Eine neue gesellschaftliche Organisation, die Unionsgesellschaft der Sowjetdeutschen „Wiedergeburt“, ist in der UdSSR gegründet worden. Dies ist die erste gesellschaftliche Vereinigung in der Sowjetunion, der nationale Zugehörigkeit zugrunde liegt.

Die Gründungskonferenz der Gesellschaft ging mit der Annahme eines Statuts und eines Programms in Moskau zu Ende. Die 105 Delegierten, die über zwei Millionen Sowjetdeutsche vertraten, erörterten aktuelle Fragen der Erhaltung und Entwicklung der nationalen Kultur, der Sprache und der Traditionen. Die Gesellschaft sieht eines ihrer Ziele darin, zur Wiederherstellung der Autonomie der Sowjetdeutschen beizutragen. Vom Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft wurde der Wissenschaftler Heinrich Grout gewählt.

Der Wiedergeburt-Kovorsitzende Juri Haar betonte in einem TASS-Gespräch, dass die neue Organisation die kardinalen Prozesse der Umgestaltung und der Offenheit der Sowjetunion unterstützt und darauf hofft, dass sie auch die Lösung der Probleme der Sowjetdeutschen begünstigen werden. In diesem Zusammenhang werden große Hoffnungen mit dem für dieses Jahr vorgesehenen Plenum des ZK der KPdSU verbunden, das Fragen der Beziehungen zwischen den Nationalitäten in der UdSSR erörtern wird.

„Unsere Gesellschaft will sich nicht durch einen engen nationalitätsgebundenen Rahmen abschotten, betonte Juri Haar. Zum Mitglied der Wiedergeburt darf jeder UdSSR- Bürger unabhängig von Nationalität werden, der das Statut und das Programm der Gesellschaft unterstützt.

In letzter Zeit ist bekanntlich die Emigration der Sowjetdeutschen in die BRD gestiegen. „Wir sind gegen die massenhafte Ausreise unserer Landleute, dies ist eine Katastrophe für die Sowjetdeutschen“, erklärte der Wiedergeburt-Kovorsitzende. „Mehr noch: Wir bekommen zahlreiche Briefe unserer Landsleute, die schreiben, dass sie mit Freude in die UdSSR zurückkehren würden, wenn die Autonomie der Sowjetdeutschen wiederhergestellt wird. Dies ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass die Deutschen seit mehr als zwei Jahrhunderten in Russland leben“, sagte Juri Haar. „Das ist unsere Heimat, das ist das Land, in dem unsere Vorfahren lebten und unsere Kinder leben.“

Gestern hat in Moskau die Gründungskonferenz der gesellschaftlich-politischen Organisation der Sowjetdeutschen ,,Wiedergeburt‘‘ ihre Arbeit abgeschlossen. An der Konferenz waren 105 Delegierte aus verschiedenen Regionen des Landes beteiligt. Wir verbanden uns mit unserem Moskauer Korrespondenten Victor Herdt und baten ihn, einige Fragen zu beantworten.

Moskau Gründungsversammlung.

Sagen Sie zuallererst: Welche Regionen waren auf der Gründungskonferenz vertreten?
Die Vertreter der Sowjetdeutschen kamen aus dem Wolgagebiet, aus der Altairegion, aus dem Gebiet Omsk, aus Kasachstan, Moldawien, der Ukraine und anderen Gebieten unseres Landes, wo die Sowjetdeutschen mehr oder weniger kompakt leben.

Wie verlief die Konferenz, welche Fragen wurden besprochen?

Am ersten Tag erstattete Heinrich Grout, Vorsitzender des Koordinierungszentrums zur Unterstützung der Regierung bei der Wiederherstellung der Autonomen Republik der Sowjetdeutschen einen Rechenschaftsbericht über die Tätigkeit der Organisation im Zeitraum von November 1988 bis März 1989. Hugo Wormsbecher sprach über die heutige Lage und Probleme der Sowjetdeutschen, darauf folgten Berichte der regionalen Abteilungen des Koordinierungszentrums.

Am 29. März wurde das Projekt des Status der Organisation diskutiert und bestätigt. Die wichtigsten Aufgaben dieser Organisation, heißt es im Statut, sind die Wiederherstellung der deutschen Autonomie an der Wolga, die Wiederherstellung und Gründung der nationalen Rayons in Gebieten, wo Sowjetdeutsche mehr oder weniger kompakt angesiedelt sind, die Pflege der deutschen Muttersprache und deutschen nationalen Kultur, Literatur und Kunst. Die Organisation will im engsten Kontakt mit den Partei- und Staatsorganen zusammenarbeiten.

Es wurde auch ein Brief der Konferenzdelegierten an die Bevölkerung des Wolga-Gebiets, d. h. des ehemaligen Territoriums der ASSRdWD aufgestellt. Die wichtigsten Punkte dieses Briefs sind: die Wiederherstellung der Autonomie der Sowjetdeutschen wäre eine Akt der Gerechtigkeit, der vollen Rehabilitierung der Sowjetdeutschen, die örtliche Bevölkerung könne auf die internationalistischen Traditionen der Sowjetdeutschen bauen, die nie Ungerechtigkeit gegenüber anderen Nationalitäten zulassen würden, da sie nicht vom Hörensagen wissen, was für Folgen eine beliebige Ungerechtigkeit nach sich ziehen kann; die Sowjetdeutschen würde sich dann Hand in Hand mit der örtlichen Bevölkerung an der Umgestaltung, an der Verwirklichung der Beschlüsse der Partei und Regierung beteiligen.

Am dritten Tag, d. h. am 31. März, wurde ein Brief an das Plenum des ZK der KPdSU, das im Sommer laufenden Jahres stattfinden und Probleme der zwischennationalen Beziehungen erörtern soll, aufgefaßt, den Vertretern des ZK der KPdSU und des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR überreicht worden ist.

Waren auch Vertreter der Partei zugegen?

Ja, es war der verantwortliche Mitarbeiter des ZK der KPdSU W. A. Aumann anwesend, der dann zu den Delegierten sprach.

Was war der Inhalt seiner Rede?

Er unterstrich zum Beispiel, daß die Gerechtigkeit nur in dem Falle Realität werden wird, wenn das ganze sowjetdeutsche Volk rehabilitiert wird. Daran arbeite man im ZK und in der Regierung, denn die Partei und die Regierung seien an der Lösung der Probleme der Sowjetdeutschen nicht minder als die Konferenzdelegierten interessiert.

Einen gewissen Höhepunkt bildete die Ansprache des Akademiemitgleids Boris Rauschenbach. Er erzählte über sein Schicksal, das fast alle Sowjetdeutschen teilten. Er hob hervor, daß die Gründung nationaler Rayons ohne die Wiederherstellung der Republik nicht zum erwünschten Ziele führen würde.

In erster Linie müßte ein Kulturzentrum in Form einer autonomen Republik geschaffen werden, wo dann Fachleute für verschiedene Lebensbereiche der nationalen Rayons ausgebildet werden könnten.

Wie ist nun die Stimmung unter den Konferenzteilnehmern?

Die Konferenzdelegierten sind, glaube ich, optimistisch gestimmt… Kann mit einem Verständnis der Regierung für das Endziel der Organisation gerechnet werden? Diese Hoffnung besteht auf jeden Fall.

Vielen Dank!

Freundschaft, Nr. 64 / 1. April 1989

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