2007 wird es in Berlin eine Ausstellung über die Skythen, ein indoeuropäisches Reitervolk, geben. Der Fund einer Eismumie in der Mongolei hat die historische Volksgruppe wieder ins Bewusstsein gerückt.

Der Mann ist jung, zwischen 30 und 40 Jahre alt und gehört vermutlich der Oberschicht an. Er trägt einen prachtvollen Pelzmantel und einen vergoldeten Kopfschmuck. Es scheint, als ob er schliefe. In Wirklichkeit aber ist der „Schlafende“ schon seit vielen Jahren tot.

Er ist eine Eismumie, die in einer Höhe von 2.500 Metern im südöstlichen Teil des Altaigebirges auf mongolischem Territorium entdeckt wurde. Sie ist im Juli 2006 von einem Team aus insgesamt 28 Forschern aus Deutschland, Russland und der Mongolei unter Leitung von Hermann Parzinger, dem Präsidenten des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), nach zwei Jahren Vorbereitung ausgegraben worden. Nach Meinung von Fachleuten stammt die Grabkammer aus dem dritten Jahrhundert vor Christus. Parzinger bezeichnete diesen Fund als „fantastisch“. Die Mumie, die dank des Dauerfrostbodens in der Höhe bis auf das Gesicht gut erhalten blieb, ist die Leiche eines skythischen Kriegers. Schon seit Jahrzehnten interessieren sich die Archäologen für die Eiskurgane im entlegenen Altai-Gebirge im Dreiländereck von China, Russland und der Mongolei. Dreimal suchten die Forscher vergeblich. Dann stießen die Archäologen auf das Grab dieses skythischen Kriegers, das sogar 2.500 Jahre alte Fleischreste und Geschirr enthielt.

Fundgrube für die Wissenschaft

Die aufgefundene Mumie sei eine Fundgrube für die Wissenschaft, fast 170 Disziplinen könnten den Fund untersuchen, so die Experten. Der skythische Krieger könnte der Wissenschaft neue Erkenntnisse über Ernährung und Krankheiten der Vergangenheit liefern. So seien von dem Eis, das die Grabkammer konservierte, mikrobiologische Proben entnommen worden. „Der Fund erlaubt uns damit einen einzigartigen Einblick in die Welt dieser Menschen“, erläuterte Parzinger. Die archäologische Seltenheit sei derzeit zur Begutachtung in die mongolische Hauptstadt Ulan Bator gebracht worden.

Die Skythen waren ein indoeuropäisches Reitervolk, das in den Steppen Eurasiens – zwischen der Wüste Gobi und den Karpaten – lebte. „Sie gehören zu den frühesten Reitervölkern, von denen wir wissen“, erzählt Parzinger in seinem Festvortrag „Archäologische Forschung in der sibirischen Steppe: das skythische Fürstengrab von Arzan“.

Hunderte von Grabhügeln, genannt „Kurgane“, wurden seit dem 19. Jahrhundert insbesondere auf dem Gebiet der heutigen Ukraine und Südrusslands untersucht.

Möglicherweise werden erste Stücke aus dem Fund schon im nächsten Jahr präsentiert. In Berliner Martin-Gropius-Bau findet dann eine Ausstellung statt, die das Reitervolk der Skythen und ihre Welt präsentiert. Die Ausstellung heißt „Im Zeichen des goldenen Greifen. Königsgräber der Skythen“. Dieser Titel nehme Bezug auf ein Zitat von Herodot, der vom sagenhaften Land der goldbehüteten Greifen spricht, so Manfred Nawroth, der zuständige Leiter des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin. Die erste Ausstellung wird am 6. Juli 2007 eröffnet. Weitere Schauen sind in München (Hypo-Kunsthalle, ab November 2007) und Hamburg (Museum für Kunst und Gewerbe, 15. Februar 2008 – 25. Mai 2008) geplant. Ob die historischen Stücke auch in Russland präsentiert werden, ist noch nicht geklärt. Die Ausstellung entsteht in Kooperation zwischen dem Deutschen Archäologischen Institut, den Staatlichen Museen zu Berlin und Ausstellungshäusern in München und Hamburg. Im Mittelpunkt der Schau stehen die bedeutendsten Fürstengräber der einzelnen Regionen mit ihren Ausstattungen und auch die Neuentdeckungen der letzten Jahre. Der Dauerfrostboden im Altaigebirge hat erst in letzter Zeit mehrere Schätze freigegeben.

Schätze des Dauerfrostbodens

Glanzvoller Höhepunkt seien die Funde aus der südrussischen Autonomen Republik Tuva, zum Beispiel ein Goldkostüm eines Fürstenpaars, das 2001 entdeckt wurde. In der Ausstellung wird auch eine Mumie gezeigt, die zu Beginn des Jahres 1991 von Mitarbeitern des Archäologischen Instituts in Nowosibirsk im Bereich des Ukok-Plateaus im russischen Teil des Altaigebirges aufgefunden wurde. Von Interesse ist auch die gut erhaltene Kleidung, der Pferdeschmuck und andere Gegenstände aus Holz, Textil und Leder. In der Ausstellung werde die Welt der Reiternomaden als Völkergemisch dargestellt, das die Geschichte Europas und Asiens miteinander verbunden habe, so Parzinger.

Schon seit langem beschäftigen sich Forscher mit den rätselhaften Skythen. „Aber immer noch im Dunkeln“, erzählt Parzinger, „liegen die Ursprünge dieser früheisenzeitlichen Reiternomaden.“ So biete die Ausstellung die einmalige Gelegenheit, die Besucher mit der Welt der Skythen vertraut zu machen.

Anna Diedrich ist 29 Jahre alt, kommt aus Barnaul in Sibirien und hat deutsche Philologie studiert.Der Text über die Skythen entstand während ihrer Teilnahme am Programm „Journalisten International” am Journalisten-Kolleg der Freien Universität Berlin.

Von Anna Diedrich

10/11/06

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