László Ungvári ist seit dem 1. Januar Präsident der Deutsch-Kasachischen Universität. Der gebürtige Ungar, der mit 18 Jahren zum Studium nach Leningrad kam und später in Deutschland 21 Jahre lang eine Universität leitete, ist in mehreren Kulturen zuhause und verkörpert das internationale Profil der DKU. Anlässlich des 20. Jubiläums, das die Hochschule an diesem Freitag feiert, haben wir mit ihm über die Bedeutung von Kommunikation, die Stärken der DKU und seine Pläne für die Universität gesprochen.

Herr Ungvári, Sie haben Anfang des Jahres die Leitung der DKU übernommen. Was hat sich seitdem geändert?

Wir haben vor allem die Kommunikation der Universität auf ganz neue Beine gestellt. Die DKU ist zurecht stolz auf ihre gute Ausbildung. Es genügt aber nicht, gut zu sein. Man muss auch darüber reden und dies anderen mitteilen. Eine der ersten Maßnahmen war die Umbenennung der Marketingabteilung in Abteilung für interne und externe Kommunikation. Als Leiterin haben wir eine Unternehmerin rekrutiert, die zu den besten PR-Managerinnen des Landes gehört. Wir haben ein neues Logo, außerdem geht zum Jubiläum eine neue Webseite an den Start. Auf der aktuellen Seite gibt es einen Blog, mit dem ich mich regelmäßig an die interne und externe Öffentlichkeit wende. Nicht zuletzt haben wir kürzlich zum ersten Mal in der Geschichte der Universität ein Pressefrühstück veranstaltet.

Sie kennen die Universität durch Ihre Funktion als stellvertretender Vorsitzender des DKU-Aufsichtsrates seit 2007. Gab es trotzdem Dinge, die Sie überrascht haben, als Sie das Amt als Präsident angetreten haben?

Es gibt immer wieder Dinge, die anders laufen, als ich sie von Deutschland kenne. Zum Beispiel wenn es um ECTS-Punkte geht, die proportional zum Stundenvolumen im Auditorium gerechnet werden. Das ist ein Fehler, den auch in Deutschland viele Universitäten lange Zeit gemacht haben. Ein anderes Beispiel ist das Zustandekommen des Gehalts für Lehrkräfte: In Deutschland ist das klar an die Erfüllung einer Lehrverpflichtungsverordnung gebunden. Hier können sich Lehrkräfte dagegen zum Gehalt noch etwas dazuverdienen durch geleistete Lehrveranstaltungen. Das führt mitunter zu einer Jagd nach Stunden, was wiederum die Belastung für die Studenten erhöht. Ich will dagegen Präsenzveranstaltungen reduzieren und dafür mehr Selbststudium und Praxisnähe – auch damit die Studenten später besser auf einen Aufenthalt in Deutschland vorbereitet sind. Denn dort geht es vor allem ab dem dritten, vierten Studienjahr viel stärker darum, zu präsentieren, zu verkaufen und zu artikulieren.

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Was ist aus Ihrer Sicht die größte Stärke der DKU?

Unsere größte Stärke ist, dass hinter jedem unserer Studiengänge mindestens eine deutsche Partner-Hochschule steht. Aktuell sind das sechs Partner, darunter auch die FU Berlin. Weitere werden folgen. Meine frühere Hochschule, die TH Wildau, ist Partner der DKU in den Studiengängen Logistik und Telematik. Und solange ich hier das Sagen habe, werden wir neue Studiengänge nicht ohne deutsche Partner starten. Erstens, weil es eine Qualitätsgarantie ist. Und zweitens, weil wir dadurch auch die „flying faculty“ haben: Professoren, die bis Mitte Oktober bzw. im Sommersemester bis Mitte März für zwei Wochen an die DKU kommen, wenn in Deutschland noch keine Vorlesungen stattfinden. Momentan sind das 50 bis 55 Lehrkräfte im Jahr, die Zahl wird immer größer.

Immer ein offenes Ohr für studentische Angelegenheiten: DKU-Präsident László Ungvári pflegt einen offenen Kommunikationsstil.

Kommen auch Studenten aus Deutschland an die DKU?

Was das betrifft, hatten wir bis vor drei Jahren eine Einbahnstraße: Kasachen sind zu Partnerhochschulen nach Deutschland gegangen, aber nicht andersrum. Seit drei Jahren geht es auch in die andere Richtung. Aktuell kommen knapp unter 20 Studenten aus Deutschland in einem Zeitraum, um ein Modul bei uns zu absolvieren. Langfristig wollen wir die Zahl zwischen 20 und 25 halten.

