Früher war alles einfacher: Wer einen Flug buchte, flog mit dem Flugzeug, wer eine Bahnfahrt buchte, fuhr mit dem Zug. Jetzt musste Kolumnistin Julia Siebert feststellen, dass die Deutsche Bahn bereits Flugreisen anbietet. Oder doch nicht?

In Zeiten der Globalisierung, da sich Firmen unentwegt gegenseitig schlucken, weiß man als Endverbraucher gar nicht mehr, von wem man bedient wird: Wer hat das Produkt tatsächlich hergestellt, wer ist der offizielle Hersteller, wer der Verkäufer und Vertragspartner, wer bürgt für die Qualität? An wen muss ich mich mit meinen Fragen oder Beschwerden wenden?

Ich wollte zuletzt eine Reise nach Wien buchen und habe mir das ganz einfach vorgestellt: Ich reise von A nach B bzw. von K nach W, entscheide mich erst für ein passendes Reisemittel, dann für einen vertrauenerweckenden Reiseanbieter, buche die Reise, fahre los und komme an. Ich habe mich für einen Flug bei der Lufthansa entschieden, und damit war für mich klar: Für alle weiteren Fragen ist die Lufthansa zuständig. Jetzt war es aber so, dass ich den Flug über den Internetanbieter cheaptickets.de gekauft habe, die Flüge wurden von Austrian Airlines und der Deutschen Bahn durchgeführt, und in einem Dokument tauchten aus unerfindlichen Gründen noch die Tyrolean Airways auf. Immerhin spreche ich den Austrian und Tyrolean Airlines ein gewisses Qualitätsbewusstsein zu, aber ganz und gar nicht gepasst hat mir, dass die Deutsche Bahn in dem Geschehen ein Wörtchen mitreden bzw. einen Teil der Strecke bestreiten darf.

Wenn sich die Bahn schon kaum auf den eigenen Schienen halten kann, was will sie dann in der Luft?? Ganz sicher besteige ich kein Flugzeug, bei dem die Deutsche Bahn ihre Finger bzw. Aktien im Spiel hat! Ich schaue noch mal nach: „Abflug dann und dann – durchgeführt von der Deutschen Bahn.“ Wenn ich bei Lufthansa buche, will ich auch, dass die Lufthansa die Dienstleistung übernimmt und will nicht, dass Tick, Trick und Track mit ihrer Micky Maus-Sicherheit durch die Hintertür eingeschleust werden und mitwurschteln dürfen. Aber ich wollte unbedingt nach Wien, so nahm ich’s hin. Blieb die Frage: An welchem Schalter der vier genannten Gesellschaften erfolgt der Check-in? Bevor ich frühmorgens am Flughafen umherirre, irre ich lieber spätnachts im Internet herum und nehme den Web Check-In vor. Klappt auf Anhieb, Bingo!

Auf meiner Bordkarte sehe ich, dass die Bahn eine pfeilschnelle Abfertigung vornimmt: „7.54 Uhr Boarding“, „7.55 Uhr Abflug“. Na, großartig, da sieht man doch, dass die keine Ahnung haben, wie man fliegt. Die stellen sich das wie auf der Schiene vor: Gehste zum Bahnsteig, steigste in den Zug ein und fährste los. Das kann ja nicht gut ge…, und da plötzlich fiel der Groschen: Ich würde mit der Bahn machen, was man normalerweise mit der Bahn macht: Bahnfahren! Um erst in Frankfurt in irgendein Flugzeug zu steigen. Puh, gerade noch rechtzeitig gecheckt. Irritierend war, dass die Bahn vor lauter Höhenflug, sich zwischen die Flugzeuge schummeln zu dürfen, ihre Abfahrt „Abflug“ genannt hat. Andererseits, muss ich gestehen, ist es nicht das erste Mal, dass ich mein Ticket falsch verstanden habe. Der Klassiker in Russland: Es stehen stets die Moskauer Zeiten auf dem Ticket, und ich stehe wiederholt irritiert am leeren Bahnsteig sonst wo in Russland, weil ich die Zeitverschiebung entweder gar nicht oder in die falsche Richtung eingerechnet habe. Auch habe ich nicht nur einmal das Datum mit der Uhrzeit verwechselt, und ein andermal habe ich die Abfahrtszeit um 2.00 Uhr früh dem falschen Tag zugeordnet, weil für mich ein Tag nicht um Mitternacht endet, sondern dann, wenn ich schlafen gehe. Ach, gäbe es doch noch die Postkutschen!

Julia Siebert 

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