Für die Nummer Eins des Fast Foods ist Zentralasien weiterhin ein weißer Fleck auf der Landkarte. Doch es scheint nur eine Frage der Zeit, bis sich der US-Konzern nach Kasachstan wagt.

Sogar die Adresse stand schon fest: Arbat Straße, Almaty, beste Innenstadtlage. In der belebten Fußgängerzone der kasachischen Zwei-Millionen-Stadt hätte diesen Mai der erste McDonald’s Zentralasiens eröffnen sollen. So berichteten zumindest die kasachischen Zeitungen. Die Nummer Eins im Fast Food, eine der amerikanischsten aller Marken, würde sich in lange unerschlossenes Territorium wagen. Big Macs und Chicken Nuggets in Zentralasien, fast ein Vierteljahrhundert nach dem Kollaps der Sowjetunion. Es wäre eine kleine Sensation.

Drei Monate später sucht man in der Arbat Straße vergeblich nach den goldenen Bögen, die das M jener Fast-Food-Kette bilden, die in weit über hundert Ländern der Welt präsent ist. Die Sensation, sie ist eine Falschmeldung. Kasachstan gehört damit genauso wie das restliche Zentralasien weiter zu den paar Dutzend Ländern, in die sich der US-Konzern bislang nicht wagte. Man habe auch nie geplant, diesen Mai in Almaty eine Filiale zu eröffnen, heißt es auf Anfrage aus der Londoner Kommunikationszentrale. „Das ist ein Gerücht, und wir kommentieren keine Gerüchte und Spekulationen“, schreibt Unternehmenssprecherin Joanna Kwiatkowska knapp in einer E-Mail.

Der McDonald’s, der nie kam. Er ist nur eine wunderliche Episode in einem Land, das sich vor kurzem dem amerikanischen Traum von fettigen Pommes, zuckrigem Cola und frittiertem Fleisch geöffnet hat. Vor vier Jahren öffnete der Fast-Food-Riese Pizza Hut sein erstes Restaurant in Kasachstan, zwei Jahre später folgte Burger King. Wie viel die beiden Konzerne seitdem hier verdient haben, haben sie bislang nicht veröffentlicht. Wer durch die Straßen von Almaty schlendert, kann aber sehen, dass Fast Food aus den USA durchaus Fans hat: King Burger, King’s Burger, Burger King’s oder McBurger schreiben sich selbst kasachische Restaurantbesitzer über ihre Türen. Wie viele Kasachen Fast Food essen, ist nicht bekannt, Studien dazu gibt es nicht. Fest steht aber, dass heimischen Spezialitäten wie Samsa oder Beschparmak neue Konkurrenten erwachsen.

Der Weltmarktführer McDonald’s gibt sich bislang desinteressiert. Doch über kurz oder lang werde sich auch der Konzern aus dem Bundesstaat Illinois in die kasachischen Städte wagen, glaubt zumindest Vyacheslav Sidelnikov. Er leitet die „Union Franchise“, eine Art Interessensvertretung aller Franchise-Unternehmer, der bevorzugten Organisationsform der US-amerikanischen Fast-Food-Riesen von McDonald’s bis Kentucky Fried Chicken. „Laut Medienberichten wartet auf McDonald’s hier nicht so ein großer Erfolg wie in Europa, deshalb vermute ich, dass man sich auf die zentralasiatischen Länder gründlich vorbereitet“, sagt Sidelnikov. „Die machen das aber, es wird sicher eine Filiale eröffnet werden.“ Sich den zentralasiatischen Essgewohnheiten anzupassen, dürfte dabei eine Routineübung sein: In Indien zum Beispiel landen aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle von Hindus und Muslimen weder Schwein noch Rind in den Burgern, in Israel gibt es sogar eigene Filialen für koschere Burger, in denen Fleisch und Milchprodukte getrennt verarbeitet werden. Dagegen mutet ein zukünftiger „McBeschparmak“ oder „McSamsa“ beinahe einfach an.

