Im Wettbewerb um Wissen setzt Kasachstan auf Deutschland. Vor allem angewandte Forschung in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik ist gefragt. Mit der gezielten Modernisierung seiner Industrie will Kasachstan die Abhängigkeit vom Rohstoffsektor überwinden. Dazu hat die Regierung die Fraunhofer-Gesellschaft beauftragt, die Konkurrenzfähigkeit zweier Unternehmen exemplarisch zu prüfen. Neben weiteren deutsch-kasachstanischen Kooperationen im Bereich der Fabrikautomatisierung und Erforschung von Blitzen blieb auf dem Tag der deutschen Wissenschaft Mitte November in Almaty auch Zeit, um geisteswissenschaftliche Projekte vorzustellen.

/Bild: Christine Karmann . ‚An den Info-Ständen der deutschen Organisationen tauschten sich die Teilnehmer über Kooperationsperspektiven aus.’/

Er hätte auch Goethe und Schiller nennen können, aber um die lange Forschungstradition Deutschlands zu beweisen, entschied sich Michael Schlicht vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für Carl Zeiss, Robert Koch, Wilhelm Conrad Röntgen und Max Planck. Damit war klar, was im Mittelpunkt des Tages der deutschen Wissenschaft Mitte November in Almaty stand: Angewandte Forschung mit hohem Nutzenfaktor für die Industrie.

Kasachstan sieht seinen Schlüssel zum Erfolg in der gezielten Modernisierung der Industrieunternehmen, um seine einseitige Abhängigkeit vom Rohstoffsektor zu überwinden. Hierfür hat das Land ein Programm zur beschleunigten industriellen und innovativen Entwicklung aufgelegt und einen ersten Auftrag an die Fraunhofer-Gesellschaft vergeben. Zwei Unternehmen, ein Maschinenbaubetrieb in Karaganda und ein Düngemittel- und Chemiebetrieb in Aktau sollen im nächsten Jahr auf ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Deutschland geprüft werden.

Innovationsgeber für die Industrie

Kasachstanische Nachwuchswissenschaftler informierten sich über Forschung in Deutschland.

„Fünf Tage werden die Experten die Technologien der Unternehmen begutachten und Verbesserungsvorschläge machen“, sagt Erik Dietzel, Marketingreferent beim Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und –automatisierung in Magdeburg. „Das könnte bei der Untersuchung der Trennverfahren beispielsweise so aussehen: Kommen Gasschweiß-Verfahren oder Lasertechnik zum Einsatz? Die Produktivität eines Gasschweißers beträgt 35 Prozent des Lasertrennverfahrens. Die Empfehlung könnte dann so lauten: Investiert in Laserschweißer, dann habt ihr 100 Prozent deutschen Standart.“
Neben der Fraunhofer-Gesellschaft präsentierten weitere Förder- und Mittlerorganisationen sowie private Stiftungen ihre Unterstützungsangebote für die internationale Zusammenarbeit auf dem Tag der deutschen Wissenschaft. Die Veranstaltung war mit Vertretern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Volkswagenstiftung, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hochkarätig besetzt. Über 200 Teilnehmer lauschten den Fachvorträgen und informierten sich an den Ständen der deutschen Organisationen über Kooperationsperspektiven.

Vor allem in den Bio- und Technologiewissenschaften, in der Medizin und der Umwelttechnologie arbeiten deutsche und kasachstanische Wissenschaftler zusammen. Gemeinsame nachhaltige Problemlösungen können jedoch auch auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften liegen. Um Geschichte und Kultur ging es am Nachmittag des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Nationalen Zentrum für wissenschaftlich-technische Information und dem Informationszentrum des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Almaty organisierten Wissenschaftsforums.

Beinschnitzereien und Blitze

Die Gerda-Henkel-Stiftung unterstützt beispielsweise ein Katalogisierungsprojekt am Al-Biruni-Institut für Orientalistik in Taschkent, in dem wertvolle Handschriften lagern. Auch erfolgreich abgeschlossene Projekte über Beinschnitzerei bei Nomaden und antiken Bergbau im Altai zeigen die Vielfalt der Kooperationsmöglichkeiten. Im Wettbewerb um Standorte und Köpfe bestand ein Ziel des Wissenschaftsforums auch darin, mehr kasachstanische Nachwuchswissenschaftler für Deutschland als Studien- und Forschungsstandort zu interessieren und die Zahl der Partner und Kooperationen zu erhöhen.

Internationalisierung beginnt im eigenen Land

„Die Finanzierung der internationalen Zusammenarbeit ist in der Regel kein Bestandteil des regulären Hochschulhaushalts; deswegen wird sie stark durch wissenschaftliche Kontakte der Professoren geprägt“, so Rudolf Smolarczyk von der Hochschulrektorenkonferenz. „Die Hochschulen können jedoch die Internationalisierung strukturierter von zu Hause aus betreiben, indem sie beispielsweise Auslandssemester oder internationale Abschlüsse vereinbaren oder ihr Personal in Fremdsprachen schulen.“

Dem würde sich Eva Portius, Leiterin des DAAD-IC in Almaty, anschließen. Denn egal ob Astroteilchenphysik, mit Hilfe derer in Deutschland und Kasachstan in vergleichenden Messungen Blitze erforscht werden oder die Untersuchung von nomadischen Grabbeigaben in Zentralasien, ausreichende Englisch- und Deutschkenntnisse sind für ein gemeinsames Forschungsprojekt notwendig. „Hier beginnt die Vorbereitung in Kasachstan“, sagt Eva Portius.

Von Christine Karmann

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