Wenn in Istanbul jeweils an einem Tag im Oktober die Bosporusbrücke für den Autoverkehr gesperrt ist, wissen die Einheimischen: Es ist Marathontag. Zum traditionellen türkischen Eurasia-Marathon schwärmen seit Jahren Läufer aus aller Welt. Aber auch der etwas kürzere Volkslauf, den dieses Jahr eine Türkin für sich entscheiden konnte, erfreut sich immer größerer Beliebtheit.

Wenn in Istanbul jeweils an einem Tag im Oktober die Bosporusbrücke für den Autoverkehr gesperrt ist, wissen die Einheimischen: Es ist Marathontag. Zum traditionellen türkischen Eurasia-Marathon schwärmen seit Jahren Läufer aus aller Welt. Aber auch der etwas kürzere Volkslauf, den dieses Jahr eine Türkin für sich entscheiden konnte, erfreut sich immer größerer Beliebtheit.

Wussten Sie schon, dass man einmal im Jahr ohne Grenzwache und Zollerklärung jeweils Anfang Oktober unbeschwert von Asien nach Europa gelangen kann? Bereits seit 27 Jahren findet am Bosporus der Eurasia-Marathon in Istanbul statt. Traditionell startet das Läuferfeld auf der asiatischen Seite in unmittelbarer Nähe der Bosporusbrücke, die Mittel- und Schwarzes Meer überspannt und damit Europa mit Asien verbindet. Vorbei an historischen Sehenswürdigkeiten und der eindrucksvollen Moscheenskyline der türkischen Metropole, erreicht das Läuferfeld nach einem Rundkurs von 42,195 Kilometern sein Ziel im Inoenue-Stadion in der europäischen Neustadt.

Volkslauf für guten Zweck

Zeitgleich mit den 500 Startern des Eurasia-Marathons liefen auch die Amateure in der türkischen Metropole beim Volkslauf um die Wette. Dieser ist viel lebhafter und besser besucht als der Marathon und führt über 15 Kilometer auf Teilen der Strecke des Hauptereignisses. Jedes Jahr schwitzen die Läufer unter einem ausgewählten Motto und ihre Startgelder werden für gute Zwecke gespendet. Beispielsweise für Flüchtlinge in Bosnien, für Projekte gegen das Waldsterben in Eurasien oder für die Straßenkinder in der Südosttürkei. Dieses Jahr widmeten die Organisatoren den Eurasia-Marathon dem Weltfrieden. Gemäß dem Motto wurden beim Start in Asien nicht nur Ballons, sondern auch Friedenstauben in den Himmel geschickt. Auf der europäischen Seite der Bosporusbrücke war der Ablauf weniger friedlich. Hier skandierten 22 junge Menschen in Weiß gekleidet: „Das Kopftuch ist unser Recht und unsere Ehre – wir kämpfen für unser Recht!“ Die Polizei löste die Demonstration auf. Aber davon ließen sich die Sportler nicht beirren. Offiziell liefen heuer 2000 Personen beim Volksmarathon mit, den Sieg in der jeweiligen Kategorie sicherten sich ein Äthiopier und eine Türkin.

Einmal mehr die Kenianer

Den Eurasia-Marathon nehmen die Läufer allerdings nicht nur für den Weltfrieden in Angriff. Hier geht es neben Prestige auch um gutes Geld. Das Starterfeld prägte ein bunter euroasiatischer Mix aller Nationalitäten. Neben den zahlreichen Einheimischen und vielen Teilnehmern aus den Nachbarländern Rumänien und Bulgarien, waren in Istanbul Läufer aus Deutschland, England, Frankreich, Aserbaidschan, Armenien, Japan und gar der Mongolei am Start. Die meisten Ausländer waren jedoch westeuropäischer Herkunft. Für sie ist Istanbul ein attraktiver touristischer Abstecher. Zudem bietet sich hier für marathonverrückte Europäer trotz wenig bestzeitverdächtiger Strecke die Gelegenheit, einen Marathon auf zwei Kontinenten zu absolvieren. Überraschenderweise war kein Starter aus den zentralasiatischen Republiken Kasachstan, Usbekistan und Kirgisien gemeldet. Bleibt hier neben dem Alltag zu wenig Zeit zum Lauftraining, boomen andere Sportarten oder hat es sich noch nicht rumgesprochen, dass dem Sieger des Eurasia-Marathons 30.000 US-Dollar winken? Für einen neuen Streckenrekord sind nochmals 5.000 Dollar ausgesetzt, und der Zehntplatzierte kriegt immerhin noch 1.000 Dollar.

In der Männerwertung der diesjährigen Auflage des Eurasia-Marathons vom 2. Oktober gab es einen Dreifachtriumph für Kenia: Joseph Mbithi sicherte sich den Sieg, gefolgt von zwei seiner Landsleute. Die Frauenwertung gewann überraschend die 41-jährige Russin Madina Biktagirowa. Auch für das Fußvolk, das nicht am Marathon teilnimmt, ist dieser ein besonderes Ereignis. Jedes Jahr genießen tausende Istanbuler am Marathontag seit dessen erstmaliger Ausrichtung 1979 die einmalige Möglichkeit, gemütlich über die für den Autoverkehr gesperrte Bosporusbrücke von Asien nach Europa zu schlendern.

14/10/05

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