Anstatt sich dem Klischee entsprechend mit Palmen zu umgeben, hat sich der 37-jährige Deutschlehrer Falk Krentzlin für kasachische Schulbänke entschieden. Ein ungewöhnlicher Ausstieg aus der Enge seines Berufs in Deutschland hat ihn direkt in die Schule Nr. 18 in Almaty katapultiert. Zufrieden folgt er hier seiner Berufung und bringt jungen Kasachen und Kasachinnen die deutsche Sprache bei.

Der 37-jährige Deutschlehrer Falk Krentzlin, der an der Schule Nr.18 in Almaty unterrichtet, passt so gar nicht in das Bild eines braun gebrannten, im Abseits unter Palmen liegenden Gesellschaftsflüchtlings, das wir beim Benutzen des Wortes „Aussteiger“ vor unserem inneren Auge haben. Im weitesten Sinne ist er aber trotzdem einer. Eines seiner Motive, Deutschland zu verlassen, waren nämlich die Bedingungen, die einen Lehrer in seinem Heimatland erwarten, sobald er in den Schulalltag eintritt. „Die Vorstellung, mein Leben bis ans Ende überschauen zu können und im Voraus schon zu wissen, wie es mir in 40 Jahren ergehen wird, was ich dann verdienen werde, fand ich erschreckend“, so Krentzlin.

Dennoch ist er kein Aus-, sondern vielmehr ein Um- oder Einsteiger, der eine Gesellschaft verließ, um sich in einer anderen zu integrieren. In sich ruhend vermittelt er den Eindruck eines Mannes, der seine Bestimmung gefunden hat, ohne dabei selbstgefällig oder gar überheblich zu wirken. Er ist jemand, der weiß, was er vom Leben will und dies offenbar erreicht hat. Seine Berufung ist es, Lehrer zu sein. Das war ihm schon in jungen Jahren klar. Dass er als zweiten Berufswunsch zumeist auch Verkehrsplaner angegeben hat, „lag am System der Deutschen Demokratischen Republik, das den Schülern einen zweiten Berufswunsch abforderte“. Denn Krentzlin zog es niemals wirklich ernsthaft in Betracht, einen anderen Beruf als den des Lehrers zu ergreifen. Nach seinem Abitur begann der Dresdner deshalb ein Lehramtsstudium mit der Fächerkombination Englisch und Deutsch als Fremdsprache zu studieren. „Vielleicht wusste ich ja schon damals, dass meine Zukunft im Ausland liegen wird“, scherzt er lächelnd, um es sogleich als Scherz zu enttarnen: „Es waren vielmehr glückliche Zufälle und Fügungen, die meinen Weg bis hierher nach Almaty formten.“

Die positiven Erfahrungen, die er während zwei Auslandssemestern in England und einem einjährigen Unterrichtspraktikum in Kanada gesammelt hatte, hätten ihn zusätzlich bestärkt, diesen Weg einzuschlagen. „Außerdem hatte ich nach meinem zweijährigen Referendariat keine Lust, nahtlos in den deutschen Schuldienst einzutreten, weil mir dieser Berufsweg zu eng erschien. Deshalb habe ich mich bei der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) beworben und so meine erste Stelle als Deutschlehrer an einer Schule in Georgien erhalten“, erklärt der Lehrer. Anfänglich seien die Verhältnisse dort aufgrund der 1999 herrschenden Energiekrise sehr schwierig gewesen. Krentzlin beschreibt, dass der Strom rationiert war und wie er in einer ungeheizten Wohnung im Schein der Petroleumlampen Hefte korrigierte. Dennoch kann er seinem Georgienaufenthalt nur Gutes abgewinnen: „Die damaligen Unterrichtsbedingungen waren einwandfrei, die Organisation der Schule hervorragend und das Kollegium überaus freundlich und hilfsbereit. Wenn ich zurückblicke, bin ich froh, dass ich nach Tiflis gegangen bin. Ich bekam dort eine Menge positiver Eindrücke sowie Erfahrungen, die ich in der Bundesrepublik sicher nicht hätte sammeln können“, zieht er Bilanz. Somit ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich Krentzlin schon bald nach seiner Rückkehr nach Deutschland 2005 für eine neue Stelle beim ZfA be warb. „Meine Wahl fiel diesmal auf Kasachstan, weil das Programm des ZfA hier ebenfalls schon sehr lange existiert, weil ich bereits russisch sprach und mir darüber hinaus eine Freundin, die in Ust-Kamenogorsk unterrichtet hat, Positives über die Bedingungen vor Ort berichten konnte“, so Krentzlin.

Seit Oktober 2006 ist er nun in Almaty und sagt: „Im Großen und Ganzen sind die meisten meiner Erwartungen erfüllt worden. Trotzdem ist nicht alles so gut wie in Georgien.“ Vor allem zu bemängeln sei das unterschiedliche Niveau der Schüler, das von Klasse zu Klasse ohne ersichtliche Gründe stark differiere. Außerdem werde in Kasachstan zuviel Energie auf Formelles und Verwaltungsbelange verwendet. Als Beispiel kann er einen Zwischenfall nennen, als er seine Klassenbucheintragungen mit schwarzer Tinte machte: „Nicht, dass ich einen Blödsinn ins Klassenbuch geschrieben hätte. Aber Klassenbucheinträge müssen hier mit blauer und nur mit blauer Tinte gemacht werden. Nimmst du schwarze Tinte, reicht das für eine Abmahnung vom Direktor aus.“ Trotzdem glaubt er, dass seine Entscheidung die Richtige war und blickt mit Humor in eine positive Zukunft: „Die schwarzen Stifte habe ich alle weggeschmissen, ab sofort wird nur noch in Blau und Rot geschrieben.“

Von Christoph Salzl

09/02/07

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