An kasachstanischen Universitäten können die Studierenden viel erreichen – mit Geld

In Kasachstan ist die universitäre Fremdsprachenausbildung längst nicht da, wo sie sein möchte und auch sein könnte. Internationales Niveau, einst vorhanden, wird zwar erneut angestrebt, „Bolognaprozess“ und „Kreditsystem“ fallen immer wieder als Stichworte, Konferenzen zum Thema werden durchgeführt. Doch die Lehrer sind skeptisch, was daraus wird. Die Gründe für die Skepsis sind ebenso zahlreich wie bekannt: die Besoldung der Dozenten, die Ausstattung der Lehrstühle, die Gebühren für das Studium. Hinzu kommen eine unklare Organisation von Lehrplänen und Lerninhalten und oft genug fehlende Motivation, auch wenn viele Studenten meinen, dass gerade Gebühren die Motivation heben. Nicht zu vergessen, dass man sich mit Geld allerhand erkaufen kann. Und die Universitäten haben wenig Interesse, schlechte Studenten ernsthaft durchfallen zu lassen, da bessere Abschlüsse stärkere staatliche finanzielle Zuwendung bedeuten.

Es ist Semesterende und die Studenten brauchen das Wörtchen çà÷¸ò (Zwischenprüfung) in den Studienbüchern, einige sind noch nie im Seminar erschienen, obwohl sie anwesend sein sollten. Ein Test über die Kenntnisse bringt Erschreckendes zutage: Studentinnen des 4. Studienjahres können kein Verb einer Sprache konjugieren, die sie studieren. Und trotzdem werden sie das Studium mit guten Noten abschließen, das wird schon nicht so teuer sein. Realität an kasachischen Universitäten.

Dass das Niveau der Universitäten unterschiedlich ist, zugegeben, das ist auch beileibe keine kasachische Spezialität – aber trotzdem in dieser Spanne erstaunlich: Während man mit den Besten der einen Universität Romane von Böll oder Kleist-Erzählungen besprechen kann, haben die Besten der anderen mit Lessing-Fabel und Wörterbuch Schwierigkeiten. Von der enormen Fehlermenge bei Diktaten einmal abgesehen. Nur werden die Besten, egal welcher Universität, nicht an der Universität bleiben, sondern etwas anderes suchen und finden.

Da ist es schon eine eher unbedeutende Erscheinung, dass im gesamten Semesterbetrieb zu keiner Zeit wirklich klar ist, in welchem Raum unterrichtet werden kann. Entweder sind die Räume unwiderruflich abgeschlossen, besetzt oder ein anderer Kurs beansprucht vehement Sitzungsrecht. Ein Zustand, der sich nicht gerade förderlich für den Unterricht erweist. Im übrigen auch nicht für die Studenten, die dementsprechend immer wieder die Türen aufreißen und nachschauen, ob gerade ihr Kurs hier stattfindet und dadurch gern mal Seminare versäumen. Eine Lappalie, sicherlich.

Trotzdem ist man zuversichtlich, diese und andere Dinge in den nächsten Jahren in den Griff zu bekommen. Und die Lehrer und Lehrerinnen haben allen Grund, sich zu ermuntern, da sie letztlich das System tragen müssen, ohne es jedoch nachhaltig beeinflussen zu können.

Der Autor ist für ein Jahr DAAD-Assistent in Almaty 

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