Knapp vier Jahre arbeitete Karolina Otto bei der Deutsch-Kasachstanischen Assoziation der Unternehmer (DKAU) im Deutschen Haus Almaty. Als Expertin für Organisationsentwicklung und Marketing hat sie gelernt, dass in Kasachstan nur selten etwas endgültig, eindeutig und genau ist. Im Gespräch mit der DAZ berichtet sie über ihre persönlichen Erfahrungen im Ausland, die Entwicklung von Verbänden in Kasachstan und die Zukunft der DKAU.

/ Bild: privat. ‚Karolina Otto arbeitete knapp vier Jahre bei der DKAU. ‚/

Mit welchem Ziel entstand die Deutsch-Kasachstanische Assoziation der Unternehmer (DKAU)?

Die Idee der DKAU ist älter als die Organisation selbst. Als es in den 90er mit der Sowjetunion zu Ende ging, hat sich in allen ehemaligen Sowjetrepubliken eine große Auswanderungswelle in Gang gesetzt. Aber es gab auch Menschen, die in der neuen Wirtschaftsordnung ihre Chance gesehen haben. Sie haben alte sozialistische Betriebe modernisiert und neue Produktionsstätten aufgebaut. Mehrere solcher Unternehmen bilden jetzt den „harten Kern“ der DKAU.

Schon damals entstand der Gedanke einer Vereinigung zwecks Schutzes gemeinsamer Interessen, Erzielung von Synergieeffekten und einfach auch für einen regelmäßigeren Austausch. Unternehmer sind aber extrem beschäftigte Menschen. Ich schätze, das war auch tatsächlich eine abenteuerliche Angelegenheit, in der jungen Republik Kasachstan kommerzielle Tätigkeiten zu entwickeln. Doch mit der einkehrenden politischen und wirtschaftlichen Stabilität und mit den wachsenden Erträgen haben sich auch die Prioritäten der Unternehmer verlagert. Sie haben begonnen, mehr darüber nachzudenken, was außerhalb ihrer Betriebe passiert, und wohl auch darüber, wie sie das Geschehen beeinflussen können.

Die DKAU ist vor allem als Verband kasachstandeutscher Unternehmer bekannt. Was verbindet diese Gruppe?

Mit Unternehmer Paul Kirol auf dem von der DKAU organisierten Deutschen Investitionsforum in Astana.

Die Initiative zur Gründung der DKAU ist in der Tat hauptsächlich von den kasachstanischen Unternehmern deutscher Abstammung ausgegangen. Jedoch beschränkt sich die Tätigkeit der DKAU keineswegs auf nur diesen Interessenkreis. Ich denke, ein solcher Verband wäre kaum lebensfähig. Denn die Kasachstandeutschen kennen sich ohnehin. Und gerade die kasachstandeutschen Unternehmer sind sehr gut untereinander vernetzt.

Die DKAU war von vornherein für Verbindungen der Geschäftsleute aus Deutschland und Kasachstan bestimmt. Egal ob nun für einen Deutschen aus Deutschland mit einer Filiale in Kasachstan oder für einen Kasachstandeutschen mit Firmensitz in Deutschland und Kunden in ganz Zentralasien, oder für einen Kasachen, der mit deutschen Produkten in Kasachstan handelt – da sind unendlich viele Kombinationen möglich. Während meiner Arbeit bei der DKAU habe ich einige spannende Unternehmerschicksale erlebt.

Ich kann sagen, was alle Mitglieder der DKAU bewegt. Ihre Interessen unterscheiden sich nach Ländern, in denen sie investieren und arbeiten. Diejenigen, die nach Kasachstan kommen, wünschen sich mehr Rechtssicherheit und Transparenz. Manchmal bildet die Sprache und die kulturellen Unterschiede eine Hürde. Ansonsten aber braucht jede Firma in jeder für sie neuen Region Kontakte zu lokalen Partnern und Entscheidern bei den staatlichen Gremien, Marktinformationen, juristische Beratung und noch viele andere Sachen, die das Geschäft am Laufen halten.

Hauptzweck der DKAU ist, die Mitglieder bei allen diesen Fragen möglichst individuell zu unterstützen. Die Verbandssatzung beinhaltet aber auch soziale Ziele, die sich speziell auf die deutsche Minderheit in Kasachstan ausrichten. In den letzten Jahren haben die Mitglieder der DKAU bis zu 30.000 Euro für die kasachstandeutsche Diaspora gespendet.

Worin lagen die Schwerpunkte deiner Arbeit bei der DKAU?

