Der neue Generalkonsul Jörn Rosenberg hat sich ganz bewusst um den Einsatzort Almaty beworben. Im Gespräch mit der DAZ sieht er gespannt dem kommenden Jahr entgegen und freut sich schon auf den Schnee in den Bergen.

Sie sind mittlerweile ein paar Monate in Almaty, haben Sie sich eingelebt, fühlen Sie sich wohl?

Ich habe mich hier von Anfang an wohl gefühlt. Ich bin gerne nach Almaty gekommen. Ich hatte, im Zuge meiner diplomatischen Tätigkeit auch schon früher viel in den Staaten des Ostblocks, wie es damals noch hieß, zu tun. Ich habe in Warschau, Prag, Moskau und Temeswar gearbeitet und da auch schon Erfahrungen mit der Deutschen Minderheit gesammelt.

Also haben sie sich zielgerichtet um die Stelle in Almaty beworben?

So ist es. Obwohl ich noch nie in der Stadt war, wusste ich, dass Almaty zwar nicht die Hauptstadt Kasachstans ist, aber doch die wichtigste Stadt des Landes – das kulturelle, wirtschaftliche und intellektuelle Zentrum. Auch für die ganze zentralasiatische Region ist es eine bedeutende Stadt, etwas, dass man neudeutsch als „Hub“ bezeichnen würde.

Sie sagten in einem früheren Gespräch einmal, dass Sie Ähnlichkeiten zwischen Kasachstan und Kanada sähen. Was sehen Sie hier als die größten Herausforderungen?

Ich glaube eine Parallele gibt es sicherlich in Bezug auf die Weite des Landes. Damit verbunden ist natürlich die Herausforderung, dass es mit viel Aufwand verbunden ist, wenn man im Land wirken will. Man muss viel reisen. Die Distanzen sind viel größer und man muss mehr planen. Der Amtsbezirk des Generalkonsulats Almaty umfasst den Süden und den Westen des Landes und erstreckt sich über tausende von Kilometern. Und das bei einer doch teilweise schwierigen Infrastruktur. Für mich persönlich unterscheidet sich Kasachstan von Kanada natürlich auf sprachlicher Ebene. Ich bin nicht, wie mit dem Englischen, das ich als Schuljunge bereits gelernt habe, mit Russisch aufgewachsen. Und auch die Medienlandschaft ist ganz anders aufgebaut als in Nordamerika.

Haben sie schon Besuche im westlichen oder südlichen Teil des Landes geplant?

Diese Besuche sind bereits in der Planung. Im Laufe des nächsten Jahres werde ich jede Oblast in meinem Konsularbezirk besuchen. Das will ich mit unseren Ansprechpartnern aus Wirtschaft und Kultur koordinieren und natürlich ganz besonders Wert auf Kontakt mit der deutschen Minderheit legen, sofern Vertreter dieser in den jeweiligen Regionen leben. Ich lege auch großen Wert auf die Zusammenarbeit mit unseren Kulturmittlern.

Sie haben nun schon mehrfach die deutsche Minderheit angesprochen. Das ist natürlich ein Thema, das unsere Leserschaft besonders interessiert. Wie wichtig ist dem Generalkonsulat die deutsche Minderheit?

Die Zusammenarbeit mit der deutschen Minderheit ist eine zentrale Aufgabe für meine Kollegen und mich als Generalkonsul. Die deutsche Minderheit ist ein Brückenbauer zwischen unseren beiden Ländern. Gerade deshalb sind für mich eine enge Zusammenarbeit und gemeinsame Projekte wichtig, insbesondere im Einsatz für die deutsche Sprache. Hierfür nutzen wir unsere Möglichkeit durch die Vergabe von Stipendien, Zusammenarbeit mit Schulen oder der Deutsch-Kasachischen Universität.

Sehen Sie, gerade mit Hinblick darauf, dass es eine ausgeprägte deutsche Vergangenheit und Geschichte in Kasachstan gibt, ausschließlich Vorteile? Oder ist diese auch eine Herausforderung?

Wenn man mal einen Globus zur Hand nimmt und sich überlegt, welches Land keine historische Verbindung mit Deutschland hat, dann merkt man schnell, dass da nicht viele Länder übrig bleiben. Heute ist Deutschland vor allem als Exportweltmeister wirtschaftlich weltweit vernetzt. Und gerade in diesem Kontext sehe ich die deutsche Minderheit hier in Kasachstan als besondere Chance für unsere Zusammenarbeit.

Was sind Ihre weiteren Pläne, welche Bereiche interessieren Sie persönlich?

