Die Zollunion zwischen Kasachstan, Russland und Weißrussland ist noch sehr jung, sie hat erst in diesem Jahr begonnen, praktisch zu funktionieren. Deshalb ist es natürlich noch zu früh, irgendwelche endgültigen Aussagen zu ihrer Effizienz machen zu wollen. Dazu braucht es belastbaren Zahlenmaterials von mindestens 5 bis 6 Jahren. Dennoch ist es nicht uninteressant, erste Zahlen zu analysieren, wie gesagt, ohne Schlussfolgerungen der letzten Instanz ziehen zu wollen.

Zur Erinnerung: Das Anliegen der Zollunion ist die Schaffung einer Freihandelszone zwischen den drei Staaten, die ja zu Sowjetzeiten eng miteinander verflochten waren. Freihandelszone bedeutet, dass die Barrieren für den Export und Import zwischen den Mitgliedsländern weitgehend abgebaut werden und eines Tages möglichst gänzlich verschwinden. Die typischen Handelsbarrieren sind Zölle, die vor allem Importwaren künstlich verteuern und den Wettbewerb verzerren; Importquoten, die die Absatzmöglichkeiten ausländischer Produzenten beschränken; und bürokratische Prozeduren, letztere z. B. in Form der berühmten und zugleich gefürchteten „rastamoschka“ von Importwaren an den Zollstationen.
Nun liegen für die ersten neun Monate diesen Jahres die Eckzahlen zur Entwicklung des Außenhandels Kasachstans allgemein, darunter innerhalb der Zollunion, vor. Das gesamte Exportvolumen Kasachstans hat sich danach um 50% auf nunmehr fast 66 Mrd. $ erhöht, während der Import nur um 23% auf 26 Mrd. $ gewachsen ist. Demnach ist ein enormer Außenhandelsüberschuss von sage und schreibe 40 Mrd. $ zu verzeichnen. Nun ist das ja vor allem dem Ansteigen der Weltmarktpreise für Rohstoffe zu verdanken, denn die Exporte in physischen Einheiten hat sich nicht mal um 5% erhöht. Das ist aber letztlich egal, schließlich sind die Devisen ja trotzdem ehrlich erarbeitet. Von diesem enormen Überschuss müsste nun eigentlich (auch bei Beachtung der nicht so positiven Zahlungsbilanz) ein enormer Aufwertungsdruck auf den Tenge ausgehen, der sich von den aktuellen 147 Tenge pro Dollar in Richtung 140 oder noch darunter bewegen müsste. Das verhindert aber die Nationalbank, die in doch ziemlich großen Mengen auf dem heimischen Devisenmarkt nicht nachgefragte Dollar aufkauft und so den Wechselkurs künstlich stabilisiert.

Doch zur Zollunion. Kasachstan hat mit beiden Partnerländern trotz der deutlichen Steigerung der Exporte ein Minus erwirtschaftet, weil die Importe immer noch größer sind, als die Exporte. Mit Russland, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner Kasachstans, beträgt das Saldo zu Ungunsten Kasachstans etwa 6 Mrd. $. Das Saldo mit Weißrussland ist mit etwa 300 Mio. $ aus hiesiger Sicht nicht dramatisch, aber dennoch im Minus. Interessant ist dabei das sehr geringe Volumen des Export in das Lukaschenko-Reich – nur 72 Mio. $ in neun Monaten.

Insgesamt ist und bleibt Russland mit Abstand der wichtigste Importpartner Kasachstans: 45% aller Importe kommen von dort, mit großem Abstand folgt dann das mit vielen Ängsten verbundene China (12,5%), erst dann Deutschland und die Ukraine mit je knapp 5% Anteil. Das Bild im Exportbereich Kasachstans sieht ausgewogener aus – 8,6% der Ausfuhren gehen zum großen Bruder in den Norden (Russland), 18% zum noch größeren Bruder (China) in den Süden. Mit 16,5% gehen somit sogar mehr kasachische Produkte nach Italien. Diese Struktur hängt natürlich mit den verfügbaren, international wettbewerbsfähigen Erzeugnissen zusammen, die Kasachstan bieten kann. Im Unterschied zu China, braucht Russland halt keine kasachischen Rohstoffe, während hiesige Erzeugnisse der verarbeitenden Industrie auch in Russland kaum wettbewerbsfähig sind. Auf absehbare Zeit wird sich das Bild wohl auch kaum ändern, dennoch muss die Zollunion mit Russland und Weißrussland als Trainingsfeld für die kasachische verarbeitende Wirtschaft begriffen und genutzt werden.

Bodo Lochmann

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