Was macht einen Mann eigentlich zum Vater – sind es seine Gene oder die Liebe, die er einem Kind schenkt? Es ist eine der zentralen Fragen, die Lukas Bärfuss in seinem Drama„Die Probe“ stellt. Am 18. Mai feierte das Stück Premiere im Deutschen Theater in Almaty.

/Bild: Antonie Rietzschel.’Franzeck (Alexander Krasnikow, r.) möchte, dass Peters Frau Agnes (Anastasia Loschmanowa, l.) sich ihm anvertraut.’/

Es war nicht mehr als ein kleiner Zweifel, eine kleine Irritation, die Peter Korach die Probe machen ließ, einen Vaterschaftstest, der einen heute mit Hilfe von Hautschuppe, Locke oder Speichel zum Vater macht – oder eben nicht. Jetzt steht der junge Mann wie ein bedrohlicher Schatten auf der dunklen Bühne, spuckt und würgt Worte voller Hass: „Sie hat mich angegrinst, hat mich getätschelt, ist mir über den Kopf gefahren, und das Grinsen war das Grinsen über die Freude, wie erfolgreich sie mir ihren Scheißer untergejubelt hat, und ich, ich war stolz darauf.“ Der Zweifel ist zur Gewissheit geworden: Das Kind, das er gewickelt hat, dem er tröstende Worte zufl üsterte, wenn es des Nachts schrie, ist von einem Anderen.

Beginn einer Katastrophe

Tief getroffen zieht sich Peter Korach zu seinem Vater Simon zurück. Doch der steckt gerade mitten im Wahlkampf und ist mit den, seiner Meinung nach, sehr leinbürgerlichen Problemen des Sohnes völlig überfordert. Die Familienidylle, die diesen einst eingehüllt hat, bezeichnet der iberale Altachtundsechziger als einen Käfig, aus dem sich seine Generation mühsam befreit hätte. Simon Korach lässt seine Frau Helle aus Indien einfl iegen, wo sie in einem empel „atmen“ lernt. Die ganze Familie ist versammelt, und die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

Der Einzige, der hier noch hoff en kann, ist ranzeck, der politische Berater von Simon Korach. Er ist ein schmieriger Kerl, von fast hündischem Gehorsam gegenüber seinem erren, der ihn aufgenommen hat, nachdem er im Suff ein Mädchen totgefahren hat. Franzeck, das ungeliebte Schlüsselkind fand in dem Politiker Mutter und Vater gleichzeitig. Nun hoff t er, dass die Familie Korach ihn doptiert und Peters völlig verzweifelte Frau Agnes sich ihm anvertraut. Es war Franzeck, der Zweifel an der Vaterschaft aufkommen ließ: „Sicher könne man sich nie sein“, sagte er zu dem stolzen Vater, als dieser den Kinderwagen durch den Park schob.

Was bleibt

Es ist besonders die Figur des Franzeck, die dem Zuschauer nach dem Besuch der Aufführung des Stückes „Die Probe“ im Gedächtnis bleibt. Auch wenn Alexander Krasnikows Zunge des öfteren mit dem schwierigen Text kämpft, seine Darstellung weckt tiefe Abscheu, gleichzeitig aber auch Mitleid. Franzeck gehorcht seinem Herren, auch als dieser sich am Ende gegen sein Geschöpf wendet, es zur Selbstzerstörung zwingt.

Er ist das letzte Opfer der Wahrheit, die in Lukas Bärfuss` Stück innerhalb von kürzester Zeit Liebe und Vertrauen tötet, also alles, was eine Familie zusammenhält. Zurück bleibt ein Kind, dass nun niemand mehr haben will. Es schreit hilfl os. Als es verstummt, kommt man nur langsam wieder zu ich. So viele Fragen, so viel Schmerz – das Ensemble des Deutschen Theaters hat sich dem auf eindrucksvolle Weise gestellt.

Von Antonie Rietzschel

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