Kasachstan gehört zu den Staaten, die in den vergangenen zwanzig Jahren bedeutende Transformationsprozesse zu bewältigen hatten. Noch mehr: Das Land existiert als Nationalstaat erst seit 1991. Sarina Marajewa war bei der Staatsgründung knapp 2 Jahre alt. Sie bezeichnet sich heute ganz unbefangen als Lokalpatriotin.

/Bild: Ulrich Steffen Eck. ‚Russisches Märchen in Aktobe: die im Dezember vergangenen Jahres gemeinsam mit der neuen Moschee eröffnete orthodoxe Kirche.’/

Zentralasien war jahrhundertelang ein Territorium, auf dem sich die Interessen großer Staaten aneinander rieben. Warum? Hier befanden sich Zentren des Welthandels. Hier wurden wissenschaftliche, religiöse und philosophische Schulen geschaffen.

Die Vorgänge in Zentralasien hatten großen Einfluss auf die Entwicklung der gesamten menschlichen Zivilisation. Historiker bezeichnen die Region als „Perlenkette in der Schatzkammer der Seidenstraße“. Die orientalische Kultur und Architektur, die philosophischen Worte der Dichter faszinieren Forscher und Reisende bis heute. Davon kann ich mich ständig überzeugen.

Ich heiße Sarina und wohne in Kasachstan. Mein Land nimmt den größten Teil Zentralasiens ein. Wir pflegen gute Nachbarschaften mit Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan und Kirgisistan. Leute aus diesen Ländern wohnen auch in meiner Stadt Aktobe. Ich kenne viele von Ihnen persönlich.

Kasachstan ist ein multinationales Land. Wir leben freundschaftlich miteinander. Und Feste feiern wir zusammen. Vor Kurzem wurden in Aktobe eine neue Moschee und eine orthodoxe Kirche errichtet. Sie wurden von herausragenden Architekten und Bauleuten projektiert und gebaut. Zur Eröffnung dieser Einrichtungen waren der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew und der Präsident Russlands, Dmitri Medwedew zugegen. Moschee und Kirche fügen sich wunderbar in das architektonische Gesamtbild meiner Stadt.

Tourismus, Öl, Fußball und Kultur

Wenn Zentralasien zur Sprache kommt, ist gewiss die reiche und vielfältige Natur mit im Spiel. Im letzten Jahr war ich zur Erholung am Issykkul in Kirgisistan. Er ist der größte Bergsee der Welt und friert auch im Winter nicht zu. Tausende Menschen erholen sich hier in Sanatorien und Kurorten. Auch in Kasachstan gibt es solche Orte, zum Beispiel am Kaspischen Meer. Unter anderem in der Stadt Aktau beginnt sich ein lebendiger Tourismus zu entwickeln.
Aber nicht nur Tourismus ist eine Chance für die kasachische Region am Kaspischen Meer. Die reichen Ölvorkommen hier bieten Studenten und Absolventen der örtlichen technischen Fakultäten gute Perspektiven. Bereits während des Studiums kann man in Praktika Erfahrungen sammeln. Umgekehrt haben Arbeitgeber eine gewisse Auswahl an zukünftigen Fachleuten.

Wir sind Lokalpatrioten und mögen unsere Stadt Aktobe, die mit der Zeit immer mehr aufblüht. Sie wird zunehmend grüner. Es gibt sehr viele Springbrunnen, Parks und Alleen.

Sport? Selbstverständlich! Wir sind auf unsere Fußballmannschaft stolz. Sie ist die Beste in Kasachstan! Das Stadion entspricht europäischen Standards, was hier ja noch nicht überall so ist.

Kultur? Natürlich! Theater, Festivals, Ausstellungen; all das besuche ich sehr gern. Es gibt hier ein gutes Dramentheater. Oft haben wir Gastspiele aus anderen Theatern Kasachstans und Russlands. Vor Kurzem habe ich gar einen Schauspielkurs besucht und dabei viel für mich entdeckt. Ich wollte dabei auch mehr über Kultur und Kunst der europäischen Länder erfahren, für die ich mich von Kindheit an interessiere.

Ehrenamtlich gegen Korruption

Ausbildung? Ja! Auch in Kasachstan kann man eine gute Hochschulausbildung bekommen. Ich bin Studentin der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und beschäftige mich ehrenamtlich mit Jugendpolitik in der „Allianz der Studenten Kasachstans“. In unserer Stadt gibt es eine Filiale dieser Organisation und aktive Studenten, die für ihre Rechte und gegen Korruption kämpfen. Wir organisieren verschiedene Veranstaltungen, darunter Olympiaden oder Debatten. Das ist jedes Mal spannend. Vom Rektorat der Universität wurden wir bereits ausgezeichnet.

Sicher kann man beim Studium Hilfe von den Hochschullehrern bekommen. Was allerdings noch viel interessanter wäre, wäre Studentenaustausch mit verschiedenen Ländern.

Deutsch in unserer Region? Es gibt hier ehrlich gesagt nicht allzu viele Schulen, in denen Deutsch angeboten wird. Ich hatte Glück und habe die Schule mit erweitertem Deutschunterricht abgeschlossen. Später an der Uni hat mir das beim Studium geholfen. Zum Beispiel habe ich bei einer universitären Spracholympiade den ersten Platz belegt.
Mein Ziel ist, Deutsch fließend sprechen zu lernen, um meine Pläne verwirklichen zu können. Ich habe vor, per Internet Kontakte mit einem Studenten oder einer Studentin aus Deutschland zu knüpfen, um meine Spracherfahrungen zu erweitern. Deutschkenntnisse werden mir später im Beruf helfen, hoffe ich. Es gibt leider bei uns keine deutschsprachige Umgebung. Der Unterricht an der Uni reicht nicht. Mein Traum ist es, über ein Stipendium zum Studium nach Deutschland zu kommen, um anschließend hier in Kasachstan erfolgreich zu sein.
Kasachstan ist meine Heimat, und zwar ganz im Sinne der Historiker: eine echte Perlenkette.

Die Autorin ist Teilnehmerin der III. Zentralasiatischen Medienwerkstatt.

Von Sarina Marejewa

31/07/09

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