An der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU) hat das neue Studienjahr mit einem Führungswechsel begonnen. Der neue Rektor und Volkswirtschaftler Bodo Lochmann will an der Universität nach deutschen Lehrplänen ausbilden und in absehbarer Zeit eine technische Fakultät aufbauen. Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert Bodo Lochmann seine Pläne.

Die Deutsch-Kasachische Universität (DKU) wurde 1999 von mehreren Deutschen und Kasachen gegründet und bis Ende August diesen Jahres von der Chemnitzerin Ines Berger geführt. Die Hochschule hat im Moment etwa 240 Studenten und 50 Lehrkräfte. Seit September 2005 bildet sie nach deutschen Lehrplänen aus. Grundlage dafür ist eine Vereinbahrung zwischen der kasachischen und deutschen Regierung, die der DKU einen Sonderstatus einräumt. Ende September zieht die Universität in ihr neues Gebäude in der Puschkin-Straße 111/113 um.

DAZ: Herr Lochmann, wie lief der erste Monat als neuer Rektor? Worin sehen Sie zunächst die dringlichsten Aufgaben?
Bodo Lochmann: „Das neue Semester hat gut begonnen, wir haben in diesem Jahr 60 neue Studenten und 25 Fernstudenten aufgenommen und hatten doppelt so viele Bewerbungen wie Studienplätze. Ich habe die Position des Rektors von Prof. Gerhard Huber übernommen. Ines Berger, die die DKU praktisch geführt hat, ist nach zehn Jahren in Kasachstan zurück nach Deutschland gegangen und wird jetzt in Deutschland für die DKU unter anderem Kontaktgespräche führen und sich weiter für uns einsetzen. Ein wichtiger strategischer Schwerpunkt im Moment ist die Einarbeitung und das Training unserer neuen Mitarbeiter. Zuallererst müssen wir jetzt jedoch den Umzug über die Bühne bekommen.“
DAZ: Wird die DKU in nächster Zeit umziehen?
Bodo Lochmann: „Ja, wir packen schon Kisten. In der kommenden Woche werden wir in unser neues Gebäude in der Puschkin-Straße 111, Ecke Dschambul-Straße, ziehen. Gemäß einer Vereinbahrung zwischen kasachischer und deutscher Seite, die im Beisein von Präsident Nursultan Nasarbajew und Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahre 2003 unterzeichnet wurde, bekommt die DKU neben einem Sonderstatus auch ein eigenes Gebäude vom kasachischen Staat. Am 20. September haben wir den Mietvertrag unterschrieben. Nur der Auszug der Vorgänger zieht sich leider noch hin. Auch wenn noch einige Reparaturen nötig sind, können wir dort wesentlich billiger mieten – zu einem Viertel unseres jetzigen Mietpreises im Haus in der Furmanow-Straße. Für den 14. Oktober ist die feierliche Einweihung des neuen Gebäudes geplant.“
DAZ: Was sind Ihre Pläne für das neue Studienjahr?
Bodo Lochmann: „Unser Ziel ist, die Studenten nach deutschen bzw. europäischen Lehrplänen zu unterrichten.  Damit fangen wir in diesem Jahr bei den Erstsemester-Studenten an. Unsere bisher vom kasachischen Bildungsministerium vorgegebenen Unterrichtsinhalte müssen nach europäischen Kriterien überarbeitet werden. Damit können wir uns nicht nur einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen Hochschulen verschaffen, wir können vor allem wesentlich praxisnäher ausbilden und den Unternehmern Absolventen liefern, die sich schneller als bisher in die Anforderungen der Praxis einarbeiten können. Unser mittelfristiges Ziel ist, eine technische Fakultät aufzubauen. Das wurde der deutschen Seite von Seiten Kasachstans zugesagt. Doch ohne breites Engagement sowohl von staatlicher als auch privatwirtschaftlicher Seite ist das nicht möglich, dazu brauchen wir Know-How und Technik aus Deutschland, um beispielsweise Laboratorien einrichten zu können. Bisher konnte jedoch nicht mit den Arbeiten begonnen werden, da die Räumlichkeiten fehlten. Die genaue Ausrichtung der neuen Fakultät wird sich nach den Bedürfnissen der Wirtschaft und unseren finanziellen Möglichkeiten richten. Am Anfang könnten Fächer wie Telekommunikation angeboten werden, später könnte auch Maschinenbau folgen. Ab 1. Dezember wird zusätzlich Ursula Saarbeck vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) bei uns arbeiten, um Projekte zu generieren und Partner anzuwerben. Eine weitere wichtige Aufgabe ist, deutsche Lehrkräfte zu suchen, die jeweils für ein Semester an unserer Hochschule unterrichten.“
Im Moment bin ich der einzige, der auf Deutsch Wirtschaftswissenschaften unterrichten kann.
DAZ: Warum sollten kasachische Studenten an Ihrer Universität studieren? Was macht das Studium an der DKU besonders attraktiv?
Bodo Lochmann: „Unser Ziel ist, neben dem Vermitteln von Inhalten besonders Eigeninitative und Kreativität bei den Studenten zu fördern. Wir wollen sie zu selbstständigem Denken und Arbeiten erziehen. Interaktiver Unterricht, Diskussionen, eigene Vorträge und Projekte sind bei uns wichtiges Trainingsinstrument. Denn eine solche Selbständigkeit brauchen sie für den Arbeitsalltag. Weiter können sie neben Englisch auch Deutsch lernen. Und natürlich gibt es bei uns keinen anderen Weg zu guten Noten als lernen, lernen und nochmals lernen.“
DAZ: Wie ist die finanzielle Situation der Universität im Moment, und welche Schritte werden zu einer Konsolidierung unternommen?
Bodo Lochmann: „Die DKU lebt ausschließlich von den Studiengebühren der Studenten, von gelegentlichen Spenden- und Projektgeldern abgesehen. Da wir eine kleine Einrichtung sind, verfügen wir über wenig finanzielle Mittel. Doch in der nächsten Zeit zeichnet sich eine deutliche Entspannung ab, wir haben im Sommer eine größere Spende von einer deutschen Firma bekommen. Außerdem haben wir die Studiengebühren von 1500 Dollar pro Jahr auf 2000 Dollar erhöht. Trotzdem werden wir auch in den nächsten Jahren keinesfalls im Geld schwimmen, und vorerst wird jeder freie Tenge in das neue Gebäude investiert werden müssen. Außerdem müssen die Löhne für unsere Lehrkräfte den Marktrealitäten angepasst und spürbar angehoben werden. Schließlich sind unsere Lehrkräfte unser wichtigstes Kapital.“
Über entsprechende Hilfe der Wirtschaft sind wir jederzeit erfreut, diese muss auch nicht immer finanzieller Natur sein.

Das Interview führte Cornelia Riedel

23/09/05

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