Von Paris bis Peking führt die „E-Experience“, eine Rallye des deutschen Autoherstellers Daimler Chrysler. Journalisten und Fahrer aus der ganzen Welt machten vergangene Woche in Almaty Station. Die 33 Autos waren aus dem russischen Jekaterinburg gekommen und setzten ihre Fahrt am 8. November in Richtung China fort.

„Der Abschied ist immer das Schwerste! Nach drei oder vier Tagen sind die Fahrer meist so begeistert, dass sie ihren Autoschlüssel nicht wieder zurückgeben wollen“, so Andre Furtkamp, Mitglied des Organisationsteams der „E-Experience“, einer Langstreckenfahrt von Paris nach Peking.

Für die Fahrer der Etappe von Jekaterinburg nach Almaty, die sich am Abend des 7. November im Restaurant „Issyk“ einfanden, ging die Reise jedoch endgültig zu Ende. Im festlichen Rahmen übergaben Sie ihre Autoschlüssel an jene Männer und Frauen, die am darauffolgenden Morgen in der vierten und vorletzten Etappe in die chinesische Stadt Lanzhou starten sollten.

Knapp 9.000 Kilometer hatten die 33 Fahrzeuge bis nach Almaty zurückgelegt. Ihr Weg führte dabei von Paris über St. Petersburg und Jekaterinburg bis in die südkasachische Metropole.

Am 17. November wird nach 28 Tagen und 14.000 Kilometern in Peking das Ziel der Reise erreicht sein, die von Daimler Chrysler initiiert wurde, um seine Modelle der E-Klasse unter extremen Bedingungen zu testen Die Idee ist nicht neu. Bereits 1907 gab es eine erste Rallye zwischen Paris und Peking, allerdings in umgekehrter Richtung. Die damals von der französischen Tageszeitung „Le Matin“ ins Leben gerufene Langstreckenfahrt war auch Quelle der Inspiration für den Daimler-Chrysler-Konzern. Während jedoch die französischen Journalisten mit ihrer Fahrt die Überlegenheit des Automobils gegenüber dem Pferd unter Beweis stellen wollten, organisierte der Automobilkonzern seine Neuauflage des Rennens nicht ganz uneigennützig. „Natürlich dient die Veranstaltung auch Promotionzwecken“, gibt Berit Bremer, Projektmanagerin der Fahrt, zu. Gleichzeitig sei die Reise jedoch auch ein Langstreckentest für die Autos.

Doch auch in anderer Hinsicht unterscheidet sich die moderne Variante des Rennens von seinem Vorbild aus den Anfängen der Automobilgeschichte. Ging es damals noch darum, möglichst schnell ans Ziel zu kommen, so gilt es 2006 die Strecke mit möglichst geringem Treibstoffverbrauch zu bewältigen. Am Ende jeder Etappe wird eines der 33 Teams ausgzeichnet: das Fahrerduo, das während der Fahrt am meisten Sprit sparen konnte.
Dass die Fahrzeuge auf der Etappe von Jekaterinburg nach Almaty überhaupt den notwendigen Dieselkraftstoff erhielten, haben die Initiatoren dem kasachischen Ölkonzern „ARNA Petroleum“ zu verdanken. Ohne dessen Unterstützung wäre es bedeutend schwieriger geworden, die Fahrzeuge angesichts der kasachischen Importauflagen für Erdölprodukte mit Treibstoff zu versorgen, so Bremer.

„Alles prima gelöst!“

Ohnehin sei bei der Durchführung des Rennens bislang alles reibungslos verlaufen, in diesem Punkt sind sich Initiatoren wie Teilnehmer einig. Nennenswerte Probleme während der Fahrt hätte es nicht gegeben, meint der technische Betreuer Erik Haupenberger. Auch die Fahrer sind zufrieden mit der Organisation. „Es ist eine unglaublich schwere Aufgabe, so viele Menschen aus so vielen unterschiedlichen Nationen unter einen Hut zu bringen. Das wurde prima gelöst!“ meint Sergej Schpilewoi, Redakteur eines russischen Automagazins.

Nicht ganz so unproblematisch dürfte es hingegen für die Fahrer gewesen sein, überhaupt erst in den Kreis der Teilnehmer zu gelangen. Etwa 50.000 Bewerbungen für die 330 Teilnehmerplätze, von denen 200 Stück ausschließlich an Journalisten vergeben wurden, seien eingegangen, vermutet der Leiter der Messe Frankfurt, Michael von Zitzewitz. Er selbst konnte einen der restlichen 130 Plätze ergattern. Wie ihm das gelang, wollte er lieber für sich behalten.