Bei der DKAU war ich als eine sogenannte Integrierte Fachkraft, entsandt durch die deutsche Organisation CIM (Centrum für Internationale Migration und Entwicklung). Als deutscher Experte sollte ich durch die unmittelbare Mitarbeit im Team der Geschäftsleitung die Verbandstruktur verbessern. In der Praxis hat sich das in zwei große Schwerpunkte aufgespalten, interne Organisationsentwicklung einerseits und Verbands- und Öffentlichkeitsarbeit auf der anderen Seite.

Am meisten hat mir die Interaktion mit den Unternehmern Spaß gemacht. Ich habe viel von ihnen gelernt, konnte in viele verschiedene Betriebe mit ihren Besonderheiten hineinblicken. Die interessantesten Vorhaben ließen sich immer in Zusammenarbeit mit ihnen realisieren.

Was nimmst du persönlich mit aus deiner Zeit im Ausland?

Kasachstan war eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich selbst habe gut die Hälfte meines Lebens im russischen Ural verbracht. Auch wenn meine Heimatregion mit Kasachstan benachbart ist, die kulturellen Unterschiede habe ich besonders am Anfang zu spüren bekommen. Nur selten ist in Kasachstan irgendetwas endgültig, eindeutig und genau. Dadurch habe ich gelernt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, manchmal Druck aufzubauen, zur gleichen Zeit aber geduldig zu bleiben.

Denn für die erfolgreiche Arbeit in Kasachstan sind, meiner Meinung nach, die persönlichen Kontakte wichtig. Von den Geschäftsleuten, die das Land zum ersten Mal besuchen, höre ich, dass sie die Menschen als unhöflich empfinden. Das erkläre ich durch die Grenze, die in Zentralasien zwischen dem privaten und dem öffentlichen Leben liegt. Sobald die Menschen dir vertrauen, werden sie auch alles dafür tun, dein Vertrauen zu gewinnen. Jedenfalls werden die positiv eingestellten Kasachstaner, die sich auch über Kleinigkeiten freuen können, und die schöne Natur von Kasachstan immer in meinem Herzen bleiben.

Wie beurteilst du die Entwicklung der Verbände in Kasachstan?

Die Zahl der Verbände in Kasachstan hat sich in der letzten Zeit mehr als verdoppelt. Das halte ich für einen natürlichen Prozess, insbesondere, was die Unternehmervereinigungen betrifft. Die wichtigsten deutschen Wirtschaftsverbände nahmen in der Industrialisierung ihren Anfang. Der Privatwirtschaft wurde bald klar, dass Bündelung effektiver ist als mühsame Vertretung von Eigeninteressen durch jeden Einzelnen.

Kasachstan befindet sich in einer vergleichbaren Situation. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes verläuft erfolgreich. Nun kommen die Wirtschaftsverbände als zivilgesellschaftliche Strukturen ins Spiel, die meinungsbildende, schützende, vermittelnde, branchenharmonisierende und noch weitere wichtige Funktionen haben. Damit die kasachstanischen Verbände Zulauf und somit ihre Existenzgrundlage bekommen, müssen sie an Professionalität gewinnen und ihre Ziele klar definieren. Das werden sie sicherlich auch.

Bereits seit sechs Jahren gibt es den Verband der DKAU. Wie wird es in Zukunft weitergehen?

Wenn ich in Betracht ziehe, dass die meisten Verbände in Kasachstan ihren fünften Gründungstag nicht überleben, hat die DKAU gute Perspektiven. Die Assoziation hat sich einen Stamm an treuen Mitgliedern und befürwortenden Ansprechpartnern in den staatlichen Strukturen, sowohl deutschen als auch kasachstanischen, erarbeitet.

In der Geschäftsleitung der DKAU sind engagierte junge Menschen beschäftigt, die gut ausgebildet sind und deutsch sprechen. Genau das erwarten, denke ich, Firmeninhaber und Manager, wenn sie sich mit einer Anfrage an die Deutsch-Kasachstanische Assoziation der Unternehmer wenden.

Interview: Christine Karmann

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Karolina Otto ist in Russland geboren und lebt seit vielen Jahren in Deutschland, wo sie am Rhein, genauer gesagt, in Düsseldorf, zuhause ist. Sie hat an der Universität Mannheim studiert und sich auf die Bereiche Organisation und Marketing spezialisiert. In Kasachstan hat sie ihre Fachkenntnisse bei der Deutsch-Kasachstanischen Assoziation der Unternehmer (DKAU) drei Jahre und neun Monate eingebracht. Ihre berufliche Weiterentwicklung sieht sie wieder in der deutschen Wirtschaft.

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