International Public Television (INPUT), ein Forum zur Förderung von Qualität in Rundfunk und Kino, feiert demnächst 30jähriges Jubiläum. Der internationale Programmdirektor des Netzwerks, Sergio Barelli, war dieser Tage in Almaty, um die Beiträge aus dem zentralasiatischen Raum für die Screening-Konferenz 2007 in Lugano vorzuselektieren. Bei dieser Gelegenheit sprach er nicht nur über die enthusiastischen Ziele und Probleme von INPUT, sondern auch über die Verfehlungen der nationalen Kulturpolitik europäischer Länder im Bereich Kino und TV.

International Public Television kurz INPUT, 1977 in Bellagio gegründet, ist ein Forum, das es sich zum Ziel gesetzt hat, Qualitätssendungen in Rundfunk und Kino zu fördern. Der internationale Programmkoordinator des Netzwerkes, Sergio Barelli, der seit 30 Jahren für INPUT tätig ist, war deshalb wie jedes Jahr im zentralasiatischen Raum auf der Suche nach Produktionen. Gemeinsam mit „Gala TV“, einem kasachischen Produktionszentrum, das seit 2004 mit der nationalen Programmkoordination betraut ist und dieses Jahr erstmalig die komplette Finanzierung der Veranstaltungen allein trug, wählte Barelli die besten Beiträge der Region für die abschließende Screening-Konferenz aus. Diese wird zum 30-jährigen Jubiläum der Organisation von 6. bis 12. Mai 2007 in Lugano stattfinden. Über die regionalen Screenings, Workshops und Meetings bemerkte Barelli bilanzierend: „Vor allem die Filme aus Kirgisistan stachen wieder einmal hervor. Auch die kasachischen Beiträge waren zum Teil sehr gut, wohingegen in Turkmenistan und Usbekistan die Film- und Videokunst sehr stark von der örtlichen Propaganda durchsetzt ist.“ Die Filmauswahl, die Barelli nach Lugano mitnehmen wird, ist seinen Aussagen zufolge, zwar nicht ganz so gut wie früher, Angst vor der Rechtfertigung gegenüber dem internationalen Gremium, das im Zentrum von INPUT steht, habe er aber dennoch nicht. Vor dem aus 16 Rundfunkexperten verschiedener Nationalitäten bestehenden Komitee, das sich um die Organisation kümmert, muss nämlich jeder Koordinator seine Entscheidungen vertreten. Das verhindere laut Barelli dass die Selektion zu subjektiv ausfalle. Das Gremium wählt dann aus den bereits vorselektierten Beiträgen nochmals die Besten für die jährlich stattfindende Konferenz aus. So entsteht ein hochwertiges Programmangebot, das neben der Förderung von Qualitätssendungen in TV und Kino das Hauptziel von INPUT ist.

30 Jahre nach der Organisationsgründung muss das Gründungsmitglied Barelli allerdings eingestehen, „dass die Idee hinter der Organisation, nämlich für die weltweite Zirkulation von qualitativ hochwertigen Fernseh- und Kinoprogrammen zu sorgen, nur zum Teil aufgegangen ist“. Nach seiner Ansicht seien heutzutage außer der amerikanischen Film und TV-Industrie alle anderen Produktionen bereits tot oder lägen zumindest im Sterben. Entgegen den damaligen Warnungen von ihm und seinen Mitstreitern hätten die einzelnen Regierungen ihren nationalen Filmindustrien den Geldhahn zugedreht und sie so dem Tod geweiht. „Das Ergebnis ist, dass wir die Zuschauerschichten verdorben haben und jetzt mehr Geld als je zuvor für den amerikanischen Einheitsbrei ausgeben müssen“, ärgert sich Barelli. „Die enthusiastischen Ziele, die man sich anfangs gesetzt hatte, verlor man innerhalb von INPUT zwar nie aus den Augen“, musste aber feststellen, „dass sich die TV-Stationen nur bedingt für Qualitätsfernsehen interessierten.“ Die Zuschauer seien, laut Barelli, zwar weit intelligenter und anspruchsvoller als von den Fernsehstationen eingeschätzt, aber mittlerweile das US-TV so gewohnt, dass sie sich einzig und allein zu dieser Ästhetik hingezogen fühlten.

Zu einem ähnlichen Ergebnis wie Barelli kommt auch der Wiener Kommunikationswissenschaftsprofessor Hannes Haas der in seiner Fernsehstudie feststellte, dass die Zuseher letztlich „more of the same“ forderten und so bewirkten, dass sich die verschiedenen Fernsehsender in ihrem Programmangebot stark angleichen. Zudem müssen nach Ansicht Barellis Programme innerhalb ihres Kontexts betrachtet und verstanden werden und wären deshalb nur schwer außerhalb ihres Kulturraums abzusetzen. „Von einem Film über ein kirgisisches Begräbnis, bei dem am Rande der Festlichkeit ein Pferd geschlachtet wird, bleibt“, nach Worten Barrellis, „außerhalb des Kontexts betrachtet nur die rüde Tötung eines Tiers übrig und nicht etwa die intendierte Message.“ Als Plattform für junge Filmemacher und Videokünstler will Barelli INPUT daher nicht betrachten, dazu sei, ARTE einmal ausgenommen, einfach zuwenig Interesse seitens der TV-Sender vorhanden. „Wenn Sie mich also fragen, ob unsere Arbeit Sinn macht“, sagt er, „muss ich antworten, dass ich es nicht weiß.“ Erreicht habe man ja nur einen Teil der Ziele, erfolgreich sei man aber trotzdem, wenn auch nicht so, wie man sich das anfangs erhofft hatte. „Die 1.400 Teilnehmer unserer letzten Konferenz, die alle ihre Kosten ausschließlich aus der eigenen Tasche bezahlt haben, sprechen jedenfalls die Sprache des Erfolgs“, so Barelli. Trotzdem sei er damit nur zum Teil zufrieden. Die Anwesenden, die zumeist aus der Film- und TV-Branche stammten, missbrauchten das Forum als Ideenpool für ihre eigene Inspiration. Auf den Konferenzen und anderen Veranstaltungen werde dann hemmungslos geklaut und abgekupfert, mit dem Ergebnis, dass Ideen und ganze Filmsequenzen dann wieder in der üblichen US-Ästhetik erschienen. Die ursprüngliche Idee, für Zirkulation von Qualitätsprogrammen zu sorgen, bliebe dabei aber auf der Strecke. Das sei nichts anderes, als „ein postmodernes Dilemma.“

Von Christoph Salzl

01/12/06

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