Als Folge der aktuellen Krise ist der Staat bei der Steuerung der Wirtschaft wieder sehr stark in den Vordergrund gerückt. Nach einer Phase der maximalen Liberalisierung der Wirtschaft und der Märkte ab den 1980er Jahren, die den Rückzug staatlicher Regulation in den meisten Wirtschaftsbereichen bedeutete, setzen nun nicht alle, aber viele Bereiche der Wirtschaft ihre Hoffnung auf den Staat.

Gewaltige Mengen finanzieller staatlicher Mittel werden derzeit in die Wirtschaft gepumpt, um diese vor dem völligen Absturz zu bewahren und die Nachfrage wieder zu stimulieren. Man kann dieses Geld als Investitionen in die Wiederbelebung der Wirtschaft interpretieren, wobei diese Mittel nicht aus wirklich vorhandenen Einnahmen stammen, sondern zum größten Teil auf den Weltfinanzmärkten zusammengeborgt werden müssen. Die Folgen werden vor allem unsere Kinder und Enkel als erhöhte Steuern und oder hohe Inflation zu tragen haben.
Prinzipiell sollte vor jeder Investition sehr gründlich und ohne Hektik geprüft werden, ob die zu investierenden Mittel auch einen notwendigen Minimaleffekt erzielen. Bei staatlichen Geldern gilt das in besonderem Maße, da es sich bei ihnen nicht um das Privateigentum eines einzelnen Beamten, sondern um einen Teil des Volksvermögens handelt, für das es etliche alternative Einsatzmöglichkeiten gibt. Um die Erfolgsaussichten einer Investition zu prüfen, gibt es eine ganze Reihe von Erfahrungswerten und ökonomisch-mathematischen Methoden.
Die meisten staatlichen Strukturen – und nicht nur diese – sind ziemlich unvorbereitet getroffen worden, vor allem hinsichtlich des Ausmaßes und der Geschwindigkeit der Ausweitung der Krise auf den realen Sektor. Außerdem hat natürlich die gegenwärtige Generation der Politiker auch keine besonderen Krisenerfahrungen, schließlich liegen vergleichbare Prozesse schon Jahrzehnte zurück und die Rahmenbedingungen sind heute schon wegen der Globalisierung völlig anders Auch wenn man das der Politik zugesteht, ist es doch oft erschreckend zu sehen, wie schlecht durchdacht und wie wenig organisiert staatliche Mittel ausgegeben werden. Dazu hat der Rechnungshof Kasachstans, ein unabhängiges Organ zur Prüfung des sachgerechten Einsatzes staatlicher Mittel, jetzt wenig berauschende Zahlen vorgelegt. Vereinfacht gesagt: die bisher vom Staat hastig bereitgestellten Mittel zur Rettung und Belebung der Wirtschaft erreichen nur teilweise die eigentlichen Adressaten, und insgesamt ist der Effekt dieser Mittel völlig ungenügend. Man kann es auch brutaler formulieren: Mittel, die dem Volk gehören, werden eher verschleudert als sinnvoll eingesetzt.
Das lässt wieder die alten Zweifel hinsichtlich der Fähigkeit des Staates zur sinnvollen Unterstützung der Wirtschaft aufleben, die mit Beginn der aktuellen Krise doch deutlich in den Hintergrund getreten waren. Einige Fakten aus dem Bericht des Rechnungshofes: Von den über den Fonds „Damu“ in 2005 bis 2008 bereitgestellten Mitteln in Höhe von 200 Millionen US-Dollar erreichten nur 40 Prozent die vorgesehenen Adressaten. Fast 23 Millionen US-Dollar hat der Staat allein hier verloren, der Rest des Geldes schlummert auf irgendwelchen Konten, bringt also nicht den erwarteten Effekt. Von den Mitteln, die die Unternehmen erreicht haben, wird die Hälfte in die Umlaufmittelfinanzierung gesteckt, also zum Absichern der operativen Geschäftstätigkeit und somit nicht in die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Unternehmen. Von den für die Unterstützung der Landwirtschaft bereitgestellten Mitteln ist ein Großteil nicht eingesetzt. Gleiches gilt für das Programm zur Unterstützung und Belebung des Bausektors. Allein für Astana wurden etwa 110 Millionen US-Dollar bereitgestellt, wovon erst 20 Millionen US-Dollar genutzt wurden. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Man kann einwenden, dass alles sehr schnell gehen musste. Richtig. Das heißt aber nicht, dass man mit den Mitteln so leichtfertig umgehen darf. Es klingt zunächst beeindruckend, wenn man die Höhe der bereitgestellten Summen hört. Bleibt das Resultat aber kläglich, oder, wie der Rechnungshof sagt, „ohne den erwarteten Effekt“, relativieren sich die staatlichen Aktivitäten schnell. Diese kritische Bewertung staatlicher Schritte möchte ich nicht auf Kasachstan begrenzt sehen. In Deutschland wird in dieser Hinsicht auch eine ganze Menge Unsinn gemacht, man denke nur an die „Abwrackprämie“, die wohl eher ein Wahlkampfinstrument, denn ein Mechanismus zur nachhaltigen Wirtschaftsunterstützung ist. 5 Milliarden Euro gibt die deutsche Bundesregierung dafür aus. Was hätte man damit nicht alles Vernünftiges anstellen können?

Bodo Lochmann

29/05/09

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