Der Westen hat den Schrebergarten, der Osten hat die Datscha. Ein kleiner Exkurs in zwei fast gleiche Welten. Ein relativ großes Stück Land mit einer Grünfläche, die einem zur freien Verfügung steht. Analog dazu kann in Deutschland der Schrebergarten gesehen werden. Beide haben im Grunde dasselbe Prinzip, ein eigenes Stück Land zum Rückzug aus der Stadt, zur Erholung vom alltäglichen Stress. Ist der deutsche Garten der kleine Bruder der Datscha?

Die Datscha stammt ursprünglich aus Russland und ist auch heute noch weit verbreitet auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR. Auf dem Grundstück seiner eigenen Datscha kann man so ziemlich alles tun und lassen, was man will, während man im Schrebergarten von Vereinssatzungen enorm eingeschränkt wird.

Es gibt Regelungen und Vorschriften für alles. Wie die Hecke geschnitten ist, wie hoch der Rasen sein darf, auch dass die Laube nicht zum dauerhaften Wohnsitz werden darf, wurde strikt festgehalten. So heißt es in dem Bundeskleingartengesetz von 1983, dass die Laube nicht größer als 24 Quadratmeter sein, geschweige denn  zum dauernden Wohnen geeignet sein darf.

Die Datscha dagegen wird von den meisten als Sommer– oder Wochenendwohnsitz genutzt, es ist ein Zweitwohnsitz der Erholung vom Stadtleben erlaubt. Wird etwas nicht eingehalten oder liegt etwas nicht in der Norm, ist oftmals mit Geldstrafen zu rechnen. Ständig kommen neue Regelungen hinzu, die für mehr Einschränkungen sorgen.

Selbstverständlich ist man hier nicht in vollem Maße sein eigener Herr. So wurde in der Kleingartenordnung und Vereinssatzung der Kleingärtnervereine des Kreisverbandes Oberhausen der Kleingärtner e.V. festgelegt, dass eine „Aushändigung des Bewertungsbogens als schriftliche Aufforderung zur Beseitigung der Mängel” gilt. Ständigen Kontrollen kann man als Kleingärter wohl eher schlecht entkommen.

Was die Lage der Datscha und des Schrebergartens befrifft, ist diese grundsätzlich verschieden. Die Datschas befinden sich meistens am Stadtrand oder gehen über diesen hinaus, so dass viele eine Strecke von ein bis zwei Stunden oder mehr zurücklegen müssen. Es sind meistens ganze Gegenden, die umfunktioniert wurden und hauptsächlich aus Datschas bestehen. Der Schrebergarten dagegen liegt in den meisten Fällen einige Fahrminuten von Zuhause entfernt.

Charakteristisch für die Datscha ist die Banja, die meistens mit der Sauna verglichen wird. Die Banja wird extra stundenlang  erhitzt. Ist die gewollte Temperatur erreicht, kann die ganze Prozedur beginnen. Dabei kommen vor allem Weniki – Zweige aus aus Birke oder Eiche – zum Einsatz. Mit ihnen bekommt der Banja-Besucher Dampf und Hitze erst richtig zu spüren.

Der eigene Garten ist eine Oase. | Bild: Regina Ostertag

Es ist ein heißes Vergnügen, dass sich die Gärtner in Deutschland aufgrund der Regelungen leider nicht im eigenen Garten leisten dürfen. Was bleibt, ist ein Planschbecken, das man sich anlegen kann. Ob es sich lohnt, ist eine andere Frage. Denn „der Bau eines festen Schwimmbeckens“ ist laut der Vereinssatzung Oberhausens verboten. Die Pfütze hat dazu noch bestimmte Maße, die eine Höhe von 60 Zentimeter und 1,50 Meter Durchmesser gar nicht erst überschreiten dürfen.

Die Datscha gilt vielleicht als Erholungsort, ist aber mit viel Arbeit verbunden. Es ist ein großes Grundstück, in dem etliche Sorten Obst und Gemüse angebaut werden. Blumen verschönern das Ganze und dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen. Der Rasen muss gemäht werden, das Unkraut gejätet und alles von schädlichem Ungeziefer befreit werden. Erholung hat bekanntlich seinen Preis, und so ist es auch hier: Erst die Arbeit und dann das Vergnügen.
In dem dazu vergleichsweise kleinen Schrebergarten hat die Erholung Priorität.

Laut Vorschrift muss ein Drittel der Fläche im Garten für den Anbau reserviert sein. In seinem eigenen Garten ist man in seiner Kreativität und Gestaltung somit eingeschränkt. Man baut in seinem kleinen Beet Obst und Gemüse an, welches vollkommen ausreichend dafür ist, seinen Korb für Zuhause zu füllen, geht darüber aber meist nicht hinaus. Auf der Datscha werden allein schon mehrere Sorten Tomaten angebaut wie „Bytschye serdze“ oder die allseits bekannten Cherry Tomaten, dazu noch Zucchini, Auberginen, Gurken, Äpfel, Johannisbeeren und etliches mehr, eine Sorte von jedem reicht natürlich selten aus. Davon wird auch noch heute vieles konserviert und als winterlicher Vorrat im Pogreb – dem Kellerloch – aufbewahrt oder wird zu Marmelade, Kompot oder Wein weiterverarbeitet. Es ist ein Vorratslager oft unter dem eigentlichen Haus, so dass die ganzen Produkte kühl gelagert werden können.
Gegen Abend, wenn die ganze Arbeit erledigt ist und man vollkommen fertig ist,  darf Schaschlik gegrillt werden. Dieser steht schon seit dem Morgen fertig mariniert bereit.

Die kleine Gemeinschaft der Datschniki macht sich nach einem harten Tag Arbeit, gemeinsam einen erholsamen und entspannenden Abend, zu dem jeder eine Kleinigkeit zu Essen mitbringt. Meistens ist es etwas aus dem eigenen Erzeugnis, aus der eigenen Ernte von der Datscha. Salate, kleine Sakuski zum selbstgemachtem Wein und frisch zubereitetem Schaschlik.Man genießt das abendliche Zwitschern der Vögel, das Zirpen der Heuschrecken, hört in nicht allzu weiter Ferne das Bellen der Nachbarhunde, tauscht sich über den Tag aus und lässt in kleiner Runde den Abend ausklingen.

In Deutschland dagegen ist es laut der Brandschutzverordnung, wie es in der Vereinssatzung Oberhausen steht, in seinem kleinen Garten leider verboten, mit Kohle zu grillen und sich so einen schönen Schaschlik-Grillabend zu machen. Denn in den unter Brandschutz fallenden Gartenlauben ist das Betreiben von Feuerstätten nur dann zulässig, wenn hierfür eine entsprechende Genehmigung vom zuständigen Bezirksschornsteinfeger nachgewiesen ist und eine regelmäßige Überprüfung gemäß den hierfür geltenden Gesetzten erfolgt.

Da bleibt nur, die wenigen Sonnenstrahlen ganz entspannt in seinem gemütlichen kleinen Garten zu genießen. Wer gönnt sich etwa nicht für eine kurze Zeit Ruhe und frische Luft in seinem kleinen grünen und ordentlichen Gärtchen?

Von Regina Ostertag

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