Im Zuge des Programms „Germanistsiche Institutspartnerschaft“ veranstaltete der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) vom 4. bis 8. Oktober 2016 einen Workshop und eine Tagung zum Thema „Deutsch als Fremdsprache in den Ländern Zentralasiens und des Kaukasus – Situation und Perspektiven“ an der Nationalen Kasachischen Pädagogischen Abai-Universität in Almaty.

Kooperation zwischen Deutschland und Zentralasien

Die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Pädagogische Hochschule Freiburg sind seit mehreren Jahren eine „Germanistsiche Institutspartnerschaft“ die mit den Deutschabteilungen der Nationalen Kasachischen Pädagogischen Abai-Universität in Almaty, der Staatlichen Pädagogischen Nizami-Universität in Taschkent, der Aserbaidschanischen Sprachenuniversität in Baku und der Staatlichen Tschetschenischen Pädagogischen Universität in Grosny eine intensive Verbindung pflegen. Teilnehmer aus all diesen Ländern waren in Almaty anwesend.
Als Aufgabe hat sich diese Tagung gesetzt, einen Beitrag zu leisten, die Situation von Deutsch als Fremdsprache (DaF) für die Regionen Zentralasien und Kaukasus besser zu verstehen. Außerdem wurden Schlussfolgerungen erarbeitet, die dazu beitragen sollen, DaF zukünftig in diesen Ländern stärker zu profilieren.

Sinkende Zahlen und fehlende Popularität

Seit einiger Zeit kann eine sinkende Nachfrage im Bereich der traditionellen Germanistik und dem Fach Deutsch an Schulen und Universitäten festgestellt werden. Die Zahl der LernerInnen der Fremdsprache Deutsch ist zwischen den Jahren 2000 und 2010 weltweit (also auch in den turksprachigen Ländern Zentralasiens und des Kaukasus) kontinuierlich von 20,1 auf 14,8 Millionen gesunken. Der negative Trend hat sich jedoch nicht gänzlich durchgesetzt, da seit 2015 die Zahl der Lernenden wieder leicht angestiegen ist. Dennoch kam während der Tagung eine Frage immer wieder auf, die sich wie ein roter Faden durch die Beiträge zog: Wo liegen bei allen Problemen, wie dem abnehmenden Interesse an Deutsch als Fremdsprache oder der sinkenden Zahl der Deutschlerner, die Chancen DaF wieder populärer zu machen und Impulse zum Deutschlernen zu geben?

Blick von innen und von außen

An den Workshops zu Beginn der Tagung nahmen über 50 Lehrkräfte teil. Darunter befanden sich Lehrer aus Deutschland und aus verschiedenen Teilen Kasachstans, sowie Dozenten und Professoren der hiesigen Hochschulen. Im Mittelpunkt stand ein Austausch über Erfahrungen aus der Praxis und über Erkenntnisse im Fremdsprachenerwerb.

Bei den folgenden Veranstaltungen setzten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter Anleitung von Professor Hans-Werner Huneke mit aktuellen fachlichen Entwicklungen in der Disziplin DaF auseinander. Gemeinsam wurde die Frage der Veränderungen der Rahmenbedingungen für das Lernen von Fremdsprachen in den Ländern der Regionen Zentralasiens und Kaukasus besprochen. Dies spiegelte sich auch in den vielseitigen Beiträgen der Tagung wider.

Dreisprachenpolitik als Herausforderung

So war der Beitrag von Prof. Dr. A.T. Kulsarijewa, Prorektorin für Lehre und Studium der Abai-Universität, der „Dreisprachigen Bildung als wirksames Mittel zur Gewährleistung von sozialer Inklusion“ gewidmet. Es herrscht im Bildungssystem in Kasachstan offiziell eine Dreisprachenpolitik, wobei Russisch und Kasachisch feste Bestandteile sind. Da somit nur eine weitere Sprache zur Wahl steht erfährt die englische Sprache gegenwärtig eine besondere Beachtung. Trotzdem ist die deutsche Sprache in Kasachstan aufgrund seiner geschichtlichen Entwicklung stärker präsent als in anderen Ländern Zentralasiens. Zu Sowjetzeiten wurde Deutsch als erste Fremdsprache gelehrt und bis Mitte der 90er Jahre besaß Deutschunterricht an kasachischen Schulen eine dominierende Stellung. Die Rednerin verwies besonders auf die Erkenntnis, dass Deutsch heutzutage weiterhin gelehrt und gepflegt werden solle, da Kasachstan für Deutschland und die EU mittlerweile den Status eines wirtschaftlich strategischen Partners hat. Um die Entwicklung dieser politischen Partnerschaft zu fördern, ist eine große Zahl von Personen mit guten Deutschkenntnissen notwendig.

Aufwind durch Umorientierung trotz bescheidener Aussichten

Auch die Teilnehmer anderer Länder berichteten über ihre jeweiligen Situationen. Wissenschaftler und Lehrende aus Aserbaidschan, aus Usbekistan und der Türkei berichteten von den Erfahrungen ihrer Arbeit. Aus diesen Beiträgen konnte man schließen, dass die Rahmenbedingungen für DaF in diesen Ländern sehr unterschiedlich sind. Aber auch von den Partnerhochschulen in Heidelberg und Freiburg und vom Goethe-Institut Almaty gab es Beiträge und Einschätzungen zum Thema. In den Vorträgen und Seminaren wurde unter aktiver Mitarbeit der Teilnehmer auch neue Ansätze diskutiert wie: „DaF trifft Naturwissenschaften – Neue Perspektive für den DaF-Unterricht“.

Insgesamt konnte die Tagung einen wichtigen Beitrag zur Debatte über die Chancen von Deutschangeboten in den Ländern Zentralasiens und des Kaukasus leisten. Durch den Austausch von verschiedenen Meinungen und fachlichen Inhalten wurde erkannt, dass es einerseits wenig Hoffnung darauf gibt, dass Deutsch von zunehmend mehr Studierenden als erste Fremdsprache gewählt wird. Andererseits wird nun angenommen, dass der Bedarf an Deutsch als Fachsprache für Studierende nicht philologischer Fächer bzw. in studienbegleitenden Angeboten aller Wahrscheinlichkeit nach wachsen wird. Das liegt vor allem daran, dass die deutsche Sprache dort interessant ist, wo akademische Verbindungen nach Deutschland vorhanden sind und Deutschland als Ort herausragender Bildungsangebote wahrgenommen wird. An diesen Orten kann Deutsch als Fremdsprache als wesentliche Zukunftsperspektive gelten. Durch die Tagung wurden also nicht nur mögliche Zukunftsperspektiven für DaF entdeckt, sondern genau diejenigen zwischenmenschlichen und akademischen Kontakte gestärkt, die benötigt werden, um die wissenschaftliche und wirtschaftliche Attraktivität Deutschlands in den jeweiligen Ländern zu übermitteln.

Nesvelde Nurtayeva

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