In Luxemburg erklärten die Richter, dass es beim Ehegattennachzug für türkischen Ehegatten unzulässig ist, einen Sprachtest im Ausland zu verlangen. Wie steht die Bundesregierung zum Thema Sprachtest?

Das Bundesinnenministerium muss das Ausländerrecht erneuern. Es geht um den Ehegattennachzug. Bisher wurden von türkischen Ehegatten, die im Zuge einer Familienzusammenführung nach Deutschland umziehen, einfache Sprachkenntnisse im Umfang von A1 (Europäischer Referenzrahmen) verlangt. Dieses Vorgehen hat der Europäische Gerichtshof nun für rechtswidrig erklärt. Geklagt hatte ein türkischer Geschäftsmann, dessen Ehefrau Analphabetin ist. Sie durfte nicht nach Deutschland einreisen.

Zwangsverheiratungen erschweren

In Luxemburg entschieden die Richter, dass Ehepartner auch ohne Sprachtest nach Deutschland geholt werden können. Dies garantiert seit den 1970er Jahren ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei. Damals wurde vereinbart, die Niederlassungsfreiheit zwischen der Türkei und der EU gegenseitig nicht einzuschränken. Dagegen verstößt jedoch die Bundesrepublik Deutschland seit der Einführung des Sprachnachnachweises von 2007. Seitdem bekommen nur diejenigen Ehegatten ein Einreisevisum, welche einfache Sprachkenntnisse nachweisen können. Mit dieser seit sieben Jahren geltenden Regelung, soll der Weg in die Zwangsverheiratung erschwert und die Integration in Deutschland erleichtert werden.

Von diesem Ziel ist der Europäische Gerichtshof mit dem neuen Urteil nicht abgetreten. Er würdigte sogar die Bundesregierung dafür, mit den Sprachtests dagegen vorzugehen. Dennoch wiesen die Richter darauf hin, dass diese Regelung im Fall des Ehegattennachzugs von Männer oder Frauen aus der Türkei übertrieben sei. Es darf nicht sein, dass ein Nichtbestehen des Sprachtests den Ehegattennachzug unmöglich mache.

Union verteidigt Sprachtest

Zum Urteil äußerte sich der parlamentarische Staatssekretär Dr. Günter Krings (CDU) aus dem Bundesministerium des Innern. Er gibt zu erkennen, dass die Sprachtests grundsätzlich nicht falsch sind: „Eine erfolgreiche Integration setzt Sprachkenntnisse voraus. Deswegen haben wir darauf bestanden, dass Ehegatten, die zu ihren Familien nach Deutschland kommen, zumindest einfache Sprachkenntnisse nachweisen müssen. Dies halte ich auch nach wie vor für richtig.“ Der „Zeit“ bestätigte der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion CDU/CSU, Stephan Mayer, dass die Union nach wie vor von dem Instrument Sprachtest überzeugt ist.

Das Luxemburger Urteil wies die Bundesregierung an, die Verhältnismäßigkeit der Sprachtest-Regelung genauer zu Prüfen. Bisher gibt es noch keine Studie, die belegen kann, wie hoch die Zahl der möglichen Zwangsehen sein könnte.

Lediglich „einfache Deutschkenntnisse“

Die Sprachtest-Regelung schreibt jedem nachzuziehenden Ehegatten vor, „einfache Deutschkenntnisse“ nachzuweisen, bevor ein Einreise-Visum genehmigt wird. Damit ist gemeint, dass die Betreffenden nach dem Weg fragen, sich vorstellen können sowie in der Lage sind, ihren Namen fehlerfrei in ein Formular einzutragen. Auch müssen nicht alle Nachzügler den Nachweis erbringen. Ausgenommen sind zum Beispiel Personen mit Hochschulabschluss oder Eheleute aus Kanada, USA oder Israel. Die Deutschkenntnisse müssen noch im Ausland nachgewiesen werden.

Das kann einige der Nachzügler auch vor logistische und finanzielle Probleme stellen. Nicht überall werden günstige Sprachkurse angeboten. Laut dem Urteil sollen nun türkische Ehegatten von diesem Problem befreit werden.

Der Fall Doğan

Denn der Fall Doğan hat zu dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes geführt. Nach einem Bericht des Onlineportals „Migazin“ klagte die Ehefrau eines in Deutschland lebenden türkischen Unternehmers, Mutter von vier Kindern und Analphabetin. Ihr wurde das Recht auf Familienzusammenführung stets verwehrt, mit der Begründung, dass sie keine ausreichenden Sprachkenntnisse nachweisen konnte.

Derartige Ablehnungen erschweren das Familienleben, welches durch den Ehegattennachzug eigentlich unterstützt werden sollte. Aus einer Anfrage der Linkspartei vom März 2014 geht hervor, dass im Jahr 2012 ca. 37 Prozent der Ehegatten den Test nicht bestanden hatten. Dies berichtete die „Zeit“. Von Seiten der Opposition wird die Sprachtestregelung kritisiert. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck widerspricht der Union, welche die Sprachtests nach wie vor für sinnvoll erklärt: „Deutsch lernt man in Deutschland am schnellsten. Die Idee, Deutsch im Ausland zu lernen sei integrationspolitischer Quatsch“, sagte er.

„Integrationspolitischer Quatsch“

Noch ist unklar, welche Konsequenzen das Luxemburger Urteil nun haben wird. Seit 2005 sind im Rahmen des Ehegattennachzugs 350.000 Menschen nach Deutschland gekommen. Ein Großteil von ihnen ist setzt laut einer Studie des Bundesministeriums für Flüchtlinge und Migration aktiv für die eigene Integration in der Bundesrepublik ein.

Von Dominik Vorhölter

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