Inwiefern profitieren diese Studenten von ihrem Aufenthalt hier?

Sie kommen in der Zeit, in der auch die deutschen Lehrkräfte da sind, und bekommen Leistungsnachweise, die an der Partnerhochschule anerkannt werden. Außerdem werden ihre Reisen finanziert aus verschiedenen Fördertöpfen des DAAD. Das Ganze funktioniert auch deshalb gut, weil die Studiengänge mit Doppelabschluss – also zum Beispiel alle Bachelor-Studiengänge – sehr stark harmonisiert sind mit den deutschen Studiengängen.

Warum hat das vor zwei, drei Jahren noch nicht so gut funktioniert?

Das Problem war, dass in dieser Zeit noch fast alles im Rahmen der nationalen kasachischen Standards ablief. Rund 80 Prozent der Studienfächer waren vorgeschrieben, nur 20 Prozent waren frei. Die Module, die für einen solchen Austausch in Frage kamen, mussten in diese 20 Prozent hineingequetscht werden. Dank des sogenannten Autonomiegesetzes für die Hochschulen, mit dem die kasachische Regierung das Hochschulwesen liberalisiert hat, ist das Verhältnis jetzt genau umgekehrt. Das ermöglicht uns eine noch bessere Koordinierung mit den deutschen Partnern.

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Gibt es auch Kooperationen mit Unternehmen, um Studenten Praktika und später einen reibungslosen Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen?

In Kasachstan ist das zwar noch nicht so ausgeprägt wie in Deutschland, was auch an strukturellen Unterschieden liegt: In Deutschland haben wir zu 90 Prozent kleine und mittlere Unternehmen, für die insbesondere die Fachhochschulen geborene Partner sind, um angewandte Forschungsprojekte durchzuführen und Problemlösungen für die Unternehmen zu entwickeln und diese auch umzusetzen. In einigen Fachbereichen sind wir aber auch hier schon weit – vor allem in der Logistik. Es gibt Unternehmen – besonders aus Deutschland, Amerika und der Schweiz – die hier einen Ableger haben. Thomas Kurze aus Hamburg zum Beispiel stiften drei Stipendien – mit dem Ziel, dass die Absolventen dann hier in der Außenstelle in Almaty weiterarbeiten.

Wie sehen die Perspektiven für Absolventen der DKU nach dem Studium aus?

Wenn die Absolventen nicht schon während des Studiums einen Arbeitsvertrag versprochen bekommen haben, kommen sie hier innerhalb der ersten vier Monate unter. Ausnahmslos. Von denen, die einen Doppelabschluss machen, bleibt etwas weniger als die Hälfte in Deutschland. Wer aber zurückkehrt, findet sich hier nach kurzer Zeit in einer Führungsposition wieder. Am besten stehen Absolventen aus den Bereichen Wassermanagement und Logistik da, aber auch im Finanzbereich sind sie gefragt.

Wie stark ist in Kasachstan der Konkurrenzdruck für die DKU?

Die Zahl der Universitäten ist in Kasachstan in den letzten Jahren deutlich gesunken. Als ich das Land kennenlernte, gab es etwa 190, heute sind es noch 136. Das sind trotzdem noch sehr viele, mit denen man im Wettbewerb steht – um Köpfe, aber auch um staatliche Budgetmittel. Auch wegen dieser Konkurrenzsituation ist es wichtig, in der Politik und in der Wirtschaft vertreten zu sein. Das ist wie Lobbyarbeit. Ich muss als Präsident auch zu Veranstaltungen gehen, auf denen man registriert, dass die Universität vertreten war.

Was ist Ihr Wunsch für die kommenden Jahre?

Ich bin angetreten mit dem Ziel, dass wir bis 2025 mindestens 1.000 Studenten haben werden. Ich glaube, das können wir schon allein dadurch schaffen, dass wir die Bekanntheit der DKU weiter steigern. Mit den bisherigen Maßnahmen in kurzer Zeit ist es uns schon gelungen, gegenüber dem Vorjahr die Zahl von etwa 600 auf 720 zu steigern. Ich bin überzeugt: Wenn wir die Fläche hätten, wären sogar weit mehr als 1.000 möglich.

Die Fragen stellte Christoph Strauch.

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