Kirgisien war Partnerland der „Horizont 2005“, der internationalen Reisemesse in Karlsruhe. Interessierte scharten sich um die vermeintlich mongolische Jurte am Kirgisien-Stand. Trotz Naturschönheit und Erbe der Seidenstraße: Auf der Landkarte des Massentourismus ist Zentralasien ein weißer Fleck mit derzeit mäßigen Wachstumsperspektiven.

Kirgisien war Partnerland der „Horizont 2005“, der internationalen Reisemesse in Karlsruhe. Interessierte scharten sich um die vermeintlich mongolische Jurte am Kirgisien-Stand. Trotz Naturschönheit und Erbe der Seidenstraße: Auf der Landkarte des Massentourismus ist Zentralasien ein weißer Fleck mit derzeit mäßigen Wachstumsperspektiven.

Vor dem Haupteingang zum Messegelände Karlsruhe weht die rote kirgisische Flagge mit gelben Sonnenstrahlen und stilisierter Jurte, dem traditionellen Nomadenzelt, in der Mitte. Ein Zeichen, dass die kleine zentralasiatische Republik im Mittelpunkt der internationalen Reisemesse „Horizont 2005“ vom 13. bis 16. Oktober stand. Kirgisien, Kirgisistan in der Landessprache, präsentierte sich in Karlsruhe als Partnerland erstmals auf einer Messe im Land der Reiseweltmeister. Makat Tentimischow, Sekretär der Botschaft Kirgisiens, war Begrüßungsredner der Eröffnungszeremonie und vertrat seinen neuernannten Botschafter Marat Bakijew, übrigens der Bruder des kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijew.

Die Botschaft der Kirgisischen Republik und der Kirgisienspezialist „Castle-Haus Tours“, der vorrangig Burgen- und Schlösserreisen in Südwestdeutschland organisiert, präsentierten das Land. In den Katalogen der bekannten Reiseanbieter ist Zentralasien und besonders Kirgisien jedoch eher zu suchen als zu finden. Gefüllt sind die bunten Kataloge mit Angeboten in das Reich der Mitte. Die Nachfrage nach Reisen durch die Schluchten des Yangze oder nach Shanghai und Peking ist groß. Inmitten von bajuwarischen Lederhosen und dem Gemeinschaftsstand Asiens mit folkloristisch gekleideten Asiatinnen lockten eine Jurte und einige junge Damen in zentralasiatischer Tracht zum Kirgisien-Stand.

„Wo ist Kirgisistan? Was kann man da machen?“

„Das Interesse stimmt, auch wenn das Gros der Besucher zuerst meint, die Jurte sei aus der Mongolei”, so Gulsat Kojomberdijewa in perfektem Deutsch. Eigentlich studiert die Kirgisin Dolmetschen in Mainz. Wegen Visaproblemen der eigentlichen Repräsentanten ihres Heimatlandes ist sie kurzfristig eingesprungen. „Die Leute fragen: `Wo ist Kirgisistan? Was kann man da machen?` Überrascht sind sie, dass dort Baden und Skifahren zugleich möglich sind“, führt Oxana Amann aus. Geboren ist sie in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek, sie siedelte in den 1990er nach Deutschland über und symbolisiert die besondere Verbindung Deutschlands und Kirgisiens. Einst lebten dort etwa 40.000 Deutsche: Siedler, Deportierte aus der Stalinzeit und deren Nachkommen, von denen mittlerweile die Hälfte nach Deutschland auswandert ist.

Der Deutschpole Jakob Rock, Geschäftsführer von „Castle-Haus“, schildert alle Vorzüge der unentdeckten Perle Kirgisien mit ihren schneebeckten Gebirgszügen des Tienschan und dem zentral gelegenen 180 Kilometer langen Gebirgssee Issyk-Kul: „Hier berührt der Himmel die Erde. In der Sowjetzeit war Kirgisien militärisches Sperrgebiet an der Grenze zu China. Deswegen ist die Natur dort einzigartig erhalten. Beeindruckende Pferde- oder Jeeptouren warten. Die Menschen sind gastfreundlich. Selbst der russische Präsident Wladimir Putin verbringt seinen Privaturlaub lieber in Kirgisien als im Kaukasus“, weiß Jakob Rock zu berichten. Er offeriert individuell gestaltete 10 bis 14-tägige Gruppenreisen in das im nördlichen Teil Zentralasiens gelegene Bergland am Kreuzungspunkt von buddhistisch-asiatischem, russisch-orthodoxem und orientalisch-islamischem Einfluss.

„China boomt, und Zentralasien wächst nur langsam“

„Zentralasien ist und bleibt ein traditionelles Ziel für Gruppenreisen“, so Georg Albrecht von „Karawane Reisen“, die Usbekistan anbieten. Das Problem spezialisierter Trekking- und Abenteuerreise-Anbieter in Zentralasien ist dennoch, den Ansprüchen ihrer Kunden zu entsprechen, die gewisse Standards und Reisemodalitäten anderer exotischer Zielgebiete kennen. In Zentralasien ist es schwer, ein zu anderen Reisezielen gleichwertiges Angebot zu erreichen. Das Reisen sei vor allem wegen der Bürokratie sehr mühselig, so der Tenor der Trekkingspezialisten. Die großen Reiseanbieter bieten Zentralasien nur in den Spezialkatalogen an. Dort findet der an Zentralasien Interessierte dann ein oder zwei hochpreisige Gruppenreisenofferten. Meist durch Usbekistan nach Taschkent, Chiwa, Buchara und Samarkand; manchmal mit Abstecher in die kasachische Metropole Almaty oder entlang der Großen Seidenstraße nach Turkmenistan und Kirgisien. „China boomt, und Zentralasien wächst nur langsam“, so die TUI-Repräsentantin. Bei „Nature Travel International“ aus Radebeul ist immerhin eine 14- bis 21-tägige Reise nach Kirgisien im Angebot.

Das geringe Interesse des deutschen Touristenstroms an Zentralasien lässt sich am Reiseführerprogramm des ADAC-Verlagshauses ablesen. „Zentralasien ist nicht im Angebot und sicher auch nicht bei den druckfrischen Neuheiten“, so Wolfgang Plischke vom ADAC-Verlag auf der Karlsruher Messe. Das Spektrum des Großverlages ist Spiegelbild der Situation in Zentralasien: Für den erfahrenen Rucksackreisenden noch ein Paradies, aber ansonsten eine weißer Fleck auf der Landkarte des Massentourismus. Es ist noch beschwerlich, dort zu reisen, und die Spezialanbieter verzeichnen derzeit kaum Buchungen. Wenn der Fremdenverkehr in der touristisch attraktiven Region Zentralasien boomen soll, müssen sich erst die Reisebedingungen bessern, dann steigt auch die Nachfrage.

21/10/05

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