Die amerikanische Öl-Dynastie reagiert auf die Diskussionen zur Klimakonferenz und will nicht mehr in fossile Energieträger investieren. Ist dieser radikale Sinneswandel nur eine Reaktion auf den heutzutage immer kritischer werdenden Verbraucher oder steckt mehr dahinter? Prof. Dr. Bodo Lochmann erklärt die Hintergründe zum neuen Trend Divestment.

Kein Name der Welt ist so eng mit dem Öl verknüpft wie der des Rockefeller. Der Urahn der Dynastie – John Davison Rockefeller – schuf im 19. Jahrhundert eine völlig neue Industrie und wurde dabei in sehr kurzer Zeit sagenhaft reich. Nicht weniger als ein Vierundzwanzigstel der Gesamtproduktion der USA war Anfang des 20. Jahrhundert Eigentum der Rockefellers, die sich schon zu dieser Zeit auch weit in Nichtölbereiche hineingearbeitet hatten. Das Öl und darum entstandene Konzerne haben die USA zur Weltmacht gemacht.

Jetzt, 144 Jahre nach Gründung von Standard Oil, macht der Rockefeller-Clan Schluss mit den Geschäften. Kein anderer hat so viel profitiert, wie die Rockefellers von ihrem ersten Ölkonzern, der sie reich gemacht hat.

Die Rockefeller-Stiftung, die über ein Stiftungskapital von nicht weniger als 860 Millionen Dollar verfügt, hat angekündigt, keine Investitionen mehr in fossile Energieträger, also auch in Öl, zu tätigen. Dieser radikale Sinneswandel soll sich seit längerer Zeit unter den heutigen Rockefellers entwickelt haben. Entgültig Bahn gebrochen hat er sich angesichts einer Demonstration von 400.000 Leuten in New York für einen aktiveren Umweltschutz.

Damit schließt sich diese mehr als bekannte Familie durchaus werbeträchtig einer Bewegung an, die Divestment genannt wird und offiziell erst seit drei Jahren aktiv ist.

Die Organisationen und Unternehmen, die sich dieser Bewegung angeschlossen haben, stellen ihr Geld nicht mehr für schmutzige Energiequellen zur Verfügung und wollen dadurch einen Beitrag zum Aufhalten des Klimawandels leisten. Bereits knapp 1.000 Privatinvestoren und solche Institutionen, wie Kirchen, Stiftungen, Regionalregierungen oder Pensionsfonds haben mittlerweile mehr als 50 Milliarden Dollar aus dem Bereich der klassischen Energieträger abgezogen. Das ist zwar im Weltmaßstab noch nicht allzu viel, aber immerhin etwa das Dreifache an Auslandsinvestitionen, die jährlich nach Kasachstan fließen.

Doch das Tempo der Verweigerer von Investitionen in schmutzige Energietechnologien wächst rasant. Allein seit Beginn dieses Jahres hat sich ihre Zahl verdoppelt. Den Teilnehmern geht es dabei vor allem darum, ein Zeichen zu setzen und ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren. Langfristig bekommen Unternehmen, die ihr Geld mit schmutzigen Technologien verdienen, immer mehr Probleme, da die Verbraucher zunehmend kritischer werden und das Geschäftsmodell von Unternehmen auch aus Sicht des Umweltverhaltens hinterfragen. Organisationen mit einer vorwiegend gesellschaftlich-moralischen Ausrichtung wie Kirchen und Stiftungen stoßen zunehmend auf einen Konflikt mit ihrem öffentlichen Ruf und ihren Finanzgeschäften. Denn diese widersprechen oftmals den propagierten „guten“ Ansprüchen.
Die Divestment-Bewegung hat ihren Ursprung übrigens an amerikanischen Universitäten. Diese verfügen ja meist über große Finanzsummen, die entsprechend investiert werden müssen, um daraus die Tätigkeit der Unis zu finanzieren. Kritische Studenten machen sich stark dafür, dass die Fondsgelder nachhaltig, also nicht mehr in schmutzigen Unternehmen angelegt werden. An Universitäten, die sich weigern, das zu tun, hat es schon Protestaktionen der Studenten gegeben, die die Sorge der jungen Leute um ihre Zukunft ausdrücken, welche sie durch die Sucht nach fossilen Brennstoffen bedroht sehen. Der Anschluss der Rockefeller-Dynastie an die Divestment-Bewegung ist ein großer und öffentlichkeitswirksamer Schritt, welcher der Bewegung mit Sicherheit weiteres Tempo verleihen wird. Natürlich wird dabei auch an Geldverdienen in der Zukunft gedacht. Das soll aber in zukunftsorientierten, also sauberen und regenerierbaren Energiequellen liegen.

Bodo Lochmann

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