Gewöhnlich beschäftigen sich Volkswirte mit den ganz großen Fragen, zum Beispiel, was Nationen reich macht und was nicht, oder was die Folgen der makroökonomischen Ungleichgewichte der Weltwirtschaft sind. Die vielen kleinen Lebensfragen werden meist als wenig interessante Randthemen abgetan. Dabei bestimmen gerade die kleineren Dinge unser tägliches Leben.

Zu den wenig erforschten, unser Verhalten aber direkt beeinflussenden Vorgängen gehört zum Beispiel das Parken der Autos. Das betrifft natürlich direkt zuerst einmal die Autobesitzer, aber auch die Fußgänger und alle anderen – vielleicht auch nur zeitweiligen – Nichtautonutzer. Für jeden auffällig ist dabei das Parkplatzproblem in eigentlich allen Großstädten, auch wenn es woanders nicht immer solche dramatischen Züge annimmt wie in Almaty. Das noch vor etwa zehn Jahren freie Gut Stellfläche ist hier mittlerweile zu einer Ware geworden, die man immer weniger einfach so kaufen kann.

Benutzt wird mittlerweile alles – egal ob legal oder illegal – was als Stellfläche nutzbar scheint. Ob da ein Schild mit Einfahrtsverbot oder Parkverbot steht, ist unwichtig, meist auch für die Polizei. Nun kann man den Autosegen von sehr verschiedenen Seiten und nach sehr unterschiedlichen Kriterien sehen und beurteilen. Man kann ihn beschimpfen oder sich daran erfreuen. Doch er betrifft jeden, auch Nichtautobesitzer. Schließlich ist wieder einmal der Fußweg zugeparkt, ganz zu schweigen vom Fußgängerübergang. Dies kann man verbieten, was aber nicht viel nützen wird, denn die Anziehungskraft des eigenen Autos ist in Kasachstan noch sehr hoch, und wann sich das denn ändern wird, steht in den Sternen. Egal ob man wirklich ein Auto braucht (das ist meist nicht wirklich der Fall) oder nicht, Haben ist angesehener als Nichthaben. Auf jeden Fall gibt es eine Konkurrenz zwischen Besitzern und Nichtbesitzern von Autos um freie Flächen, die manchmal durchaus in handfeste Konflikte übergeht.

So gibt es denn wohl nur einen zentralen Ausweg aus dem Dilemma – es muss eine Ökonomie der Parkplätze her. Geld regiert die Welt, warum nicht auch das Autosyndrom. Parken ist meist ganz einfach zu billig, und das Tarifsystem zu unflexibel. Überall bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis und damit das Verhalten der Verbraucher, bei den Parkplätzen jedoch nicht. Das Prinzip muss also lauten „hohe Nachfrage = hohe Preise, niedrige Nachfrage = niedrige Preise“. Anderswo gibt es schon entsprechende Studien, die zum Beispiel besagen, dass kostenlose Parkplätze mehr und unrationeller (nur eine Person im Auto) genutzt werden, als Bezahlparkplätze. Dort wurden fast drei Personen pro Auto
gezählt.

Auch auf die Umwelt wirkt sich das Parkverhalten negativ aus. In den meisten Großstädten, die das Parken nicht nach Angebot und Nachfrage regulieren, sucht jeder dritte Autofahrer bis zu 15 Minuten, ehe er einen Parkplatz gefunden hat. Die Atemluft wird dadurch wohl kaum besser. Zu Stoßzeiten sollten Parkplätze also erheblich mehr kosten als in Normalzeiten. Das würde dann doch manchen Autofahrer abhalten, unbedingt zu dieser Zeit dort und dorthin zu fahren und nicht vielleicht den Bus zu nutzen oder auf die Fahrt ganz zu verzichten.
Auch die Subventionierung von Stellflächen über die Finanzierung derselben durch die Kommune ist ökonomisch nicht sinnvoll. Warum soll schließlich die Gemeinschaft durch Investitionen in Parkplätze das Entstehen eines Problems mitfinanzieren, das dann alle Bewohner negativ berührt? Wer unbedingt in einer Stadt mit normaler öffentlicher Verkehrsinfrastruktur sein Auto zu brauchen meint, der soll auch die Kosten dafür tragen.

Bodo Lochmann

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