Viele Teilnehmer hatten sich über ein Bewerbungsverfahren für die Rallye qualifiziert. Während der britische Elektroinstallationsunternehmer Martin Humphreys sich über das Internet beworben hatte, war Alexander Marschall von Bieberstein, ein Architekt aus Berlin, durch eine Annonce in einer deutschen Autozeitschrift dazugekommen.   Marschall von Bieberstein blieben auf seiner Postkarte, die er an den Mercedes-Konzern schickte, gerade mal zwei Sätze, um seine Motivation zu begründen.

Russischer Zoll macht Angst

Sein Großvater war schon 1927 und 1928 die Rallye Peking – Paris gefahren, Grund genug für die Veranstalter, den Berliner mitfahren zu lassen. Nach einem Fahrtest auf dem Werksgelände in Stuttgart war ihm dann sein Platz gewiss. Der Moskauer Dimitri Makarow, Betreiber eines Auto-Internetportals, hatte seinen Platz über Beziehungen erhalten. Auf die Frage, ob er sich ebenfalls mit einer Postkarte beworben hätte, sagte er: „Nein. Ich habe durch meine Arbeit guten Kontakt zu Mercedes. Zwei Tage vor dem Abflug habe ich erfahren, dass ich am Belastungstest teilnehmen kann.“

Der Brite Humphreys hatte sich vor allem aus Abenteuerlust beworben: „Teile der Welt zu besuchen, die ich noch nicht bereist habe, mit einem Auto, das ich täglich selber fahre, unbekanntes Terrain zu erschließen und Menschen aus fernen Ländern und verschiedenen Kulturen zu begegnen, ist eine große Chance.“

Die wenigsten sahen es wohl wie der österreichische Krone-Journalist Stefan Schätzle, der zugab: „Eigentlich hab ich mir davor gar nichts vorgestellt, sondern bin völlig offen in die Sache reingegangen und habe mir gedacht, es wird ein Abenteuer. Es ist erstaunlicherweise gar nicht so abenteuerlich geworden.“ Umso überraschender, dass Schätzle ebenso wie alle anderen in Almaty schon nach einer Etappe vom Rallye-Fieber gepackt schien. Bis zum Ende der Etappe Jekaterinburg – Almaty hatten sein Teampartner, der Countryfan Ed Tappy aus Minneapolis, und er es sogar geschafft, der Veranstaltung ihren persönlichen Stempel aufzudrücken. Mit dem Johnny-Cash-Song „Ring of Fire“ lieferten die beiden die Kennmelodie für den Abschlussabend in Almaty.

Mit dem Zoll in Russland hätte man jedoch zwiespältige Erfahrungen gemacht. „Vor den russischen Grenzbeamten hatten wir regelrecht Angst, während die kasachischen Behörden nicht nur freundlich waren, sondern ab und zu auch das eine oder andere Auge zudrückten“, erzählt Journalist Schätzle. „Als wir in der kasachischen Steppe mit 150 Kilometern pro Stunde unterwegs waren, ging das Fenster des vor uns fahrenden Polizeiwagens auf und wir wurden einfach vorbeigewunken“, freut sich der Österreicher.

Beeindruckt von Land und Leuten zeigte sich auch der Russe Makarow: „Ich war das letzte Mal als vierjähriges Kind in der Sowjetzeit hier, aber jetzt ist Kasachstan ein völlig anderes Land. Der Fortschritt hier ist unglaublich.“

„Mit offenen Armen in Kasachstan empfangen“

Auch dafür, dass die Teilnehmer Kasachstan nicht nur aus dem Autofenster kennen lernen konnten, war gesorgt. Während ihrer Übernachtung in Balchasch kamen die Fahrer in Gastfamilien unter. „Wir wurden mit offenen Armen empfangen“, so Stefan Schätzle von der „Kronenzeitung“ aus Wien. Auch der Brite Martin Humphreys zeigte sich begeistert von der kasachischen Gastfreundschaft: „Im Vergleich zu Russland waren die Kasachen einfach großartig.“

Bei soviel Begeisterung scheint es nicht weiter verwunderlich, dass so mancher Teilnehmer am Ende der dreitägigen Fahrt von Jekaterinburg nach Almaty nicht einsehen wollte, dass für ihn die Reise nun zu Ende geht. Während der Schlüsselübergabe im Restaurant „Issyk“ versuchte einer der Fahrer mit einer etwas eigenwilligen Methode seine Ablösung zu verhindern. „Die Autoschlüssel? Die habe ich verloren.“

Von Jan Peter und Christoph Salzl

10/11/06

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