Im Rahmen seiner Deutschlandvisite unterzeichnete der kasachische Stellvertretende Premierminister und Minister für Industrie und Neue Technologien, Aset Isekeschew, im Mai 2011 zusammen mit dem Bundeswirtschafts-minister Philipp Rösler Verträge im Wert von über einer Milliarde Euro. Beide unterschrieben ein Memorandum of Understanding über die Rohstoffpartnerschaft beider Länder. Kasachstan ist nach Russland, Großbritannien und Norwegen der viertgrößte Erdöllieferant Deutschlands. So wird Astana zukünftig nicht nur Energie, sondern auch seltene Erden für die Schlüsseltechnologien der deutschen Wirtschaft liefern.

Mit diesen und anderen Fragen der Modernisierungs- und Innovationspartnerschaft befasste sich der Deutsch-Kasachische Wirtschaftsrat, der anlässlich des Astana-Besuchs der Kanzlerin Angela Merkel im Juli 2010 ins Leben gerufen worden war.

Mitbegründet wurde er auch vom Delegiertenbüro der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien sowie dem Deutschen Wirtschaftsklub in Kasachstan. Die deutsch-kasachischen Beziehungen sind gut, und sie werden immer intensiver. Und dies nicht erst seit dem Kasachstan-Jahr in Deutschland 2009 und dem anschließenden Deutschland-Jahr in Kasachstan 2010, die in beiden Ländern eine Fülle an wirtschaftlichen, politischen sowie kulturellen Veranstaltungen mit sich brachten. Das 2003 gestartete deutsche Programm zur Fortbildung kasachischer Nachwuchskräfte wurde kürzlich bis 2013 verlängert. Im Nachkrisenjahr 2010 belief sich das bilaterale Handelsvolumen auf 5,2 Milliarden Euro. Tendenz steigend. Das postsowjetische, muslimische und marktwirtschaftlich orientierte Land Kasachstan verzeichnete zwischen 2000 und 2008 zeitweise zweistellige Wachstumsraten. Insbesondere der kasachische Bankensektor galt lange Jahre in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) als vorbildlich. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle bezeichnete Kasachstan deshalb als das wirtschaftliche Kraftzentrum Zentralasiens. Auf dem Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsforum im Juli 2010 in Astana, an dem neben Angela Merkel und Präsident Nasarbajew mehr als 500 Unternehmer teilnahmen, wurden Verträge und Abkommen mit einem Gesamtvolumen von mehr als zwei Milliarden Euro unterzeichnet. Die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern sind seit über zehn Jahren erfolgreich in Kasachstan tätig. Der für 2012 anstehende Kasachstanbesuch des hessischen Ministerpräsidenten Volker Buffier mit einer Wirtschaftsdelegation wird zurzeit mit dem kasachischen Generalkonsul Achat Alpysbajew erörtert. Präsident Nursultan Nasarbajew wird für den Herbst 2011 in Berlin erwartet. Am 20. Juli 2011 hat der kasachische Außenminister Jerschan Kasychanow zuletzt seinen deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle in Berlin getroffen.

1994 wurde die Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft in Kasachstan eröffnet, die 2008 zur Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien erweitert wurde. Seit 1999 wird in Almaty alljährlich der durch den deutschen Wirtschaftsklub mitorganisierte Tag der Deutschen Wirtschaft begangen. Neben großen Firmen wie Siemens, Thyssen Krupp, BASF, Metro, Bosch und SMS Siemag ist der deutsche Mittelstand breit vertreten. Insgesamt gibt es in Kasachstan rund 800 deutsche Firmen. In das neuntgrößte Land der Erde werden traditionell Maschinen und Anlagen, Autos und Kfz-Ersatzteile, Elektronik und Elektrotechnik, Arzneimittel sowie Mess- und Regelungstechnik geliefert. Nach dem durch die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 sowie auch durch hausgemachte Turbulenzen bedingten Einbruch zieht nun der Handel wieder an.

Die günstigen makroökonomischen Daten aus dem Jahr 2010 – die Wirtschaft wuchs um sieben Prozent, die Arbeitslosenquote betrug 5,5 Prozent bei einer moderaten Inflationsrate – verstärkten den Aufwärtstrend. Die kasachische Regierung geht derzeit von einem Ölpreis in Höhe vom 65 US-Dollar pro Barrel (158 Liter) als Referenzwert für ihre Haushaltsplanungen aus. Mit Hilfe des staatlichen Programms für die beschleunigte industriell-innovative Entwicklung 2010 bis 2014, der sog. „Karte der Industrialisierung“, der Strategie 2030, Infrastrukturmaßnahmen sowie der Errichtung von sechs Sonderwirtschaftszonen gelang es Kasachstan, schneller als erwartet aus der Krise herauszukommen. Ehrgeizig und ambitioniert arbeitet man die Pläne ab und sucht durch wirtschaftliche Diversifizierungsvorgaben das kleine und mittlere Unternehmertum (KMU) voranzubringen. Von Bedeutung waren die Restrukturierung des Bankensektors, die Wiederbelebung der Kreditvergabe sowie die Bewahrung der Währungsstabilität. Das Logistikprojekt „Internationaler Transitkorridor Westeuropa – Westchina“ wird wichtig, das eine schnellere Beförderung von Gütern über die 8445 Kilometer lange Strecke zwischen der Europäischen Union und China beinhaltet und Schätzungen zufolge bis 2020 zu einer Verdoppelung des Gütertransports führen wird. Die zügige Umsetzung des Nabucco-Projekts, das Europa mit Energie auch aus Zentralasien versorgen soll, ist ebenfalls zukunftsweisend. Die Wiedergewährung der deutschen Exportkreditgarantien (Hermes-Bürgschaften) für Kasachstan setzt eine Lösung in der Bankenfrage voraus.

Das 16 Millionen Einwohner zählende Binnenland Kasachstan ist als Rohstoffexporteur sowie China- und Russlandanrainer an guten außenpolitischen Beziehungen interessiert. Neben einer vertieften Wirtschaftsintegration durch bilaterale und multilaterale Abkommen, einer Nonproliferationspolitik sowie einem militär- und sicherheitspolitischen Engagement sowohl auf regionaler Ebene, als auch im Rahmen der Nato-Strategie Partnerschaft für den Frieden sieht sich Kasachstan als ein Brückenstaat mit eurasischer Identität. Innenpolitisch dominieren in dem Vielvölkerstaat Wirtschaftswachstum, ethnische und religiöse Toleranz sowie Stabilitätsaspekte. 2011 leitet Kasachstan die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) sowie die Organisation für Islamische Zusammenarbeit. Im Dezember 2011 wird in Bonn unter kasachischer Beteiligung eine Afghanistan-Konferenz zum Thema humanitäre Hilfe und Konflikteindämmung stattfinden.

Im Januar/Februar 2011 hat Kasachstan die 7. Asiatischen Winterspiele (Asiade) veranstaltet, mit denen es sich als Ausrichter für die 24. Olympischen Winterspiele im Jahr 2022 empfehlen möchte. Im Dezember diesen Jahres feiert Kasachstan den 20. Jahrestag der Unabhängigkeit und es gilt die Losung: Erst die Wirtschaft, dann die Politik.

Von Konstantin Dallibor

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