An die 1000 Menschen kamen im Frühjahr bei dem Massaker usbekischer Milizen in Andischan ums Leben. Das Regime von Präsident Islam Karimow ließ rücksichtslos unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder niederschießen. Mehrere hundert Überlebende flüchteten zunächst ins Nachbarland Kirgisien, einige von ihnen haben mittlerweile Asyl in Europa erhalten. Obwohl es keinen Zweifel an diesem Massenmord gibt, tut sich die internationale Gemeinschaft schwer, Konsequenzen aus diesem Unrecht zu ziehen. Den Protest, den das Massaker in aller Welt ausgelöst hatte, nimmt Karimow offensichtlich nicht ernst. Stattdessen lässt er in dieser Woche einen Schauprozess eröffnen, der die Fakten auf den Kopf stellt. Der altgediente Herrscher setzt darauf, dass es keine einheitliche Front gegen ihn geben wird, weil seine Heimat von vielen Mächten umworben wird. Die Russen betrachten diese geschichtsträchtige Region traditionell als ihre Einflusszone, und die Amerikaner wollen in Zentralasien neue Partner gewinnen, um die Rohstoffschätze langfristig zu sichern. Auch die Deutschen halten sich mit Kritik zurück, benötigen sie den südusbekischen Standort Termes doch als Stützpunkt, um ihre Truppen in Afghanistan zu versorgen. Anders als nach dem Massaker 1989 in Peking wollen sich die Staaten nicht auf eine härtere Gangart gegenüber Karimow verständigen. Sogar das Kooperationsabkommen der EU mit diesem Regime ist noch in Kraft. Gegenüber den Angehörigen der Opfer lässt sich dieses zögerliche Verhalten nicht erklären. Sie müssen sich verraten und verkauft vorkommen, gerät das Unrecht im Süden der früheren Sowjetunion doch immer mehr in Vergessenheit.

(Stefan Koch, joe-list.de)

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