Amerika ächzt unter einer enormen Schuldenlast. Ein Haushaltsdefizit von etwa 1,6 Billionen Dollar wird für 2010 erwartet. Das sind über 11 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung und liegt um 1,5 Prozent höher als das Rekorddefizit des Vorjahres. Einige Bundesstaaten, die in den USA finanziell selbständig arbeiten, stehen vor der Zahlungsunfähigkeit und können nur durch Sonderaktionen der Bundesregierung gerettet werden.

Die Kapitalmärkte, auf denen sich der Staat normalerweise Kredite zum Stopfen der Haushaltslöcher beschafft, sind alarmiert und fürchten eine Herabstufung der Bonität der Schuldner, also der Bundesregierung und der Bundesstaaten. Die Regierung Obama ist nicht zu beneiden, denn sie steht vor einem Dilemma: Es müsste mit großer Konsequenz gespart werden. Wird dies jedoch getan, wird die noch sehr schwache Erholung der Wirtschaft gleich wieder abgewürgt, die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen, das politische System kann instabil werden. Spart die Regierung zu wenig, schürt sie die Angst auf den Kapitalmärkten, was wiederum die Zinsen in die Höhe treibt und das Bedienen der Schuldenlast noch teurer macht.
Schadenfreude ist nicht angebracht, denn in vielen Industrieländern ist die Situation nicht besser. Vor allem aber sollte man nicht vergessen, dass die USA nach wie vor der größte in sich geschlossene Binnenmarkt der Welt mit einer hohen Kaufkraft sind. Auch wenn China langsam aufholt, wird diese Tatsache noch für einige Jahrzehnte bestehen bleiben. Das Land hängt im Moment in besonderem Maße vom Wohlergehen der USA ab. Seit vielen Jahren werden wesentlich mehr chinesische Waren in die USA verkauft als umgekehrt. Fallen die Amerikaner auch nur teilweise aus, kann es schnell mit dem chinesischen Wirtschaftswunder zu Ende gehen.

Mit der Obama-Regierung sollte man in der Frage der Staatsverschuldung sowieso nicht allzu hart ins Gericht gehen. Schließlich hat diese den gewaltigen Schuldenberg von den Vorgängerregierungen geerbt. Es gehört zu den Verdiensten Obamas, dass er durch ein beherztes Handeln eine weltweite Wirtschaftskatastrophe verhindert hat. Die finanzielle Lage bleibt auf absehbare Zeit trotz dieser Verdienste um die Weltwirtschaft in den USA prekär. Weltwirtschaftlich könnte sie noch schlimmer werden, wenn jetzt auch andere Staaten, vor allem die europäischen, zu stark auf die Sparbremse treten.

Die staatlichen Ausgaben tragen zwar nur mit etwa 20 Prozent zur gesamtwirtschaftlichen Nachfrage bei, wichtig ist jedoch die Signalwirkung, die sich auf die anderen Nachfrager auswirkt. Bei zu starkem Sparen ist der globale Konjunkturmotor schnell abgewürgt. Trotz aller wirtschaftlichen Dynamik kann China weder allein noch im Verbund mit anderen starken Schwellenländern den dringend benötigten Aufschwung nicht sicherstellen. Dafür kaufen die Chinesen ganz einfach viel zu wenig und legen ihrem eigenen Warenexport zu viel Gewicht bei.

Eine Voraussetzung zur Gesundung der amerikanischen Staatsfinanzen ist somit auch das Beseitigen des seit langem bestehenden globalen Ungleichgewichtes, das sich in der stark negativen Handelsbilanz der USA auf der einen und der stark positiven Handelsbilanz Chinas auf der anderen Seite manifestiert.

Bodo Lochmann

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