Seit 2003 veranstaltet die Schweizer Agentur für Entwicklung und Zusammenarbeit (CAMP) Seminare zur Käseproduktion für kasachstanische Bauern. Das Ziel: Milch vor Ort zu verarbeiten, länger zu konservieren und die Bauern damit von Molkereien unabhängig zu machen

Eine Woche zuvor hatten sie sich auf dem Bauernhof von Sowjetchan Bajelowa getroffen, Die Bäuerin aus Kemertogan, einem Dorf unweit von Almaty, hat zwei Kühe und ein paar Schafe und die Entscheidung, Käse herzustellen, bereits vor einigen Monaten getroffen. Damals war sie vom Mitarbeiter eines Bauernverbands angesprochen worden, ob sie nicht das Angebot von CAMP, der Schweizer Agentur für Entwicklung und Zusammenarbeit, annehmen und das Käsemachen erlernen wolle.

Als sich Nurachun Bekchodschajew zu den vier Frauen gesellte, staunten die nicht schlecht. Was wollte ein Mann bei einem Workshop zur Käseherstellung? Erst als sich der 50-Jährige tatsächlich die Ärmel hochkrempelte, glaubten sie, dass er es ernst meinte. Am Ende des Seminars präsentieren alle gemeinsam ihren Käse. Doch Bekchodschajew, in Hemd und Anzug, die Hände lässig in den Hosentaschen, scheint schon das künftige Geschäft zu genießen, während die Frauen noch in weißen Kitteln herumeilen.

Bajelowa wollte. Die hohe Arbeitslosigkeit im Dorf und die schlechten Preise für Milch und Quark seien ihre Beweggründe gewesen, so die Bäuerin. Jetzt gilt sie bereits als Fachfrau, und weil die hygienischen Bedingungen auf ihrem Hof den strengen Anforderungen genügen, darf sie, unter Aufsicht zweier CAMP-Mitarbeiter, selbst Seminare ausrichten, so wie in der vergangenen Woche.

Bevor die Neulinge jedoch zur Tat schritten, hieß es, Theorie pauken. Denn die Herstellung von Käse ist nicht einfach. „Milchqualität, Temperatur, Lagerung – zahlreiche Faktoren beeinflussen den Geschmack des Käses und können ihn unter Umständen sogar verderben», erklärt Regula Imhof, Programmleiterin von CAMP. Außerdem erfordert jeder Käse ein anderes Verfahren. So lernten die kasachischen Schüler zunächst den Unterschied zwischen Hart- und Weichkäse, bevor sie sich selbst an die Verarbeitung der frischen Kuhmilch vom Hof der Gastgeberin machten.

Für den Schweizer Gruyière, einen Hartkäse, muss die Milch beispielsweise auf 90 Grad Celsius erhitzt werden. Wenn die pasteurisierte Milch wieder auf 45 Grad abgekühlt ist, wird Ferment zugesetzt, so dass Eiweiß und Fett der Milch gerinnen und sich von der Molke trennen. Die geronnene Milch wird zu Käsebruch zerschnitten und danach in Formen gefüllt. Nun heißt es, den Käse salzen, regelmäßig wenden und bei richtiger Luftfeuchte und -temperatur lagern.

Mit der Käseproduktion betreten die kasachstanischen Bauern Neuland, denn traditionell werden in Kasachstan nur Quark oder vergorene Milchprodukte wie Joghurt, Kefir oder Kumis zubereitet. Milch vor Ort zu verarbeiten, länger zu konservieren und die Bauern damit von Molkereien unabhängig zu machen, so Imhoff, sei das Ziel des Käse-Programms. Die Schweizer engagieren sich bereits seit einigen Jahren in Zentralasien, um für die hiesigen Bauern neue Perspektiven zu entwickeln.

Die Idee für das Käse-Projekt entstand 2003. Damals waren zwei Schweizer nach Kirgisistan gekommen, um das allererste Seminar auszurichten. Die beiden stellen zu Hause noch in einer traditionellen Sennerei Käse her, mittlerweile auch in der Schweiz ein seltenes Handwerk. Doch in den Bergdörfern Kasachstans, Kirgisistans und Tadschikistans entscheiden sich seitdem immer mehr Bauern für den Schweizer Käse. Und sie geben das Wissen untereinander weiter.

Auch Nurachun Bekchodschajew hat genau das vor. Er sei zu dem Seminar gekommen, weil seine Frau und seine Schwiegertochter keine Zeit gehabt hätten, erzählt er. 25 Kühe, Haus und Kinder erforderten die Anwesenheit der Frauen auf dem Hof. Doch was er gelernt hätte, würde er ihnen nun zu Hause beibringen, damit er künftig Käse auf dem Markt verkaufen könne. „Bedarf und Interesse an Schweizer Käse gibt es», ist sich der Bauer sicher. Fachlich qualifiziert ist Bekchodschajew jetzt jedenfalls. Auch er erhält am Ende des Seminars ein Zertifikat, das ihm die Kenntnis des Schweizer Verfahrens offiziell bescheinigt.

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