Demokratie und Stabilität gehen Hand in Hand: Wulf Lapins, Leiter des Regionalbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Zentralasien, in einem Interview über sein Leben und seine Arbeit hier und warum Kasachstan von Europa und Deutschland lernen kann.

/Bild: Anja Greiner. ‚Wulf Lapins (rechts) auf der internationalen Konferenz zum Thema Afghanistan, deren Mitorganisator die Friedrich-Ebert-Stiftung war. ‚/

Herr Lapins, was macht die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Kasachstan?

Allgemein formuliert, versucht die Friedrich-Ebert-Stiftung zur gesellschaftspolitischen Motivation beizutragen. Das heißt, wir wollen den Aufbau einer Diskussion zur Dialogkultur, immer im regionalen Kontext betrachtet, unterstützen und fördern. Konkrete Instrumente dazu sind unter anderem Workshops, Seminare und Publikationen die gleichermaßen in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen sowie Regierungsorganisationen veranstaltet und herausgegeben werden.

Was heißt das konkret?

Durch rechtspolitische Beratung wie beispielsweise die Fachberatung von Richtern und Anwälten oder auch die Beratung für Rechtsanwälte im Bereich Jugendrecht wollen wir zum Aufbau eines modernen Verwaltungswesens beitragen. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit hier ist die Medienarbeit mit jugendlichen Journalisten, mit dem Zweck, den Nachwuchsjournalismus zu professionalisieren.

Sie sind Leiter des Regionalbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Zentralasien. Wie muss man sich Ihren Tätigkeitsbereich hier vorstellen?

In erster Linie steuere ich die verschiedenen Projekte und Aktivitäten, die die Büros in Almaty, Astana, Taschkent und Duschanbe in Absprache mit mir, durchführen. Außerdem organisiere ich regelmäßig regionale Konferenzen. In diesen Konferenzen versuchen wir beispielsweise aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es in Deutschland gibt, Hilfestellung zu bestimmten Fragen hier zu leisten.

Welche Eindrücke haben Sie vom Leben hier in Zentralasien bisher gewonnen?

Was mir hier sehr imponiert, ist die Freundlichkeit der Menschen. Insbesondere die Freundlichkeit gegenüber Deutschen. Ich habe nie ein Ressentiment gegen Deutschland erlebt. Was mich, angesichts der geschichtlichen Hintergründe, immer wieder aufs Neue erstaunt und gleichzeitig erfreut.

Natürlich sind die Lebensbedingungen anders. Es sind schlicht andere Umstände: Andere Gerüche, die Speisenzubereitung ist sehr interessant und auch häufig eine Herausforderung.

Wie stellen sich die Arbeitsbedingungen für Sie in Zentralasien generell dar?

Die Arbeitssituation für uns in Kasachstan ist sehr gut. Insbesondere durch die problemlose Zusammenarbeit mit allen Instituten, ohne bürokratische Hemmnisse, wie in manch anderen Ländern. Auch finden wir während unseren Veranstaltungen ein sehr erfahrenes Publikum vor, mit dem ein Austausch auf Augenhöhe möglich ist.

Gleichwohl sich die FES in Zentralasien insbesondere auf dem Gebiet der regionalen Zusammenarbeit und der Demokratieförderung einsetzt, sind wir nicht hier, um zu missionieren. Wir wollen vielmehr Wege aufzeigen, Wege zu einer Demokratie, bei der es nicht wichtig ist, wie diese letztlich aussieht.

Unter „Wege zur Demokratie“ verstehen Sie…

Auch innerhalb Europas gibt es unterschiedliche Auffassungen und Ausprägungen von Demokratien, siehe beispielsweise Frankreich. Doch nur durch Demokratie kann auch Stabilität erreicht werden. Und wir sind zutiefst überzeugt, dass Kasachstan den Willen zu einer demokratischen Entwicklung hat. Im Gegensatz zu unseren amerikanischen Kollegen, deren Arbeit hier doch eher missionarischen Charakter aufweist, wollen wir die Erfahrungen, die Europa und insbesondere Deutschland auf dem Gebiet der Demokratie und dem Weg dorthin gesammelt hat, weitergeben. Aus unseren Erfahrungen kann man dabei nicht nur lernen, welche Wege zu beschreiten sind, sondern auch, welche Wege es nicht sind und in eine Sackgasse führen. Und genau diese Offenheit kommt hier gut an. Man weiß: Wir sind verlässlich und loyal.

Interview: Anja Greiner

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Wulf Lapins ist in München geboren und hat Jura, Politikwissenschaften und Geschichte studiert.

Seit dem 1. Februar 1986 ist Wulf Lapins für die FES tätig. Davor hatte er den Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung an der Bundeswehruniversität in München inne. Von 1993-1995 baute er die FES in Estland auf und ging danach für fünf Jahre nach Warschau, wo er schließlich neun Länder betreute. Ab 2000 war Lapins dann in Riga zuständig für die Ostseeländer und bereitete in den vier Jahren, die er dort verbrachte, den Beitritt Lettlands zur Europäischen Union vor. Anschließend war er im Hauptbüro der FES in Berlin für Zentralasien zuständig, wo er nun seit 2007 mit seinem Büro in Taschkent vor Ort ist.

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