Wolfgang Lötzsch ist Radsportler – und eines der größten Talente in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Er will den Erfolg, doch anpassen  wird er sich nicht. Das macht ihn verdächtig und ruft den DDR-Geheimdienst, die Staatssicherheit, auf den Plan. Der Dokumentarfilm „Sportsfreund Lötzsch“ gilt als eine der genauesten Arbeiten über politische Repression in der DDR.

/Bild: Veranstalter. ‚Sportsfreund Lötzsch: Verhinderte DDR-Radsport-Hoffnung.’/

1970 feiert Wolfgang Lötzsch, damals 18 Jahre alt, seinen ersten großen Erfolg bei der DDR-Spartakiade in Berlin. 550 Radsport-Siege sollten es werden bis zum Ende seiner aktiven Laufbahn. Doch Lötzsch steht alles andere als eine gerade Karriere bevor.

Sein Cousin, auch er ein Radsportler, hat sich in den sechziger Jahren in den Westen abgesetzt. Er selbst gilt als „politisch unklar”. Er sperrt sich gegen die „ideologische Erziehungsarbeit”, und er weigert sich, in die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) einzutreten. Aber nur Parteimitglieder dürfen an großen internationalen Veranstaltungen teilnehmen.

Den Funktionären und dem Ministerium für Staatssicherheit (kurz Stasi) wird dieser Mann immer verdächtiger, und im gleichen Maß wächst auch umgekehrt seine Aversion gegen den Staat. Bald gehört Lötzsch nicht mehr den Kadern des Leistungssports an, er kann seinen Sport nur noch in der Betriebssport-Gruppe ausüben. 1972 wird er „ausdelegiert”. „Danach warst du hier tot!”, sagt er.

1977 macht Lötzsch seinen Fall in westlichen Medien bekannt. Ein Lockvogel der Stasi, der ihm angeblich eine Flucht in den Westen ermöglichen kann, versucht ihn zu überlisten. Lötzsch wird  wegen „mehrfach begangener Staatsverleumdung” zu zehn Monaten Haft verurteilt.

Sandra Prechtel und Sascha Hilpert haben diese Lebensgeschichte in Interviews und Archivaufnahmen nachgezeichnet. Sie tun dies in sachlicher Manier. Zu Wort kommen seine Trainer, seine Weggefährten – und sein Stasi-Major.

Doch der zeigt auch im Nachhinein nicht die geringste Einsicht, im Gegenteil. Er biegt sich die Vorfälle zurecht und behauptet, man habe Lötzsch „schützen” und „Schaden abwenden” wollen. Noch selten hat sich ein ranghoher Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatsicherheit so unverblümt vor einer Kamera geäußert. Die Filmemacher berichten das nüchtern, doch man sieht im Bild, dass dem Mann der Schweiß auf der Stirn steht. Hier spricht jemand, der weiß, dass er lügt.

Wolfgang Lötzsch ist ein stiller Mensch geworden, einer der nicht mehr redet als nötig. Er ist jemand, der um seine Chancen und um seine Hoffnungen betrogen worden ist. Als 1989 die Mauer fällt, ist er schon zu alt für eine internationale Karriere. Er arbeitet als Mechaniker für verschiedene Radprofi-Rennställe. Und immer wieder sieht man ihn auf dem Rad bei langen Fahrten durch die Landschaft – „als könnte er so ein Freiheitsgefühl buchstäblich ´erfahren´, das er so lange vermisst hatte“ (Hans Günter Pflaum).

„Ein starker Film“, schrieb der SPIEGEL, denn es „gelingt nämlich, eine himmelschreiende Ungerechtigkeit der DDR zu beschreiben – ohne jedoch das Land zu dämonisieren.“ Der Film gewann 2007 den Publikumspreis auf dem Leipziger Dokumentarfilmfestival.

Das Goethe-Institut Almaty zeigt den Film am 2. April um 18:00 im Kino Caesar.

Von Günther Hasenkamp

27/03/09

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