Heute arbeiten im deutschen Generalkonsulat in Almaty Kollegen aus dem ehemaligen Ost- und Westdeutschland zusammen. Generalkonsulin Christiana Markert (aus dem Westen) und zwei entsandte Mitarbeiter des Generalkonsulats (aus dem Osten stammend) erinnern sich an die Zeit, als die deutsche Einheit kam.

„Ich war interessanterweise weder am 9. November 1989 noch am 3. Oktober 1990 in Deutschland. 1989 war ich in das Auswärtige Amt eingetreten und war zur Ausbildung in Brüssel bei der EU, als die Mauer fiel. Es waren auch andere Jungdiplomaten aus den verschiedensten EU-Ländern anwesend. Wir Deutschen wurden natürlich sofort mit Fragen bestürmt. Ehrlich gesagt, waren wir alle etwas überfordert: wir waren in das westdeutsche Außenministerium eingetreten im Glauben, dass wir noch lange die alte Bundesrepublik vertreten würden, und plötzlich sollten wir für das gesamte Deutschland sprechen.

1990 war ich – ebenfalls im Rahmen der Ausbildung – in der Bretagne im Nordwesten Frankreichs. Für mich war es damals sehr aufschlussreich, die – gelegentlich auch zurückhaltende – Reaktion der französischen Gesprächspartner zu erleben und Gespräche mit ihnen darüber zu führen, welche Konsequenzen die deutsche Wiedervereinigung für Europa hat.“

„Der Tag der Deutschen Einheit war und ist erhebend für mich.“

„Der 3. Oktober war für mich ein Tag, der eingebettet war in eine Periode des Umbruchs, des Neuanfangs, aber auch der Unsicherheit. Das Alte brach weg, Gewissheiten gab es keine mehr. Am 01. Juli 1990 war de facto die Wiedervereinigung durch die Währungsunion vorweg genommen. Ich ging in „Kurzarbeit – Null Stunden“, weil in meiner Firma die Aufträge wegbrachen. Die Arbeitsverwaltung war überfordert, Gewerkschaften – ich war in der IGM – waren keine Hilfe.

Man war auf sich allein gestellt. Mir halfen mein Alter und meine Eltern, mich schnell auf die neue Zeit einzustellen. Ich strebte eine erneute Ausbildung an. Mein Alter, ich war damals 22 Jahre alt, erlaubte mir, zuversichtlich zu sein und mich auf die neue Freiheit zu freuen. Neben der damals gewonnenen Freiheit ist es das Grundgesetz, was mich am wiedervereinten Deutschland nach wie vor fasziniert. Der Tag der Deutschen Einheit war und ist erhebend für mich.“

„Plötzlich war fast alles, was aus der DDR kam, schlecht.“

„Ich kann mich ehrlich gesagt nicht genau erinnern, was ich am 3. Oktober 1990 gemacht habe. Aber ich war wahrscheinlich zu Hause in Leipzig vor dem Fernseher und habe die Beiträge zur Wiedervereinigung verfolgt. Für mich als Teenager war die Zeit vom Herbst 1989 bis zum Herbst 1990 sehr spannend. Zum einen gab es plötzlich die begehrten „Westprodukte“ auch bei uns. Zum anderen änderten sich die Wortäußerungen über die BRD. Bis 1989 hatten wir gelernt, dass die DDR das bessere Deutschland ist; dass der Sozialismus selbstverständlich dem Kapitalismus überlegen ist. Plötzlich war fast alles, was in der DDR passierte oder aus der DDR kam, schlecht. Jedenfalls fühlte es sich oft so an.

Nunmehr habe ich zwei Drittel meines Lebens im vereinten Deutschland gelebt. Ich bin froh, dass die Wende und die Wiedervereinigung zu einer Zeit erfolgten, als ich noch jung und anpassungsfähig war. Vielen älteren Menschen ist das Umdenken schwer gefallen. Oft lag es daran, dass sie in einem Berufsleben standen, das von einem auf den anderen Tag durch Wegfall des Arbeitsplatzes beendet oder doch so unterbrochen wurde,
dass ein Neuanfang schwer wurde.“

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