Allmählich scheint sich die drastische Abwertung des US-Dollars gegenüber den wichtigsten Währungen in Richtung Weltproblem zu entwickeln. Zum Euro bewegt sich der Dollar an die magische, noch vor kurzer Zeit für absolut unmöglich gehaltene 1,50-Dollar-Grenze heran, 1,80 Dollar, vielleicht sogar schon zwei für einen Euro können nicht mehr ausgeschlossen werden.

Glücklich ist darüber eigentlich niemand, außer den relativ wenigen exportorientierten US-Firmen. Deren Waren werden im Ausland in der jeweiligen Landeswährung billiger und werden entsprechend mehr gekauft. Zu 99 % aber überwiegt Ratlosigkeit, teilweise sogar Verzweiflung. Viele deutsche Firmen, die zum Beispiel in Deutschland in Euro produzieren, ihre Waren aber in den USA für Dollar verkaufen, haben horrende Verluste. Das kann natürlich nur kurze Zeit gut gehen. Früher oder später muss diese Produktion entweder eingestellt oder direkt in den Dollarraum verlagert werden, um den Währungsverlusten zu entgehen. Bisher versuchen solche Unternehmen wie Airbus oder Volkswagen durch drastische Rationalisierungsmaßnahmen das Gröbste zu verhindern. Arbeitsplatzabbau ist dabei fast immer eine zentrale Komponente. Zwar liefern Unternehmen der Eurozone nur 13 Prozent ihrer Exporte in den Dollarraum, doch über weltweite Lieferbeziehungen und wechselseitige Waren-Dollar-Beziehungen (z. B. China – USA), wirkt ein schwacher Dollar stärker, als es die 13 % Anteil vermuten lassen.Man kann davon ausgehen, dass wir Zeuge eines am Anfang stehenden Prozesses der grundlegenden Umstrukturierung der Weltwährungsbeziehungen sind. Der US-Dollar als weltweit wichtigstes Zahlungs- und Reservemittel verlässt schrittweise die Weltbühne und wird wohl einem Bündel anderer harter Währungen das Feld lassen müssen. Das ist, wirtschaftsgeschichtlich gesehen, nun eigentlich nichts Besonderes und aus Sicht der aktuellen Weltwirtschaft auch eher wünschenswert. So war im 17. und 18. Jahrhundert der holländische Gulden die wichtigste Weltwährung, danach bis Anfang der 1930er Jahre das Britische Pfund. Die Ära des US-Dollar als offiziell wichtigste Währung begann 1944 mit dem Unterzeichnen des Abkommens von Bretton Woods, das offiziell 1976 aufgehoben wurde. Letzteres hat dem „Green Back“ bisher nicht geschadet, auch inoffiziell war er unumstritten die Nummer eins in den internationalen Währungsprozessen.

Beunruhigend ist keinesfalls, dass der Einfluss des Dollar schwindet; das Problem ist das Tempo, mit dem das vor sich geht. Zur Einführung des Euro vor lediglich acht Jahren bekam man für einen Euro nur 85 Dollar-Cent, heute sind es etwa 60 Dollar-Cent mehr. Damit hat der Dollar zu der damals von vielen belächelten neuen Währung in einem extrem kurzen Zeitraum enorm an Wert verloren. Bei einem solchen Abwertungstempo kann kaum ein Unternehmen mit entsprechenden Gegenmaßnahmen gegensteuern und muss der Entwicklung größtenteils hilflos zusehen. Airbus beispielsweise hat im vorigen Jahr ein Rationalsalisierungspaket geschnürt, das Kosteneinsparungen von 2 Milliarden Euro bis 2010 vorsah. Um diese Größe zu erreichen, müssen 10 000 Arbeitsplätze gestrichen und 7 der 16 Airbuswerke verkauft werden. Dieses Programm ging allerdings von einem Kurs von 1,35 Dollar pro Euro aus. Das aber ist heute mehr als überholt. Beim aktuellen Kurs von 1,47 Dollar fehlen dem Konzern zusätzlich fast 1,5 Milliarden Euro.Die allgemeinen Ursachen des Dollarverfalls sind mittlerweile klar: die Welt traut der US-Wirtschaft nicht mehr zu, zu ihrer alten Stärke zurückzufinden. Geld drückt ja nur den Zustand der Realwirtschaft aus. Und da sieht es in den USA tendenziell düster aus. Außer Flugtechnik, Großcomputern und Waffen wird – vereinfacht gesagt – in den USA ja kaum noch etwas produziert. „IBM“ hat die PC-Produktion vollständig an chinesische Firmen verkauft, der neue „iPod“ von „Apple“ wird natürlich in China produziert, so wie auch ein großer Teil von Spielzeug, Autos und elektronischen Konsumgütern aus Asien kommt. Nach der Stahl- und Papierindustrie steht nun auch die amerikanische Autoindustrie vor der Schicksalsfrage: Sein oder Nichtsein? Viele Zeichen deuten eher auf Letzteres, auf jeden Fall ist einer der großen Autokonzerne zuviel am Markt.

Zum Produktionsabbau kommt nun die Immobileinkrise hinzu, deren Ende nicht abzuschätzen ist und die leicht auf die Konsumentenkredite übergreifen kann. Schließlich hat jeder amerikanische Durchschnittshaushalt Schulden in Höhe von etwa 120 % seines Einkommens. 14 % des laufenden Einkommens müssen bereits für den Schuldendienst aufgewendet werden und stehen so dem Konsum nicht zur Verfügung. Es scheint soweit zu sein, dass das „Schiefgehen“ beginnt. Seit Jahrzehnten leben die USA wirtschaftlich über ihre Verhältnisse, was sich im stetig wachsenden Defizit der Außenhandelsbilanz ausdrückt. Wurden 1993 „nur“ für 70 Milliarden Dollar mehr Waren importiert als exportiert, stieg diese Größe in 2006 auf 759 Mrd. Dollar. Das Wort „enorm“ dafür ist eher eine Untertreibung. Hinzu kommen noch die drastische Staatsverschuldung von etwa 9 Billionen Dollar und die Ignorierung der Probleme durch den Präsidenten und seine engsten Berater.Eine Schlüsselrolle bei der Rettung der USA und der Weltwirtschaft kommt jetzt China zu. Es ist schon irgendwie eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet das offiziell noch kommunistische China das Mutterland der Marktwirtschaft in der Hand hat. Und das vor allem mit Hilfe….? Des US-Dollars! Davon hat China mittlerweile soviel angehäuft (1,4 Billionen), dass es durch den Verkauf auch nur einen Teils davon den Dollar weiter auf Talfahrt schicken und so jederzeit ein Finanzbeben auslösen könnte. Wir können froh sein, dass China im Moment (!) wirtschaftlich objektiv daran kaum interessiert sein kann. Schließlich sind die USA der größte Abnehmer chinesischer Waren. Außerdem würde eine weitere Abwertung des Dollar die restlichen eigenen Devisenreserven stark entwerten. Es ist also eher von einer weiteren schleichenden Entthronung des Dollar auszugehen. Das ließe im Vergleich zum schnellen Absturz des Dollar („Defolt“) noch die Chance wenigstens irgendwelchen Agierens. Diese Chance besteht aber nur, wenn der USA-Präsident ausreichend freundlich zu China ist. Fragezeichen!

Bodo Lochmann

07/12/07

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