Kasachstans Wirtschaft brummt vor allen Dingen aufgrund seiner Erdölexporte. Dabei vergessen die meisten, dass die weiten Flächen des Landes auch für die Agrarwirtschaft genutzt werden und noch besser genutzt werden können. Im Agrarpolitischen Dialog versucht Tanja Jaksch seit Oktober 2009, die Kooperationen im Agrarbereich zwischen Kasachstan und Deutschland zu organisieren und weiterzuentwickeln. Im DAZ-Interview sprach sie über die Modernisierung der kasachstanischen Landwirtschaft und über den Beitrag, den Deutschland dabei leistet.

/Bild: Agrarpolitischer Dialog. ‚Im Gespräch mit dem Vorsitzenden des kasachischen Bauernverbandes Ajeschan Aschgalijew.’/

Tanja Jaksch hat langjährige Erfahrungen in Osteuropa und im Agrarbereich.

Der Agrarpolitische Dialog beruht auf einer Kooperationsvereinbarung zwischen Deutschland und Kasachstan. Wann und zu welchem Zweck kam diese zwischenstaatliche Zusammenarbeit zustande?

Mit anderen GUS-Staaten gibt es bereits solche Dialoge: mit Russland seit fünfzehn, mit der Ukraine seit fünf Jahren. In Bezug auf Kasachstan begann alles auf der Grünen Woche 2009, der weltweit größten Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau, in Berlin. Dort gab es Gespräche zwischen dem deutschen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem kasachstanischen Landwirtschaftsministerium. Beide Seiten unterzeichneten das Abkommen über die Gründung des Agrarpolitischen Dialoges; im Oktober 2009 nahmen wir dann unsere Arbeit mit dem Ziel auf, die Zusammenarbeit zu intensivieren, deutsches Know-how in Kasachstan verstärkt bekannt zu machen, deutsche Firmen, die im Agrarsektor tätig sind, mit kasachischen Interessenten bekannt zu machen und die modernste Technologie in der Pflanzen- und Tierproduktion zu vermitteln.

Welche Arbeit leistet dabei Ihr Büro in Astana?

Ich bin Projektleiter in Astana mit einem Büro, das an das Zentrale Analysezentrum des Agrarindustriellen Komplexes (ACEPAS) angebunden ist. Wir unterstützen durch Experteneinsätze aus Deutschland die kasachische Seite bei der Erarbeitung von Masterplänen und Strategien für die verschiedenen Bereiche der Landwirtschaft (unter anderem Fleischproduktion, Milchproduktion, Geflügelwirtschaft). Das Bundeslandwirtschaftsministerium ist quasi gemeinsam mit dem Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) unser Geld- und Arbeitgeber, denn unsere Arbeit ist ja auch im weiteren Sinne entwicklungspolitisch ausgerichtet.

Könnten Sie Beispiele für Projekte nennen, die sich bereits in der Durchführung befinden?

Besuch eines Milchviehbetriebs bei Astana mit einem deutschen Spezialisten.

Wir haben bereits eine Vielzahl von Fachexkursionen für kasachische Spezialisten und Landwirte zu den größten Agrarfachmessen der Welt (Agritechnika und Eurotier in Hannover) organisiert und betreut. Vollfinanziert haben wir eine Reise des Kasachischen Bauernverbandes zu einem Seminar nach Baden-Württemberg, um sich dort mit dem System der Maschinenringe und dem Raiffeisensystem, bei dem es um Agrarfinanzierung und Erzeugergenossenschaften geht, bekannt zu machen. Dort haben sie Kontakt zu führenden deutschen Herstellern von Anlagen bekommen, mit denen unter anderem Getreide zu Milchsäure verarbeitet werden kann. Für Kasachstan ist das sehr interessant, da sich aus der Milchsäure abbaubares und somit naturverträgliches Plastik gewinnen lässt. Die deutsche Technologie ist führend auf diesem Gebiet, und die deutschen Firmen helfen bei der Einführung der Technik. Außerdem arbeiten wir an Projekten, die durch Veränderung der Anbaustruktur am Syr Darja zu einem sparsameren Wassereinsatz führt. Zu den jeweiligen Fachgebieten werden deutsche Experten auf Kosten der deutschen Seite nach Kasachstan eingeladen, die dann im Rahmen von Fachseminaren und Beratungsgesprächen die neuen Erkenntnisse vermitteln.

Wie kamen Sie zum Agrarpolitischen Dialog?

Ich habe zehn Jahre bei der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), also für das Marketing deutscher Agrarprodukte gearbeitet und kenne mich daher mit Landwirtschaft aus. Ich war damals in Warschau tätig. Da ich ja „Osterfahrung“ hatte und auch Russisch sprechen konnte, kam ich nach der Auflösung des Warschauer Büros nach Astana, um im Agrarpolitischen Dialog erst einmal für zwei Jahre zu arbeiten.

Könnten Sie einen Ausblick auf Ihre Arbeit im Jahr 2011 geben?

Wir wollen Kasachstan bei der Gründung von Tierzucht-Assoziationen unterstützen, damit man überhaupt einen Überblick über die Zahl und die Qualität der vorhandenen Tiere bekommt und die Leistungen der Tiere durch Züchtung systematisch verbessern kann. Zudem wird es weitere Beratung bei der Ausgestaltung und Orientierung Kasachstans an den Richtlinien im internationalen Saatgutrecht geben. Ein Großprojekt wird das Deutsche Ausbildungszentrum DAZ bei Kokschetau sein: Ab 2011 werden in einem Musterbetrieb mit Schulungszentrum und Internat Bauern aus Kasachstan an neuen Landmaschinen von deutschen Fachkräften geschult werden; außerdem gibt es Seminare und Lehrgänge zu modernen Anbauverfahren, Fruchtwechsel und richtiger Düngung und Pflanzenschutz. Denn bekanntermaßen ist der Fachkräftemangel in der kasachischen Landwirtschaft enorm, und nur wenige kennen sich mit der neuen Technik aus. Unserem Projekt wird sicherlich auch eine Rolle bei der Planung, Beratung und Ausstattung von Großfarmen und Verarbeitungsbetrieben zufallen, denn Kasachstan möchte nicht nur seine Milchproduktion, sondern auch die Fleischproduktion in den nächsten Jahren außerordentlich steigern.

Interview von Vinzenz Greiner

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