„Schiragim”heißt eine Frauengruppe, die sich im ländlichen Raum in Kasachstan für die Rechte von Frauen, und zunehmend für die Belange von Kindern einsetzt. Seit Januar 2005 wird die Organisation offiziell mit europäischen Fördermitteln unterstützt. Vergangenen Montag war Anna Bramwell von der Almatyer EU-Delegation vor Ort, um sich ein Bild von der Arbeit des Frauenzentrums zu machen.

Ungefähr 30km außerhalb Almatys liegt das kleine Dorf Dschandosowo. In einer schmalen Seitengasse der Dorfhauptstraße befindet sich das Frauenzentrum der gleichnamigen Frauengruppe „Schiragim”. Sinaida Dschumabajewa, die Gründerin und Direktorin des Frauenzentrums, erzählt von den schweren Anfängen der Begegnungsstätte: „Vor zwei Jahren habe ich zusammen mit meiner Familie begonnen, das Frauenzentrum in Dschandosowo aufzubauen”, berichtet sie stolz. „Zu jener Zeit fehlte jedoch ganz einfach das Geld, um notwendige Materialien und Geräte anzuschaffen. Ein weiteres Problem war das Misstrauen der Dorfältesten gegenüber dem Frauentreffpunkt.” Heute hingegen ist das kleine Holzhaus mit eingebauter Nähhalle, nicht zuletzt durch europäische Fördermittel, zum dörflichen Mittelpunkt aufgestiegen. Und auch die Vorbehalte der älteren Generationen im Dorf scheinen sich nach Angaben der Gründerin mittlerweile gelegt zu haben. Die Organisation „Schiragim“ berät, klärt auf und bildet Frauen und Kinder. Es werden verschiedene Seminare und Programme, aber auch Computerkurse und Videovorführungen angeboten. Die rechtliche Situation der Frauen steht dabei im Vordergrund. „Unser primäres Ziel ist die Überwindung der Passivität vieler Frauen in ländlichen Regionen”, betont die engagierte Direktorin. „Wir müssen vor allem das Selbstbewusstsein der Frauen auf dem Land stärken, indem wir sie über ihre Rechte aufklären.” Auch Risaldi Nesipbajewa, Bewohnerin von Dschandosowo und Mutter von sieben Kindern, kommt regelmäßig in das kleine gemütliche Frauenzentrum mit dem blauen Holzzaun. „Mir gefällt es hier auf dem Land. Die Lage unseres Dorfes am Fuße der Berge ist wunderschön, und Schiragim unterstützt uns Frauen in vielerlei Hinsicht”, so die ein wenig schüchtern wirkende alte Dame. Auch der Blick ins Innere des Frauenzentrums lässt die Bedeutung dieses Ortes für die Frauen in Dschandosowo erahnen. In einem geräumigen Hinterzimmer befinden sich PCs und Videogeräte – in der in das Zentrum integrierten Nähhalle stehen 13 Nähmaschinen und andere Arbeitsgeräte zur kostenlosen Nutzung für die Frauen bereit. Psychologische und juristische Unterstützung erhalten die Besucher von Guldan Tlegenowa, Direktorin eines Krisenzentrums für Frauen und Kinder. Sie kommt mehrmals im Jahr nach Dschandosowo, um Trainingsseminare für Frauen und zunehmend auch für Kinder abzuhalten.

Europäische Begeisterung

Anna Bramwell, Leiterin der Delegation der Europäischen Union in Almaty, stattete der ländlichen Gemeinde vergangenen Montag einen Besuch ab und zeigte sich von den Bemühungen der Frauen in Dschandosowo begeistert. „Nur durch das ehrenamtliche Engagement der Menschen vor Ort beginnt das Leben im ländlichen Raum in Kasachstan zu blühen. Es ist für mich eine ganz besondere Gelegenheit, endlich einmal selbst ein kasachisches Dorf aufzusuchen”, sagte die gebürtige Engländerin. 1989 hatte die EU spezielle Programme zur Unterstützung der ehemaligen Sowjetrepubliken ins Leben gerufen. „Die Situation in diesen Ländern ist grundsätzlich zu unterscheiden von den typischen sogenannten „Entwicklungsstaaten”. Fast überall, auch auf dem Land, sind Elektrizität, Wasser und vor allem eine gute schulische Ausbildung vorhanden”, so die EU-Politikerin. Allerdings müsste insbesondere in ländlichen Regionen das vorhandene Potenzial aktiv genutzt und weiterentwickelt werden. Dies sei nur unter Mithilfe der in den ländlichen Regionen lebenden Frauen möglich. Nicht zuletzt deshalb sei die Unterstützung des Frauenzentrums „Schiragim” ein wichtiger Meilenstein in der gesamtstaatlichen Entwicklung Kasachstans.

Information und Aufklärung als Schlüsselfaktoren

Das Frauenzentrum in Dschandosowo sei zunächst lediglich eine Pilotstudie. Wenn die Begegnungsstätte jedoch weiterhin so gute Erfolge zeige, werde die EU auch in Zukunft ähnliche Initiativen in anderen Regionen Kasachstans unterstützen, so Anna Bramwell. Bei ihrem Besuch in Dschandosowo äußerte die Politikerin wiederholt und mit Nachdruck, dass Information und Aufklärung die besten Methoden seien, um die Rechte von Frauen und Kindern im ländlichen Raum zu stärken. „Ich wünsche mir, dass die Tätigkeiten des Projektes von „Schiragim“ auch in anderen ländlichen Regionen in Kasachstan anerkannt und nachgeahmt werden.” Und weiter schwärmt sie: „Dies ist eine der besten Initiativen, die ich je unterstützt habe. Ich hoffe, die Organisation wird ihre wichtige Arbeit fortsetzen, auch wenn die europäische Unterstützung für dieses Projekt Ende des Jahres ausläuft.”

16/12/05

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