Wo finden wir die Antworten auf Fragen, auf die es keine Antworten gibt? Wir finden sie im Glauben, wir finden sie bei Gott. So sieht das Oma Rosa, die Krankenschwester des unheilbar an Krebs erkrankten Jungen Oskar und lehrt ihn so, das Leben und den Tod als das zu akzeptieren, was sie sind: Eine untrennbare Einheit. Das deutsche Theater Almaty zeigt „Oskar und die Dame in Rosa“ nach einer Erzählung des französischen Autors Éric-Emmanuel Schmitt aus dem Jahre 2002.

/Bild: Anja Greiner. ‚Oskar erlebt die Wirren der Pubertät und verliebt sich in eine andere Patientin.’/

„Oma Rosa, ich hab das Gefühl, dass niemand mir sagen will, dass ich sterben muss.” „Warum willst du, dass man es dir sagt, Oskar, wo du es doch weißt!” Der kleine Oskar ist zehn Jahre alt und seit seiner letzen Chemotherapie ist klar, dass er den Krebs nicht besiegen wird. Und Oma Rosa ist die einzige, die keine Angst hat, mit ihm darüber zu sprechen. Sie ist es auch, die ihm schließlich rät, Gott zu schreiben.

Als er mit dem Briefeschreiben beginnt, ist der 19. Dezember, und es bleiben noch zwölf Tage bis zum Jahresende. Diese zwölf Tage sind jedoch keine normalen Tage, es sind „Zaubertage“ erklärt ihm Oma Rosa: „Betrachte jeden Tag, als würde er zehn Jahre zählen“. Und so erlebt Oskar ein Leben mit allen Höhen und Tiefen wie jeder andere auch, nur eben schneller. Er durchlebt die Wirren der Pubertät, er kämpft sich durch die Midlife-Crisis, er spricht sich mit seinen Eltern aus, er ist glücklich, und er ist traurig. Und ganz nebenbei lernt er: „Es gibt keine Erklärung fürs Leben. Man muss einfach leben“.

Die Begegnung Gottes mit der Welt

Oskar, Rosa und Gott. Sie sind die Hauptfiguren in einer Erzählung, die die Antworten des Christentums auf die elementaren Fragen der Menschen über das Leben, den Tod und Gott gibt. Und so spiegelt sich in den zwölf „Zaubertagen“, die Oskar erlebt, letztlich die Begegnung Gottes mit der Welt wieder. Denn dafür steht die heilige Zahl zwölf im Christentum, die sich aus den Zahlen drei für Dreieinigkeit (Vater, Sohn und Heiliger Geist) und der Zahl vier ergibt, die symbolisch für die Welt (vier Himmelsrichtungen, vier Elemente) steht.

Wie sieht so eine Begegnung Gottes mit der Welt, verkörpert durch den kleinen Oskar, also aus? Überraschend und skurril, lautet die Antwort nach dem Theaterbesuch. Überraschend, weil der zehnjährige Oskar von einem 32-jährigen jungen Mann gespielt wird, der zwar mit seiner Darstellung des Jungen eine wirklich anspruchsvolle Rolle gut meistert, aber den Altersunterschied und den dadurch unweigerlich bedingten Verlust der Authentizität trotzdem nicht auszugleichen vermag. Skurril hingegen mutete die Inszenierung an manchen Stellen an, als plötzlich moderne Popsongs in voller Lautstärke ertönten oder ein Autorennspiel für den Computer auf die Leinwand projiziert wurde, um den rasanten Fahrstil Oma Rosas zu verdeutlichen.

Auch wenn das richtige Maß an ruhiger, ernsthafter und zugleich fröhlicher Umsetzung des Themas an einigen Stellen misslang, so gelang es doch, das Publikum mitzunehmen in die Welt von Oskar und Oma Rosa. So dass am Ende ein bedrückendes und zugleich erleichterndes Gefühl zurückbleibt, als Oskar schließlich am elften Tag stirbt und Oma Rosa seine letzten Worte vorliest, die er geschrieben hat: „Nur der liebe Gott darf mich wecken“.

Von Anja Greiner

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