Kasachstan scheint fußballerisches Niemandsland, das Nationalteam bei der WM nicht dabei. Kasachstan – asiatischstes Mitglied in Europas Fußballverband – hat in der Qualifikation gegen starke Mannschaften aus Europa immer einen schweren Stand, aber zu Asiens Fußball möchte man nicht gehören.

Ganz Deutschland fiebert jetzt in nie gekannter Manier mit seinen Fußballern im WM-Turnier. Fußball mag man in Kasachstan auch. Am Samstagmittag geht man ins Stadion, Kinder jagen zwischen Häuserblocks dem Leder hinterher, und der Ball soll auch hier ins Eckige. Mit ihrer Nationalmannschaft können die Kasachen dieser Tage allerdings nicht mitfiebern, denn ihre Kicker haben sich nicht für die WM in Deutschland qualifiziert.

In der Qualifikation geplatzte Träume

In der Qualifikationsrunde zur WM 2006 waren die Mannen der kasachischen Auswahlmannschaft in Blau-Gelb chancenlos und wurden mit nur einem Punkt und 29 Gegentoren letzte ihrer Gruppe. Sie traten in einer schweren Qualifikationsgruppe gegen starke Mannschaften der Europäischen Fußballunion (UEFA), wie die Ukraine, die Türkei oder Dänemark, die alle in der Weltrangliste des Weltfußballverbandes (FIFA) recht weit vorne stehen, an. Die Chancen, sich irgendwann einmal für die Endrunde einer Welt- oder Europameisterschaft zu qualifizieren, stehen schlecht für die Fußballer Kasachstans. Als einziges zentralasiatisches Land im europäischen Kontinentalverband UEFA mit seinen zahlreichen spielstarken Nationen wird man auf absehbare Zeit eher Torelieferant für die Gegner in den Qualifikationsspielen bleiben. Usbekistan, das wie alle anderen Staaten Zentralasiens Mitglied im weniger starken asiatischen Kontinentalverband ist, verpasste die Qualifikation zur WM 2006 nur knapp. In der ersten Qualifikationsrunde setzte man sich gegen den Irak, Palästina und Taiwan – alles Gegner, gegen die Kasachstans Kicker wohl auch Chancen hätten – durch. Erst kurz vor dem großen Ziel scheiterte Usbekistan an Bahrain, das so dann in der Relegation gegen Trinidad-Tobago, dem WM-Neuling und WM-Zwerg 2006, um die Endrundenteilnahme spielen durfte.

Im Fußball ist Kasachstan Europa

Gegen Usbekistan sieht Kasachstans Länderspielbilanz hingegen besser aus als gegen die starken Mannschaften der UEFA. Gegen den Nachbar erzielte man zumindest einen Sieg, zweimal spielte man unentschieden und zweimal zogen Kasachstans Kicker den Kürzeren. Schon die bisher wenigen Partien gegen den Nachbarn Usbekistan zeigen: Die eigenständige fußballerische Historie Kasachstans ist kurz. Schnell nach der Unabhängigkeit wurde 1992 die Fußballunion Kasachstans (FSK) gegründet. Seitdem gibt es ein Nationalteam und eine nationale Liga. Noch im gleichen Jahr trat der kasachische Fußballverband der Asiatischen Fußballkonföderation (AFC) bei, 1994 dem Weltfußballverband. Bis 2002 war Kasachstan Mitglied im asiatischen Kontinentalverband AFC, Oleg Litwinenko aus Kasachstan 1995 der beste Fußballer Asiens. Warum Kasachstan dann 2002 aus der AFC in Europas Fußballverband UEFA wechselte, ist nicht klar nachzuvollziehen. Auf Anfrage der DAZ erteilte die UEFA dazu keine Auskunft. Auf ihrer Homepage findet sich eine Karte, die nur den nordwestlichen Landeszipfel Kasachstans zeigt. Zugehörigkeit zu Europa und dem europäischen Fußball soll signalisiert werden. Auch in Sowjetzeiten wurde Kasachstan im Gegensatz zu den zentralasiatischen Nachbarrepubliken nicht zum sowjetischen Orient gerechnet, und der Alltag im Land führt einem schnell vor Augen: Kasachstan ist das europäischste Land Zentralasiens. Geographisch und sporthistorisch ist die Zugehörigkeit Kasachstans zum europäischen Fußball zu rechtfertigen – auch wenn sich das Land damit die Qualifikation seiner Nationalkicker zu großen internationalen Meisterschaften verbaut. Doch Kasachstan präsentiert sich offensichtlich lieber als UEFA-Land zwischen Europa und Asien und kulturellen und sporthistorischen Bindungen nach Europa, als asiatische Fußballnation.

Internationale Turniere in weiter Ferne

Internationaler Fußball hat eben immer auch mit Politik und Diplomatie zu tun, wie an der fußballerischen Rehabilitation Deutschlands durch das Länderspiel gegen die Schweiz im Jahre 1950, als viele andere Verbände den Deutschen Fußballbund (DFB) noch boykottierten, oder wie es an den UEFA-Mitgliedschaften Israels oder der Türkei deutlich wird. So steht eben auch in Almaty, an der Grenze von Europa und Asien, unweit der kirgisischen Grenze und nahe der Grenze zu China, eines der südöstlichsten Stadien des fußballerischen Europas. Und Kasachstan tritt in Bälde lieber die Qualifikation zur Fußballeuropameisterschaft 2008 und nicht zur Asienmeisterschaft an. Man muss nicht Franz Beckenbauer heißen, um zu prognostizieren, dass Kasachstans Fußballer – derzeit in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 135 und damit kurz vor Sri Lanka oder Swaziland geführt – in ihrer Qualifikationsgruppe zur in der Schweiz und Österreich ausgetragenen Europameisterschaft 2008 gegen die starken Gruppengegner Portugal, Polen, Serbien, Montenegro und Belgien keine Chance haben werden, die Endrunde zu erreichen. Bestenfalls könnte es zu einem Achtungserfolg, vielleicht dem einen oder anderen Punkt oder Tor gegen die Mannschaften Finnlands oder Armeniens und Aserbaidschans reichen. Sie alle stellen sich in der gleichen Gruppe wie die europäischen Kicker Kasachstans aus Zentralasien der Herausforderung zure Qualifikation zur Euro 2008.
Die Usbeken, die sich nicht als fußballerische Europäer sehen, qualifizierten sich seit 1994 immer für den Asien-Cup und erreichten 2004 hier sogar das Viertelfinale, während sich Kasachstan aus der Asienmeisterschaft und der WM-Qualifikation in Asien ausgeklinkt hat. Dass man den umgekehrten Weg gehen kann und aus sportlich-taktischen Gründen – etwa der WM-Qualifikation – den Kontinentalverband wechseln kann, das machte Australien vor. Sie wechselten vom ozeanischen in den asiatischen Kontinentalverband, da dieser mehr WM-Startplätze hat und hier auch die Qualifikation machbar ist.

Von Gunter Deuber

30/06/06

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