Seit etwa zwei Monaten macht Didi Taxi aus China dem Marktführer Yandex Konkurrenz in Kasachstan. Unsere Praktikantin Annabel Rosin hat beide ausprobiert und sich bei den Fahrern umgehört, was sie am jeweiligen Anbieter schätzen.

Wenn es um die bequeme Bestellung eines Taxis geht, ist die russisch-niederländische Smartphone App Yandex seit 2016 die wohl erfolgreichste in den Städten Kasachstans. Mit nur ein paar einfachen Klicks und meist geringer Wartezeit wird man zügig an den gewünschten Ort gebracht. Doch nun macht ein anderes Unternehmen dem Platzhirsch die Führung in Kasachstan streitig: Der chinesische Taxidienst Didi.

Didi Taxi war zuvor in China nach der Vergewaltigung und Ermordung zweier Frauen stark in Kritik geraten. Nun wirbt das Unternehmen mit Sicherheitsfeatures wie Audio- und Videoaufzeichnungen und sogar mit einer SOS-Notruftaste für Gäste. Mittlerweile ist die App für Neukunden in China aufgrund der Sperrung seitens der chinesischen Regierung nicht mehr verfügbar. Hintergrund sind der Börsengang des Unternehmens sowie die Befürchtungen der chinesischen Behörden, dass Didi Taxi illegal Nutzerdaten gesammelt habe. Bestehende Kunden dürfen aber weiterhin bedient werden.

Erst vor ca. zwei Monaten ging Didi in Almaty und Nur-Sultan online, und der Zeitpunkt der Expansion konnte nicht besser gewählt sein: Im Mai kam es zu einem Patentstreit zwischen G-Taxi und Yandex. Das Konkurrenzunternehmen warf Yandex vor, dass es deren Lizenzrechte für ein „Automatisiertes System zur Taxibestellung“ missbrauche. Im Anschluss drohte Yandex sogar die Sperrung aus den App- und Play Stores. Yandex Go ist aber weiterhin nutzbar und muss es nun mit dem neuen, wachsenden Konkurrenten in den Großstädten Kasachstans aufnehmen.

Der Selbsttest

In den letzten Tagen habe ich mir ein eigenes Bild zu den beiden Taxidiensten gemacht. Doch bereits bei meinem Versuch, ein Didi Taxi selbst zu ergattern, scheiterte ich. Mit meinem deutschen Handy kann ich die App im App-Store nicht auffinden und runterladen. Daher organisierte eine Kollegin mir nach Feierabend eine Fahrt von der Redaktion zu meiner Unterkunft für einen Preis von 420 Tenge und mit nur zwei Minuten Wartezeit. Die Preise variieren je nach gewünschtem Service. Automarke und -farbe sowie der Name des Fahrers erschienen ebenfalls sofort auf dem Display.

Noch bevor die Fahrt überhaupt losging, kam ein weiteres Problem auf: Der GPS-Standort schien nicht korrekt übermittelt worden zu sein. Umgehend nahm der Fahrer telefonisch Kontakt auf, wo genau er mich denn abholen sollte. Muramet ist 30 Jahre alt und war zuvor nicht als Taxifahrer beschäftigt gewesen. Er erzählte mir, dass er ungefähr 20 Kunden pro Tag befördere und mit einer deutlichen Zunahme in der nächsten Zeit rechne. Vor allem junge Leute, sagte er, nutzten Didi vermehrt. Ich empfand die Fahrt als sehr angenehm, und musste letztendlich sogar nur 400 Tenge bezahlen. Fahrer und Kunden können sich nach der Fahrt gegenseitig bewerten.

Ein Yandex Taxi konnte ich mir problemlos selbst bestellen. Für eine 13-minütige Fahrt von meiner Unterkunft zum Grünen Basar zeigte mir die App einen Preis von 1.000 Tenge an. Bei einer Wartezeit von 5 Minuten konnte ich auf meinem Handy genau verfolgen, wo sich mein Taxi gerade befindet. Mein Fahrer, Amirkhan, war deutlich älter und nicht so gesprächig. Allerdings konnte ich in Erfahrung bringen, dass ich um neun Uhr morgens schon seine sechste Kundin war, und er auch sonst die meisten Passagiere zu den Stoßzeiten im Berufsverkehr bedient. Vor kurzem hat die App ein neues Bonussystem für Taxifahrer eingeführt: Ab 20 Fahrten pro Tag erhalten diese eine zusätzliche Geldprämie. Auch Yandex bietet mir schließlich eine Bewertung des Fahrers, seines Fahrstils und sogar des Eindrucks über Geruch und Sauberkeit des Fahrzeugs an.

Was Fahrer an dem Newcomer schätzen

Steht das neue Bonussystem von Yandex Taxi im Zusammenhang mit dem „Taxi-Krieg“, den kasachische Medien bereits zwischen dem etablierten Anbieter und dem Newcomer ausgerufen haben? Einige Fahrer, die früher für Yandex gearbeitet haben, zog es jedenfalls bereits zu dem neuen Konkurrenten. Die 45-jährige Marina S. ist eine von ihnen und erzählt, warum sie nun lieber für Didi arbeitet.

Ihren Wechsel zu Didi Taxi bereue sie keineswegs, da das Unternehmen seinen Fahrern Sonderaktionen und die Aussicht auf steigende Einnahmen bietet. Didi selbst schreibt auf seiner Seite, dass es von den Fahrern lediglich zwölf Prozent der Einnahmen einbehält. Die Frage, ob sich nun auch ihre Arbeitsbedingungen geändert hätten, verneint Marina. Sie nutze weiterhin ihr eigenes Fahrzeug und befördere auch weiterhin dieselben Kunden wie zuvor. Den entscheidenden Unterschied mache das Gehalt. Andererseits erwähnt die 45-jährige kritisch, dass die GPS-Funktion beim großen Konkurrenten Yandex zum jetzigen Zeitpunkt besser funktioniere und viel genauer sei. „Eine Verbesserung des GPS-Signals sowie eine Überarbeitung der Karten in der Didi App sind daher absolut notwendig“, so die Fahrerin.

Fazit: Der Newcomer aus China punktet an dieser Stelle mit seinen günstigeren Preisen gegenüber Yandex. Auch die angewendeten Sicherheitsfeatures können – gerade für weibliche, alleinreisende Passagiere – ein Anlass zur vermehrten Nutzung von Didi Taxi sein. Offensichtlich profitieren auch die Fahrer selbst von höheren Einnahmen und gewissen Aufstiegsmöglichkeiten. Ob die App das Potential hat, den Marktführer in absehbarer Zeit in den kasachischen Großstädten vom Thron zu stoßen, muss sich aber erst noch zeigen. Immerhin bringt Yandex bereits jahrelange Erfahrungen mit, verfügt über die bessere Navigation und dürfte aufgrund seiner Marktstellung auch in der Lage sein, eine gewisse Flexibilität bei Preisen und Arbeitsbedingungen zu zeigen.

Annabel Rosin

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