Meine Aufgaben hier sind klar definiert: Förderung der deutschen Minderheit und der deutschen Sprache, wir arbeiten eng mit dem Goethe-Institut, dem DAAD, der DKU und den anderen Kulturmittlern zusammen. Auch die Unterstützung der deutschen Wirtschaftsunternehmen ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Ich will versuchen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit örtlich wie inhaltlich auch auf Bereiche auszuweiten, in denen die deutsche Wirtschaft bislang noch nicht so gut aufgestellt ist.

Welche Prognose können Sie für das kommende Jahr zu den deutsch-kasachischen kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen abgeben?

Es gibt im nächsten Jahr zwei wichtige Ereignisse, die auch auf hochrangiger politischer Ebene zu einem Austausch führen werden. So begehen wir zunächst im Februar das 25-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan. Und natürlich hoffen wir im Rahmen der Expo 2017 auf eine rege Besuchstätigkeit. Unsere Beziehungen sind gut, aber gute Beziehungen können auch immer noch besser werden und dieser Aufgabe wollen wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln widmen.

Eine Frage zum Investitions-Flow. Es gab in Kasachstan ja in jüngster Zeit einige wirtschaftliche Probleme – die Abwertung der Währung und ein Rückgang des Wirtschaftswachstums. Ist Deutschland nach wie vor an einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit interessiert, trotz Krise?

Wie wir zum Beispiel kürzlich bei dem Tag der deutschen Wirtschaft sehen konnten, ist dieses Interesse lebhaft vorhanden. So besuchten gerade im Oktober zahlreiche Wirtschaftsdelegationen aus Deutschland Almaty. Außerdem glaube ich, dass die deutsche Wirtschaft und die deutschen Unternehmen im Gegensatz zu vielen Unternehmen aus anderen Ländern sehr konstante Wirtschaftsbeziehungen pflegen. Das heißt: wenn eine wirtschaftliche Schwächephase eintritt, sind die Deutschen nicht die ersten, die weglaufen. Sie denken mittel– und langfristig und bauen ihr Investitionsverhalten entsprechend auf. Die wirtschaftlichen Aktivitäten sind zwar aufgrund der gesunkenen Rohstoffpreise in den letzten Jahren zurückgegangen, aber gerade in dieser Zeit hat sich gezeigt, wie viele mittelständische und auch kleine Betriebe trotzdem hierher kommen. Kasachstan ist ein sehr großes Land, 85% der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Deutschlands in Zentralasien erfolgt hier. Dies unterstreicht, wie interessant und wichtig Kasachstan für die deutschen Unternehmen ist.

Nun einige persönliche Fragen. Sie und Ihre Frau sind in Almaty. Wie verhält es sich mit Ihren Kindern?

Natürlich ist so ein Umzug für eine Familie immer eine neue Situation. Unsere Kinder haben beide die Schule bereits abgeschlossen, unser Sohn studiert in Kanada, unsere Tochter in Bayern. Es ist für alle eine neue Situation mit einer ungewohnten räumlichen Distanz zwischen uns.

Was sind ihre persönlichen Interessen, abseits der Diplomatie?

Ich denke, dass meine Frau und ich dem gemeinsamen Hobby des Skifahrens hier in der Region sehr gut nachkommen können. Ansonsten besuche ich gerne die Oper und gute Konzerte und auch hier und ich denke, dass ich hierbei in Almaty auf meinen Geschmack kommen werde.

Können wir dann auch, was die Musik angeht, durch Sie eine lebhafte Zusammenarbeit mit Deutschland erwarten?

Auch dieses Jahr wird es zu Beginn der Adventszeit – am ersten Samstag im Dezember – wieder ein Weihnachtskonzert* geben, auf das ich mich schon sehr freue. Das Programm wird neben internationalen auch schöne deutsche Weihnachtslieder enthalten. Ich hoffe, viele Ihrer Leser bei diesem Konzert begrüßen zu können!

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Julia Boxler

*Das Weihnachtskonzert findet am 3. Dezember um 18.30 Uhr in Almaty in der Katholischen Trinitatis-Kathedrale statt, Tlendijew Str. 9

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Seit August 2016 ist Jörn Rosenberg neuer Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Almaty. Vor Übernahme dieser Aufgabe war er von 2013 bis 2016 als stellvertretender Botschafter an der Deutschen Botschaft in Ottawa (Kanada) tätig. Frühere Auslandsverwendungen führten Herrn Rosenberg an die Deutschen Botschaften in Moskau, Washington D.C., New Delhi, Warschau und Prag. Von 1997 bis 2000 war er Deutscher Generalkonsul in Temeswar (Rumänien). Nach Absolvierung des Militärdienstes studierte Herr Rosenberg Jura an den Universitäten in München, Kiel und Speyer sowie Internationales Recht an der London School of Economics und der Universidad Javeriana in Bogotá (Kolumbien).
Generalkonsul Rosenberg ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er spricht Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Russisch. GK

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