Welt es schaffen, die Investorenherde zu beruhigen, dann wird sich diese wieder mit mehr Risiko im Portfolio anfreunden. Gerade für Kasachstan besänftigen die Bonitätswächter der Ratingagenturen. Sie schätzen das Ausfallrisiko kasachischer Banken gering ein. Damit könnten sie sich irren, wie bei den Subprime-Anleihen, denen sie bis vor kurzem ebenfalls hervorragende Bonitätsnoten ausstellten.

Nur einen Unterschied gibt es: Wie bei so manchem in Kasachstan hängt alles maßgeblich vom Staat ab. Er hat bis dato klar signalisiert, heimischen Banken in Notzeiten genügend (Dollar-)  Liquidität zur Refinanzierung bereitzustellen.

Der Verbündete in New York

Einzelne Banken könnte Vater Staat retten, nur das ganze Bankensystem könnte selbst die Regierung in Astana nicht mehr freikaufen. Dank der globalen Finanzwelt wird dies wohl nicht nötig sein. Denn der derzeit wichtigste Verbündete der kasachischen Banken – Ben Bernanke, der US-Notenbankchef – hat angedeutet, zur Beruhigung der internationalen Finanzmärkte die Zinsen zu senken. Des Weiteren haben, global gesehen, zahlreiche Schuldner mit viel schlechterer Bonität als die kasachischen Banken die Risikoparty ebenso ausgereizt, so dass dort zuerst böses Erwachen droht. Außerdem sind die Geschäftsaussichten im kasachischen Bankensektor rosig – sollte der aktuelle Rohstoff-Superzyklus nicht unterwartet enden. Aber auch dem sollte Bernanke mit Zinssenkungen, die auch die Konjunktur Rohstoffnachfrageland USA ankurbeln, entgegenwirken.

Von Gunter Deuber

07/09/07

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