Der 39-jährige Klaus Reinhofer ist seit Ende 2002 Honorarkonsul der Republik Österreich in Kasachstan. Gemeinsam mit seiner kasachischen Frau und seiner zweijährigen Tochter lebt und arbeitet er in Almaty. DAZ-Mitarbeiter Christoph Salzl befragte den Österreicher zum Stand der Beziehungen zwischen der Alpenrepublik und Kasachstan.

Herr Reinhofer was muss man sich unter der Position eines Honorarkonsuls vorstellen? Was sind ihre Aufgaben?

Meine offizielle Hauptarbeit ist, Österreich nach außen hin konform und in richtiger Art und Weise zu vertreten sowie Österreichern in Not zu helfen. Zusätzlich gehört es zu meinem Ziel, die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen. Als Honorarkonsul habe ich keine diplomatischen Verpflichtungen. Diese werden direkt vom Außenministerium in Wien wahrgenommen. Außerdem ist es mir nach dem Schengener Abkommen untersagt, Visa- und Passangelegenheiten abzuwickeln. Normale Sichtvermerke (Visen) für Österreich mit einer Dauer bis zu 90 Tagen werden deshalb in Kasachstan von der Deutschen Botschaft ausgestellt. Alle anderen Angelegenheiten erledigt die österreichische Botschaft in Moskau.

Wie wird man Honorarkonsul und sind Sie hauptamtlich beschäftigt?

Ich arbeite nur ehrenamtlich in dieser Position. Eigentlich bin ich Verwaltungsdirektor der PM Lucas Enterprises in Almaty, einer Firma, die auf dem Erdöl- und Erdgassektor im Bereich Engineering und Drilling tätig ist. Honorarkonsul bin ich eher per Zufall geworden. Mein Vorgänger musste beruflich zurück nach Wien. Er hat mich gefragt, ob ich die Aufgabe übernehmen würde, und mich dann beim Außenministerium vorgeschlagen. Gleichzeitig habe ich mich dort beworben.

Wie steht es um die bilateralen Beziehungen zu Kasachstan?

Im Oktober 2004 war der damalige Bürgermeister von Almaty, Viktor Chrapunow, in Österreich, um mit Erwin Pröll, dem Landeshauptmann von Niederösterreich, in St. Pölten ein Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen Nieder-österreich und Almaty abzuschließen. Beim Gegenbesuch in Astana am 3. November 2005  haben Vertreter von Siemens, der Firma List und anderen niederösterreichischen Firmen im Bereich der Krankenhaus- und Medizintechnik Geschäftskontakte angebahnt. Die österreichischen Minister Maria Rauch-Kallat, Elisabeth Gehrer und Staatssekretär Franz Morak verliehen am 9. August 2004 an die Rektorin der Universität für Weltsprachen, Salima Kunanbajewa, und an die Leiterin der Österreichbibliothek in Almaty, Bachyt Spikbajewa, das Österreichische Ehrenkreuz erster Klasse für Wirtschaft und Kunst.

Wie ist es um die kulturellen Beziehungen beider Länder bestellt?

Bis jetzt hat es nicht nur zahlreiche gegenseitige Besuche von Künstlern und Kulturschaffenden, sondern auch Vorgespräche zwischen den Kulturabteilungen Wiens und Almatys gegeben, um eine ständige Zusammenarbeit auf dem kulturellen Sektor einzurichten.

Was war das interessanteste, das sie in ihrer Tätigkeit erlebt haben?

Das war der Schuman-Tag im Rahmen der Europäischen Woche im Mai dieses Jahres. Österreich hatte zu dieser Zeit gerade den Vorsitz in der EU inne, also war es meine Aufgabe, die Veranstaltung offiziell zu eröffnen. Der anschließende Abend in der Almatyer Oper stand unter dem Motto „Mozart und der Orient“ und bestand aus dem Konzert und einem musikwissenschaftlicher Vortrag. Das war ein sehr gelungenes Fest mit Musik, Essen und Wein aus Österreich. Ich wünschte, unser Land würde viel öfter auf diese Weise für sich werben.

Arbeiten Österreich und Kasachstan auch im Bereich der Bildung zusammen?

Beständige Programme im Lehrkräfteaustausch, wie sie Deutschland betreibt, kann Österreich als kleines Land nicht finanzieren. Unsere Regierung betreibt aber die Österreichbibliothek an der Ablai-Chan-Universität für Internationale Beziehungen und Weltsprachen, in diesem Bereich die größte deutschsprachige Bibliothek in Zentralasien, und entsendet einmal jährlich einen Philologie- oder Deutschabsolventen, der sowohl in der Bibliothek, als auch bei der Implementierung neuer Lehrmethoden hilft. Unter österreichischer Initiative gibt es außerdem immer wieder Meisterklassen am Konservatorium. Aus der Letzten könnte nun ein längeres Projekt entstehen. Der Chorleiter der Universität Wien, Vijay Upadhyaya, möchte die Vokalabteilung des Konservatoriums neu strukturieren. Veraltete Lehrmethoden und Unterrichtstechniken, sowie Seminare ohne Noten und Lehrmaterialien beherrschen dort das Bild.

Wo lässt das österreichische Engagement zu wünschen übrig?

Österreich ist in Kasachstan zu wenig präsent. Wir unterhalten keine Botschaft in Kasachstan und auch Wirtschaftsvertretungen fehlen weitestgehend. Deshalb hinken wir im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weit hinterher. Außer mir gibt es noch die Vertretung der „Wirtschaftskammer Österreich“. Das Büro ist aber nur mit einer Ortskraft besetzt. Das ist keine adäquate Hilfestellung für österreichische Unternehmen und ohne Zweifel der größte Schwachpunkt unseres Landes. Wir verschlafen hier die wirtschaftlichen Entwicklungen. Österreichische Firmen, die den Schritt in den kasachischen Wirtschaftsraum wagten, sind wahre Enthusiasten, die sich ohne nennenswerte Hilfe von offizieller Seite selbständig durch die Schwierigkeiten hindurchkämpfen. Kasachstan ist kein einfaches Land, und dass wirtschaftliche Hilfseinrichtungen fast vollständig fehlen, macht es besonders für kleine und mittelständische Unternehmen schwer, hier Fuß zu fassen. Die große Entfernung zu Europa verursacht irrsinnige Kosten. Gerade für kleinere Unternehmen ist das eine große Hürde.

Herr Reinhofer, wir danken für das Gespräch!

17/11/06

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