Bodo Lochmann ist im Rahmen einer Langzeitdozentur des DAAD in Almaty. Der in Moskau ausgebildete Wirtschaftswissenschaftler (Dr.oec.habil) ist Rektor der DKU.

Eigentlich sollte man Feiertagen ja mit einer gewissen freudigen Erwartung entgegengesehen. Das ist bei mir auch dann der Fall, wenn diese nicht mit dem Beschaffen von Geschenken verbunden sind. Leider gibt es solche Feiertage aber viel zu wenig. Also steht auch in diesen Tagen wieder das Unvermeidlich-Schmerzhafte an: Der Gang durch die Geschäfte, um irgendein passendes Geschenkchen zu finden. Was hat sie denn noch nicht, was könnte ihr gefallen? Richtig brauchen tut sie sowieso nichts – denke ich mir zumindest. Beim Internationalen Frauentag kann man wegen seines tieferen Sinns in verschiedener Hinsicht fündig werden. Auf jeden Fall ist er erst einmal ein wirtschaftliches Großereignis für die Blumen-, Bewirtungs- und Geschenkeindustrie. Zwar war er von der guten Clara Zetkin seinerzeit keinesfalls als solches gedacht, er hat sich aber de facto in diese Richtung entwickelt. Wirtschaftlichen Zahlen aber sind letztlich die inneren Motive egal, Hauptsache, es wird erst einmal gekauft. Aus dieser Sicht ist der Frauentag nicht schlecht und fehlt in Deutschland als Konjunkturstimulator allemal.

Neben allen Übertreibungen an die Adresse der Frauen, die hierzulande an diesem Tag üblich sind, ist deren Rolle in der Wirtschaft natürlich unbestreitbar groß. Und das in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Frauen gelten allgemein als die besseren Manager, sie haben nur wesentlich weniger Chancen, das auch zu beweisen. Zwar werden Frauen von der Werbung als zentraler Entscheidungsträger im Kaufprozess heftig umworben, in vielerlei anderer (wirtschaftlicher) Hinsicht  jedoch hält sich das Interesse an ihnen in Grenzen, vor allem wenn es um die Besetzung von bestimmten Geschäftspositionen geht.

In einigen Ländern versucht man diese Frage mit Frauenquoten, also per Verordnung, zu lösen. Das ist für die meisten von uns sicher gewöhnungsbedürftig, in den skandinavischen Ländern z. B. wird das jedoch allgemein als richtig akzeptiert. Arbeitende Frauen dort schaffen für andere wieder Arbeitsplätze, z. B. im Bereich der Kinderbetreuung. Mehr Frauen in Beschäftigung gleich höherer gesellschaftlicher Wohlstand lautet die etwas vereinfachende Formel. Am Gegenpol, an einer Reihe von arabischen Ländern fällt auf, dass die Frauen dort praktisch aus dem gesellschaftlichen Leben verbannt sind, sie bekommen kaum Bildung und erst recht nicht die Chance, sich vom Manne zu emanzipieren. Sie müssen zu Hause sitzen und dürfen sich nicht selbst verwirklichen. Die wirtschaftlichen Probleme dieser Länder sind deshalb nicht unerheblich durch die Nichtnutzung des Produktionsfaktors Frau mitbedingt.
Wie auch immer, die Unterschätzung der Frauen führt irgendwann zu Problemen und das mit Sicherheit nicht nur beim Geschenkekauf.

Bodo Lochmann

10/03/06

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