Nur wenig löst bei Ökonomen so viel Begeisterung aus wie „Wettbewerb”. Sie verstehen den Kampf der Unternehmen um Kunden als Motor des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts: Je härter die Firmen um Kunden kämpfen müssen, desto besser wird die Produktqualität, desto besser der Service, umso niedriger die Preise und desto gewichtiger die Innovationen.

Ohne Wettbewerb ist Wohlstand nach heutigem Verständnis nur schwer vorstellbar. Wenn es um politischen Wettbewerb geht, dann waren die Ökonomen bisher eher pessimistisch eingestellt. Hier herrschte die Meinung vor, dass Politiker machtbesessen seien und sich nur schwer von ihren Sesseln und Privilegien lösen können. Politiker verteilen gern Wahlgeschenke an ihre Klientel und gehen nicht wirklich effizient mit öffentlichen Mitteln um.
Untersuchungen zum Zusammenhang von Wettbewerb und Effizienz politischer Prozesse galten lange Zeit als wenig attraktiv, da nichts wirklich Neues zu erwarten war. In letzter Zeit jedoch hat sich eine neue Generation von Wirtschaftswissenschaftlern diesem Thema zugewendet und höchst interessante Zusammenhänge festgestellt. Am Beispiel mehrerer Länder wurde festgestellt, dass eine große Anzahl von Wechselwählern und knappen parlamentarischen Mehrheiten die Volksvertreter zu besserer Politik anspornen. Unter letzterer wird dabei der wirtschaftliche Erfolg verstanden, gemessen in Wachstumsraten, Beschäftigung, Investitionen und ausgeglichenem Staatshaushalt.

Die mehr als 100 Jahre umfassenden Analysen in den USA zeigen: Je härter der Kampf um Abgeordneten- oder Gouverneurssitze war, um so größer war das Volumen staatlicher Investitionen in die allen zugängliche Infrastruktur, um so weniger wurde Politik nur für die eigene Klientel gemacht. Nicht nur die Investitionsfreudigkeit der Regierenden stieg durch den politischen Wettbewerb, auch das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung wuchs in den umkämpften Staaten deutlich schneller als in denen mit komfortablen Mehrheiten.
Fehlende Konkurrenz, so die Studie, bringt Regierungen eher dazu, Einzelinteressen zu bedienen, statt sich um das Wohl des gesamten Volkes zu kümmern. Auch Forschungen in Kanada bestätigen diese Grundaussagen. Dort sind in den vergangenen 100 Jahren die Staatsausgaben dann besonders schnell gewachsen, wenn eine der beiden großen Parteien mit großen Mehrheiten regieren konnte. Dabei war es egal, ob diese Parteien mehr linksorientiert (stärkere soziale Orientierung) oder eher rechtsorientiert (stärkere Wirtschaftsorientierung) waren. Entscheidend in ihrem Verhalten war nur, wie knapp die Mehrheit im Parlament war.

Folglich zwingt harter Wettbewerb um Wähler die Regierungen, ihre Politik an die Wünsche der Bevölkerung anzupassen. Den Einwand, dass der Bevölkerung eher an Wahlgeschenken gelegen ist (die die Verschuldung des Staates fördern) als zum Beispiel an Sparmaßnahmen wird auch durch aktuelle Untersuchungen entkräftet, nach denen die Mehrheit der deutschen Wähler Steuerentlastungen so lange ablehnt, wie der Staatshaushalt nicht saniert ist. Die Mehrheit des Volkes denkt, langfristig gesehen, also durchaus rational und im Interesse höherer Ziele.

Ein weiterer Blick in den Zusammenhang von politischen Strukturen und Effizienz staatlicher Leitung zeigt am Beispiel von Untersuchungen in Italien, dass nicht nur knappe Wahlergebnisse, sondern auch regelmäßiger Machtwechsel die Effizienz staatlichen Managements erhöhen kann. Danach erschweren kürzere Amtszeiten das Entstehen von allzu freundschaftlichen Verbindungen zwischen Amtsträgern und Unternehmen, was zu einem nachlässigen Umgang mit staatlichen Mitteln bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen führen kann. Diese Zusammenhänge sind allerdings nur in westlichen Demokratien nachgewiesen, in Kasachstan kann das alles ganz anders sein.

Bodo Lochmann

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia