In jedem deutschen Haushalt werden pro Jahr Lebensmittel im Wert von 236 Euro in den Müll geworfen. Um der Verschwendung entgegenzuwirken, gibt es den Verein Foodsharing. Aktivsten haben in einigen deutschen Städten und im Internet eine Plattform zum Lebensmitteltausch geschaffen.

In gemeinnützigen Einrichtungen vieler deutscher Städte gibt es einen Fair-Teiler. Das ist kein neues elektrisches Haushaltsgerät, sondern einfach nur ein Regal mit Lebensmitteln. Hier können Lebensmittel weggenommen oder abgegeben werden. Solche Regale gibt es auch schon in vielen deutschen Städten.

Das Prinzip des öffentlichen Teilens und Tauschens hat sich zum Beispiel mit Büchern etabliert. Zum Beispiel in einigen Jugendherbergen oder Cafés können die Gäste ihre zu Ende gelesenen Bücher in das Regal stellen und dafür ein anderes Buch mitnehmen. Jetzt gibt es nicht nur Bücherregale, sondern auch Lebensmittelregale, die nach diesem Prinzip funktionieren. Umgesetzt wurde die Idee von Valentin Thurn. Der Filmemacher hatte mit seiner Dokumentation „Taste the Waste“ 2011 die gewaltige Lebensmittelverschwendung in Deutschland thematisiert und den Verein Foodsharing gegründet. Foodsharing ist ein Kompositum aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Essen teilen“.

Lebensmittel abgeben und nehmen

Der gemeinnützige Verein richtet sich an Menschen, die nicht nur Bücher, sondern auch Lebensmittel teilen möchten und damit ein Statement gegen die Verschwendung setzen. Dies ist auf verschiedene Weise möglich. Privatpersonen, Händler, Restaurant- oder Kantinenbesitzer können Lebensmittel im Internet anbieten oder sie zu den Fair-Teilern bringen. Wie es das Kofferwort schon verrät, handelt es sich um einen Verteiler für Lebensmittel – nur eben fair. Das Konzept scheint aufzugehen.

Sie ist foodsharing-Botschafterin von Bayern. In jedem Bundesland gibt einen solchen Posten. Die foodsharing-Botschafter fungieren als Ansprechpartner, organisieren Veranstaltungen, um auf das Verschwendungsproblem aufmerksam zu machen und neue „foodsaver“ zu finden. So werden die Anhänger der Idee genannt, die Lebensmittel zum Tausch anbieten, anstatt sie wegzuwerfen.

236 Euro im Müll

Mit „Idealisten“ meint Merhart bekennende foodsaver. Das sind Verbraucher, die sich Gedanken über die Verschwendung von Lebensmitteln machen. Viele von ihnen sind gut darüber informiert. Sie wissen genau, dass in Deutschland in jedem Haushalt durchschnittlich 82 Kilo Lebensmittel im Wert von ungefähr 236 Euro in den Müll geworfen werden. Das belegt eine Studie vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die 2012 erstmals veröffentlicht wurde.

Auch die Lebensmittelindustrie hat ihren Anteil daran. Zum Beispiel werden in Discount-Bäckereien jeden Tag 25 Prozent der Backwaren weggeworfen. Landwirtschaftliche Erzeugnisse, wie zum Beispiel zu krumme Gurken oder zu kleine Kartoffeln, landen meist direkt nach der Ernte in der Tonne, weil die Händler sie nicht weiterverkaufen möchten. Innerhalb der Europäischen Union dürfen Gurken nicht verkauft werden, die von der Norm abweichen. Ebenso entsprechen zu kleine Kartoffeln nicht den Idealvorstellungen der Verbraucher und Händler.

Überflüssiges Essen zu teilen ist angesichts dieser Fakten eine naheliegende Lösung gegen den Überfluss. Bisher zählt das Foodsharing-Netzwerk 35.305 Mitglieder. Davon gibt es 2.308 so genannte foodsaver, Menschen, die Lebensmittel aus Supermärkten, Restaurants oder Kantinen vor der Mülltonne retten. Die geborgenen, übrigen Lebensmittel stehen dann zum Tausch zur Verfügung. Seit der Gründung von foodsharing wurden ca. 25.000 Kilo Lebensmittel
weiterverteilt.

Essen teilen lohnt sich

Dabei gibt es einige wenige Regeln, die zu beachten sind. Schnell verderbliche Lebensmittel wie Produkte, die Eier enthalten, Schweine- und Rindergehacktes sowie Lebensmittel aus nicht erhitzter Rohmilch dürfen aus hygienischen Gründen nicht zum Tausch angeboten werden. Nudel- und Kartoffelsalate oder Kuchen dürfen nur gekühlt übergeben werden. Außerdem darf kein Lebensmittel mehr weitergegeben werden, wenn das endgültige Verbrauchsdatum überschritten ist. Barbara Merhart weiß, dass Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, können in der Regel noch verzehrt werden. Somit bieten die Fair-Teiler Essen umsonst.

„Manchmal gibt es auch Menschen, die sich nur etwas aus den Fair-Teilern mitnehmen. Da muss man aufpassen, dass diese Leute nicht den kompletten Inhalt einpacken, sodass andere auch noch die Chance haben, etwas zu bekommen. Meistens ist es allerdings so, dass sich die Leute auch selbst mit einbringen, indem sie mal den Fair-Teiler betreuen oder mal aufräumen“, erzählt sie. Die foodsharing-Botschafterin bemüht sich, das Fair-Teiler-Konzept voranzutreiben und verrät, dass sie auch Kontakte zur Lebensmittelüberwachung pflegt. Ihr Ziel ist es, das Prinzip des Teilens selbstverständlich zu machen.

Dabei ist das Internet für den Verein eine große Hilfe. Neben der eigenen Homepage gibt es auch eine Facebook-Seite, mit deren Hilfe foodsharing-Botschafterin Merhart versucht, möglichst viele Menschen auf das Problem Lebensmittelverschwendung und ihren Verein aufmerksam zu machen.

„Auch hier sind zunächst erst die Leute, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Da wir auch immer Informationen zu unseren Aktionen bei Facebook posten und die Öffnungszeiten der Fair-Teiler, inklusive deren Inhalt veröffentlichen, kommen die Leute gerne vorbei.“ Laut der vereinsinternen Statistik sind die meisten Mitglieder von foodsharing Frauen zwischen 20 und 35 Jahren.

Foodsharing hat prominente Unterstützer

Der gemeinnützige Verein wird unter anderem von der Baiersdorf AG unterstüzt. Aus der Betriebskantine des Kosmetikunternehmens wird übrig gebliebenes Essen über die Fair-Teiler weitergegeben. Barbara Merhart weiß ganz genau, warum es sich lohnt, sein Essen mit anderen Menschen zu teilen: „Es reduziert die Lebensmittelverschwendung, es ist nachhaltig, man kann Geld sparen, und das fühlt sich einfach toll an.“

Von Dominik Vorhölter

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