Claus Dieter Storm ist im Rahmen des kasachstanisch-deutschen Lehrerentsendeabkommens als Fachberater für Deutsch in Kasachstan. Er betreut ausgewählte Schulen mit vertieftem Deutschunterricht und ist Prüfungsvorsitzender für das Deutsche Sprachdiplom.

Vielleicht ist es ja nur ein Mißverständnis. Oder bei dem Autor dieser Zeilen besteht eine andere Auffassung davon, wie in Bildungsolympiaden die wirklich wichtigen Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler ermittelt werden sollten.

Alle kennen die jährlichen Wettbewerbe: Erst in den Schulen, dann auf der Ebene der Rayons, der Städte und der Bezirke und schließlich als Endausscheidung für die gesamte Republik Kasachstan werden in den wichtigen Schulfächern die Besten ermittelt. Aber schon hier stockt die Hand des Schreibenden: Werden wirklich die Besten ermittelt?

Wie kann es dann sein, dass im Westen der Republik nur jeweils ein einziger Schüler pro Schule in seinem Fach für den Wettkampf auf nächst höherer Ebene zugelassen wird? Oder wenn ein junger deutschstämmiger Bürger Kasachstans, der wie die anderen Schüler Deutsch in der Schule gelernt hat, nicht am Wettbewerb teilnehmen darf? Wenn man in den Olympiaden die Besten identifizieren und gegeneinander antreten lassen will, dann muss man auch die Besten zum Wettkampf zulassen!

Eine weitere Frage, die sich der Kommentator jährlich stellt, ist das „Wie“ dieser Bildungs-Wettkämpfe. Stellen Sie sich nur mal vor, bei den Olympischen Spielen würden die Ringer nicht nur nach ihren sportlichen Fähigkeiten bewertet, sondern auch nach ihrem Wissen, welcher Ringer zum Beispiel denn im Jahr 1964 in gleich zwei Gewichtsklassen eine Medaille errungen habe. Das wäre dann eher das TV-Niveau von «Wer wird Millionär“!

Bei den Bildungsolympiaden macht man so etwas aber. Da wurde zum Beispiel vor einigen Jahren im Fach Deutsch gefragt, wer den Telegrafen erfunden habe. Oder im letzten Jahr: Welcher berühmte Deutsche hat in den Städten X, Y und Z gelebt? Durch solche Fragen wird nur gelerntes, „totes“ Wissen abgefragt. Nicht aber das Können.

Das wirkliche Können jedoch gehört zu den zentralen Zielen des Fremdsprachenunterrichtes: aktive Sprachkompetenz in Grammatik und Wortschatz; gedanklich vertiefte, treffende, komplexe schriftliche und mündliche Sprachproduktion. Um bei den Fremdsprachen die Fähigkeiten der Schüler umfassend und angemessen zu ermitteln, sollten sich die Olympiade-Veranstalter bei der modernen Test-Didaktik kundig machen. Es gibt genügend Lehrer in Kasachstan, die zum Beispiel bei den Prüfungen zum Deutschen Sprachdiplom dieses Wissen über moderne Fremdsprachendidaktik erworben haben.

Zu einer echten „Mogelpackung“ aber wird die oben beschriebene Praxis, stur gelerntes Sachwissen abzufragen, wenn solche Fragen wie nach dem Telefonerfinder oder nach dem berühmten Deutschen mit mehreren Wohnorten gedankenlos in den Testteil „Grammatik und Wortschatz“ gesteckt wird. Der außenstehende Beobachter und erst recht der irritierte Prüfling fragt sich dann: Was hat solch eine abseitige Aufgabe denn überhaupt bei einer Bildungsolympiade zu suchen?

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