Die langen Wege durch die weitläufige Steppe, die wenigen Ballungszentren und ein noch schlecht ausgebautes Netz an zuverlässigen Lieferanten seien schon größere Herausforderungen, sagt Sidelnikova. Dass US-amerikanisches Fast Food hier trotzdem funktionieren kann, zeigen Pizza Hut und Burger King. Eine Entwicklung, die auch den kasachischen Fast-Food-Mitbewerbern nicht entgangen sein dürfte. Franchise-Experte Sidelnikov vermutet, dass die Verwirrung um die scheinbar nie geplante McDonald’s-Filiale in Almaty bewusst von der Konkurrenz gestiftet wurde. Beweisen kann er das nicht. „Ich glaube, dass das ein Spiel in der Fast-Food-Branche ist, weil die anderen Firmen keine Lust haben, dass McDonald’s hierher kommt“, sagt er. „McDonald’s bietet große Rabatte und kann sich an den besten Orten in großen Städten ansiedeln.“

Wenn zuerst etwas angekündigt wird, um dann ohne Erklärung abgesagt zu werden, ist das im besten Fall ein Scherz. Im schlimmsten Fall klingt es so, als hätte der US-Riese Probleme mit den kasachischen Behörden, fehlende Genehmigungen, falsch kalkuliert. Fest steht nur: Die Billig-Burgerläden der Weltmacht USA sind bis heute ein Politikum, vor allem in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. In Moskau haben russische Staatsbehörden vor kurzem vier McDonald’s-Filialen schließen lassen, offiziell wegen Verstößen gegen die Hygienebestimmungen. Westliche Zeitungskommentatoren mutmaßen aber, dass die Schließungen mit dem seit Monaten andauernden Bürgerkrieg in der Ukraine zusammenhängen. Die USA und Russland unterstützen dort die jeweils andere Seite, bekämpfen sich seit Wochen mit Handelssanktionen.

Die Arbat Straße in Almaty: Teenager in Jeans und Sneakers sitzen an sauberen Tischen, nuckeln klebriges Cola aus Strohhalmen, beißen in weiche Burger. In der Straße, in der diesen Mai ein McDonald’s eröffnen sollte, werkt seit zwei Jahren der Erzrivale Burger King. Das Restaurant ist gut gefüllt, auch wenn die Preise vergleichsweise hoch sind. Warum steht hier kein McDonald’s? Wird nicht doch bald einer kommen? Schon 2015, wie es auf Wikipedia verbreitet wird? Auf solche Fragen lässt sich McDonald’s-Pressesprecherin Kwiatkowska nicht ein. „Wenn wir etwas für die Zukunft anzukündigen hätten, würden wir das über unsere offiziellen Kanäle machen“, schreibt sie.

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Die Nummer Eins des Fast Foods

Schon im alten Rom war Fast Food sehr populär. In so genannten Termopolien (Imbisshallen) konnten die Bürger zum Beispiel einen Fladen mit Olivenöl bekommen. In Pompeji haben Archäologen 89 solcher Termopolien gefunden.

McDonald’s beschäftigt beinahe zwei Millionen Menschen auf der ganzen Welt. So ist der Konzern zum Beispiel in Brasilien einer der größten Arbeitsgeber. Fast Food (auf Deutsch „schnelles Essen“) entstand als Industriezweig in den Zwanzigerjahren in den USA. Die erste Fast-Food-Firma „White Castle” wurde 1921 im Bundesstaat Kansas eröffnet.
McDonald’s ist weltweit ein wichtiger Immobilienbesitzer. Der Konzern macht einen Großteil seiner Umsätze mit dem Verkauf von Essen, aber auch mit Mieten. In mehr als jedem zweiten Land der Welt gibt es ein Restaurant von McDonald’s.

Dieser Text ist im Rahmen der VIII. Zentralasiatischen Medienwerkstatt (ZAM) entstanden. Die ZAM ist ein Kooperationsprojekt der Deutschen Allgemeinen Zeitung, des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa), der Goethe-Institute Almaty und Taschkent, des deutsch-russischen Jugendportals To4ka-Treff sowie der Friedrich Ebert Stiftung.

Von Christoph Zotter, Elena Garkawa, Dostanbek Rachmanov

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