Die diesjährige Konferenz der wissenschaftlichen Vereinigung der Deutschen Kasachstans fällt mit zwei wichtigen Jubiläen 2011 zusammen: zum einen feiert Kasachstan im Dezember seinen 20. Jahrestag der Unabhängigkeit, zum andern jährte sich 2011 die Gründung der Assoziation der Deutschen in Kasachstan „Wiedergeburt“ ebenfalls zum 20. Male.

/Bild: DAZ . ‚Der deutsche Generalkonsul Dr. Gerold Amelung (M.) und Ernst Boos, der Präsident der wissenschaftlichen Vereinigung der Deutschen Kasachstans.’/

Ernst Boos, der Präsident der wissenschaftlichen Vereinigung der Deutschen in Kasachstan, betonte in seinen Begrüßungsworten vor allem die Förderung und Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses als wichtige Aufgabe der Vereinigung.

Der Deutsche Generalkonsul Dr. Amelung unterstrich die bedeutende Rolle und den wichtigen Beitrag der Deutschstämmigen für die weitere Entwicklung der Republik Kasachstan, in besonderem Maße auf dem Gebiet der Wissenschaften. Dabei komme der wissenschaftlichen Vereinigung der Deutschen Kasachstans das Verdienst zu, diesen Beitrag für eine breitere Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

Auch in diesem Jahr hat das Generalkonsulat Almaty die Möglichkeit, die Veröffentlichung der Ergebnisse der Konferenz der wissenschaftlichen Vereinigung finanziell zu unterstützen, so der Generalkonsul. Die wissenschaftliche Vereinigung der Deutschen nehme eine wichtige Brückenfunktion zwischen Kasachstan und Deutschland ein, die durch internationalen Austausch und Zusammenarbeit gefördert werde. Die wissenschaftliche Vereinigung der Deutschen Kasachstans sei laut Amelung neben der DKU und dem DAAD die dritte wichtige Säule des akademisch-wissenschaftlichen Austausches zwischen beiden Ländern. Besonders anerkennenswert sei die Einbeziehung der jungen Generation deutschstämmiger Wissenschaftler in die Arbeit der Vereinigung. Nur so kann sie auch ihren wertvollen Beitrag für die deutsch-kasachischen Beziehungen in Zukunft leisten.

Michael Jaumann, Büroleiter und Vertreter des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Almaty, fasste in seinen Grußworten die vorrangigen Ziele der Arbeit des DAAD zusammen: Im Fokus stehen neben der Förderung der deutschen Sprache auch die Entwicklung der Hochschulausbildung in Kasachstan sowie die Stipendienvergabe an fähige Studenten und Wissenschaftler. Auftrag des DAAD ist es, vor allem durch den Austausch von Studierenden sowie Wissenschaftlern die Hochschulbeziehungen im Ausland zu fördern.

Seinen Gastvortrag widmete Dr. Dieter Seitzer dem Thema „Das Medizinstudium und die ärztliche Weiterbildung in Deutschland“, worin er die Ausrichtung, den Ablauf und die Besonderheiten der deutschen Ausbildung von Medizinern darstellte. Der aus Tuttlingen stammende Arzt arbeitet seit einigen Jahren als Gynäkologe und Brustkrebsspezialist in einer Privatklinik in Almaty.

Seitzer berief sich auf den 2000 Jahre alten Ärzteschwur (auch „Hippokrates-Eid“ genannt), der jeden Arzt dazu verpflichtet, keinen Schaden am Menschen anzurichten. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde dieses Gelöbnis im Rahmen der Genfer Konvention 1949 erneuert. Der Arztberuf solle gewissenhaft ausgeführt werden. Das oberste Gebot eines Arztes sei stets die Gesundheit des Patienten.

Man könne mit Fug und Recht behaupten, dass die Rolle deutscher Ärzte weltweit eine herausragende sei: In Deutschland befinden sich die ältesten medizinischen Fakultäten, allein die Fakultät Heidelberg ist über 700 Jahre alt, so Seitzer. Die deutsche Medizin sei weltweit führend, da sie die drei Bereiche Ausbildung, Behandlung und Praxis sowie Wissenschaft vereine. Vor allem die Medizintechnik nehme auf diesen drei wichtigen Gebieten eine bedeutende Rolle ein: ohne die Entwicklung von endoskopischen Operationsmethoden durch deutsche Mediziner wäre eine Blinddarmoperation nach modernem (minimalinvasivem) Standard nicht möglich.

