In Bischkek gibt es ein Zentrum für deutsche Sprache und Kultur. Die Leiterin Soja Kaib organisiert allerlei Spannendes für Deutschstämmige und andere Bischkeker. Als Tochter eines Deutschen kennt sie die Probleme von Deutschlernern und der deutschen Minderheit.

Auf dem Sims an der Wand stehen aus Zweigen und Laub gebastelte Tiere, eine Deutschlandkarte hängt daneben. In den Regalen findet sich deutsche Belletristik von Goethe bis Konsalik. Ein bisschen erinnert der Raum des Zentrums der deutschen Kultur (ZDDK) in Bischkek an ein Klassenzimmer, doch die Computer an der Wand sprechen eine andere Sprache. „Wir müssen unser Geld selbst verdienen, das ist sehr schwierig“, sagt Soja Kaib, die Leiterin des Zentrums. Seit kurzem hat das Kulturzentrum eine Lizenz und kann nun selbst offiziell Kurse anbieten. Einer davon ist ein Computerkurs. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GtZ) hat dafür Computer gespendet.

Seit Januar 2005 ist die Organisation im Haus der Freundschaft in der Puschkin-Straße im Zentrum von Bischkek, untergebracht. Gleich nebenan befinden sich die Büros anderer Minderheiten in Kirgisien.

„Unser Ziel ist es, die Sprache nicht nur durch Kurse verbessern zu helfen, sondern mit unterschiedlichen deutschen Angeboten Abwechslungsreiches zu bieten“, erklärt Leiterin Soja Kaib. So stehen auf dem Programm des Kulturzentrums unter anderem ein Debattenclub, Videofilmabende, ein Literaturkurs und Kindernachmittage. Deutsche Feiertage werden festlich begangen, dazu gehören Weihnachten, Ostern und das Erntedankfest. Der nächste Höhepunkt des Zentrums ist das geplante Osterfest am 16. April.

Soja Kaib arbeitet seit 2005 für das deutsche Kulturzentrum. Als ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Rates der Deutschen in Bischkek kennt sie die Probleme der Russlanddeutschen vor Ort. „Ich weiß nicht, warum niemand aus dem Deutschen Haus in Bischkek zu uns kommt“, wundert sie sich. Vor ihrer Arbeit im Deutschen Haus war die studierte Bauingenieurin in der Bauverwaltung des kirgisischen Verteidigungsministeriums beschäftigt. „Mein Vater ist Deutscher, meine Mutter halb Kirgisin, halb Russin“, beschreibt sie ihre Wurzeln. „Ich habe eine deutsche Erziehung bekommen“, berichtet sie. Damals hätte sie viel Deutsch gehört, die Sitten und Bräuche, die sie heute im Kulturzentrum pflegt, kennt sie noch aus Kindertagen. „Mein Vater war sehr pünktlich und sauber, wir Kinder haben viel zu Hause arbeiten müssen und aber gleichzeitig sehr viel Liebe von unseren Eltern bekommen.“ Ihr Vater stammte aus dem Wolgagebiet, war durch die Trudarmee nach Kasachstan gekommen. „Er war stolz, dass wir Kinder studieren, dass war lange Zeit nicht üblich. Meine Mutter hatte den Namen des Vaters angenommen, obwohl das Schwierigkeiten bedeutete.“, so die Deutschstämmige weiter.

Das Deutschsein pflegen

Wie viele Deutsche in Kirgisien hat Soja Kaib einen Antrag auf Ausreise nach Deutschland gestellt. Doch er wurde abgelehnt. „Meine Mutter hatte zwar den Namen ihres deutschen Mannes angenommen, doch in ihrem Pass war sie als Russin gekennzeichnet.“

Die Arbeit im Zentrum der deutschen Kultur bedeutet für Soja Kaib auch, ihre Herkunft zu pflegen. „Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit habe, in deutschen Strukturen zu arbeiten. Obwohl ich nicht nach Deutschland kann, habe ich hier die Möglichkeit, mich als Deutsche zu fühlen und Deutsche zu bleiben.“ Soja Kaib genießt das Sprechen in der Sprache ihres Vaters. Ihre 25-jährige Tochter Natalja war als DAAD-Stipendiatin in Deutschland, nimmt heute auch an den von ihrer Mutter organisierten Veranstaltungen im deutschen Kulturzentrum teil. Dazu gehören auch die Kurse von Dr. Gisela Zimmermann: Einmal pro Woche bietet die Leiterin des DAAD-Informationszentrums, das in der benachbarten Amerikanischen Universität Zentralasien untergebracht ist, einen Literaturkurs an, bei dem die Teilnehmer anhand vorbereiteter Texte mehr über deutsche Literatur erfahren. Der Debattierklub wird von Viktor Zoi organisiert. Der Mitarbeiter des Bischkeker DAAD-Büros lädt dazu deutsche Muttersprachler ein und lässt sie zu unterschiedlichen Themen sprechen und diskutieren.

Basteln auf Deutsch in der Kindergruppe

Drei verschiedene Kindergruppen treffen sich regelmäßig einmal pro Woche im deutschen Kulturzentrum. „Wir wollen die Kinder spielend Deutsch lernen lassen“, sagt Soja Kaib. Zum Programm gehören Singen, Tanzen, Schreiben auf Deutsch und Basteln. 50 Prozent Deutschstämmige sind in den Kindergruppen. „Wir haben eine große Nachfrage nach diesen Kursen, können gar nicht alle Kinder aufnehmen“, erzählt Soja Kaib. Viele der Kinder seien an einer Ausbildung in Deutschland interessiert und wollten deshalb so früh wie möglich Deutsch lernen. Auch die Schüler der Bischkeker Schule Nummer 23, einer Schule mit erweitertem Deutschunterricht, kommen oft in ihrer Freizeit noch in die Kinder-Kreativzirkel des deutschen Kulturzentrums. Die Lehrerin der Kindergruppe wird vom Goethe-Institut in Almaty bezahlt.
„Unser großes Plus ist, dass bei uns alles auf Deutsch stattfindet“, so die Leiterin. Doch die wenigsten der Besucher des Kulturzentrums sind Deutschstämmige. Soja Kaib: „Viele von ihnen müssen ihre karge Rente aufbessern oder passen auf die Enkel auf, deshalb haben sie keine Zeit, ihre Herkunft zu pflegen“, so Kaib.

Von Cornelia Riedel

31/03/06

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