Eine weitere medizinische und soziale Errungenschaft war die Einführung der Kranken- und Sozialversicherung im Deutschen Reich vor über 150 Jahren, welche die Gesundheitsvorsorge grundlegend revolutioniert hatte, so Dr. Seitzer. Jedoch sei das deutsche Gesundheitssystem mittlerweile aufgrund der immensen Kosten an seine Grenzen gelangt.

Dr. Seitzer stellte in seinen Ausführungen den Ablauf und die Besonderheiten des Medizinstudiums in Deutschland dar, das für alle angehenden Ärzte einheitlich sei. Das Medizinstudium in Deutschland dauert sechs Jahre und ist in einen vorklinischen und einen klinischen Abschnitt unterteilt, so Seitzer. Den ersten Teil könne man auch als theoretische Ausbildung der angehenden Ärzte in unterschiedlichen Fächern, wie Anatomie, Histologie, Embryologie, etc. bezeichnen. Im zweiten klinischen Abschnitt sind die Studenten in ein duales Ausbildungssystem von theoretischen und praktischen Anteilen eingebunden.

Den Vorteil am deutschen Medizinstudium sieht Dr. Seitzer darin, dass Medizinstudenten schon sehr früh mit Patienten arbeiten müssen. Nach Abschluss des zweiten klinischen Ausbildungsabschnitts folge das praktische Jahr für die zukünftigen Ärzte. Die Approbation bzw. ärztliche Zulassung erhielten die Studenten erst nach Abschluss des Staatsexamens nach sechs Jahren Studium. Außerdem sind deutsche Mediziner verpflichtet, sich ständig weiterzubilden.

Drei elementare Dinge seien wichtig in der Medizin, betonte Dr. Seitzer in seinem Vortrag: zum einen Freiheit, um Wissenschaft und Lehre weiterzuentwickeln. Zum zweiten muss sichergestellt werden, dass das Wissen von einer Generation Mediziner an die nächste Generation junger und lernbereiter Medizinstudenten weitergegeben wird. Zum dritten sei es erforderlich, dass die Ausbildung ständig an die neueste Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Medizin angepasst werde. Getreu dem Motto: „Wir lernen nie aus!“ befinde sich ein Arzt in einem Prozess ständiger Weiterbildung.

Dann bleibt nur noch, der Wissenschaftlichen Konferenz der Deutschen für ihre zukünftigen Aufgaben Erfolg und alles Gute zu wünschen!

Dr. Dieter Seitzer, Almaty:

Welche Erwartungen knüpfen Sie an die 8. Wissenschaftliche Konferenz der Deutschen Kasachstans? Welche Veränderungen könnte die Vernetzung der Wissenschaftler Deutschlands und Kasachstans untereinander bewirken?

Ich erhoffe mir von den Ergebnissen der Konferenz, dass die Jugend in der Wissenschaft präsenter wird. Wir haben ja gerade der Jugend in Deutschland etwas zu bieten: eine der besten Universitäten und wissenschaftlichen Ausbildungen weltweit, unsere Wissenschaftler an deutschen Universitäten zählen ebenfalls mit zu den besten.

Gerade in der Medizin gibt es sehr viel Bewegung, in Deutschland laufen momentan mehrere Modellstudiengänge. Wir könnten helfen, dieses Wissen und diese Entwicklung zu exportieren und den jungen Menschen in Kasachstan zugängig zu machen, ihnen vielleicht die Orientierungslosigkeit zu nehmen. Da wäre die Konferenz ein gutes Forum.

Michael Jaumann, Vertreter des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und Büroleiter des Informationszentrums (IC) mit Sitz in der DKU

Welche Erwartungen haben Sie von der wissenschaftlichen Konferenz der Deutschen?

Ich erhoffe mir, dass ich hier viele Kontakte mit Vertretern der wissenschaftlichen Gemeinschaft knüpfen kann. Generell finde ich es besonders spannend und bewundernswert, dass diese Gemeinschaft deutschsprachiger Wissenschaftler in Kasachstan im wissenschaftlichen Bereich noch so aktiv ist. Das ist gerade für unsere Arbeit des DAAD sehr bedeutend.

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Quellen: www.bundesaerztekammer.de: zu den Ethischen Grundsätzen für die medizinische Forschung am Menschen; Deklaration des Weltärztebundes von Helsinki, 2008: „Es ist die Pflicht des Arztes, die Gesundheit der Patienten zu fördern und zu erhalten, auch jener, die an der medizinischen Forschung beteiligt sind. Der Erfüllung dieser Pflicht dient der Arzt mit seinem Wissen und Gewissen. Die Genfer Deklaration des Weltärztebundes verpflichtet den Arzt mit den Worten „Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein.“

Von Malina Weindl

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