Ein Rechnungshof ist ein etwas im Verborgenen arbeitendes Organ, dessen Wichtigkeit für uns Steuerzahler enorm ist. Wir sehen und spüren die Aktivitäten des Finanzamtes beim direkten oder indirekten Eintreiben der Steuern, der interessierte Bürger liest vielleicht noch, dass sich das Parlament mit dem Ausgeben der Steuergelder beschäftigt, danach ist aber meist Schluss. Zwar kann in offen und demokratisch strukturierten Staaten jeder Bürger an den öffentlichen Beratungen der Parlamente teilnehmen und sich auch über das Ausgeben „seiner“ Steuerbeträge informieren. Das machen aber nur die allerwenigsten Leute, auch weil man zum Verstehen des nicht einfachen Haushaltsrechts einigen speziellen Sachverstand mitbringen muss, und Geduld natürlich auch.

Hier nun beginnt die Arbeit des Rechnungshofes, der zwar ein staatliches Organ ist, aber inhaltlich den staatlichen Finanzorganen nicht untergeordnet sein darf, weil er ansonsten nicht unvoreingenommen und unabhängig die Aktivitäten der Staatsdiener prüfen kann. In der Regel ist der Rechnungshof dem Parlament unterstellt, in Kasachstan allerdings dem Präsidenten. In letzter Zeit nun aktiviert der hiesige Rechnungshof offensichtlich seine Tätigkeit, zumindest erscheinen öfter als früher Notizen mit Prüfergebnissen in der Presse und sind einem breiten Publikum zugänglich, das sich dafür allerdings auch interessieren sollte.
Schließlich geht es um Volkes Geld, auch wenn es darüber selbst und direkt nicht mehr verfügen kann. Nun hat der Rechnungshof Kasachstans ein Vorhaben der Regierung aus finanzieller Sicht analysiert und ziemlich heftig kritisiert. Es geht um das Lieblingsprojekt im Bereich Finanzen, den Ausbau Almatys zum „Finanzzentrum Zentralasiens“. Ein entsprechendes spezielles Gesetz dazu wurde bereits vor sechs Jahren verabschiedet, der erste Meilenstein der Projektrealisierung ist das Jahr 2010.

Man braucht kein besonders aufmerksamer Beobachter zu sein, um das Baugeschehen am Prospekt Al-Farabi in das Konzept einzuordnen. Man muss genau hinsehen, um das Zeichen „RFCA“ zu entdecken, das mittlerweile schon an vielen Stellen vom Vorhandensein einer speziellen Organisation zur Umsetzung des Gesetzes zeugt. Doch so recht voran geht es nicht mit dem Ausbau Almatys zum internationalen Finanzzentrum. Der Bau supermoderner Gebäude, das Erlassen von Gesetzen, das Durchführen durchaus interessanter und notwendiger Finanzlehrgänge und eine Reihe weiterer diverser Aktivitäten sind zwar notwendige, aber nicht ausreichende Bedingungen.

So stellt der Rechnungshof denn auch fest, dass die bisherigen Schritte in keiner Weise ausreichen, um das hochgesteckte Ziel zu erreichen. Im Detail wird u.a. bemängelt, dass die Zahl der ausländischen Emittenten, die ihre Wertpapiere hier in Almaty handeln, rückläufig ist und im Moment ganze 126 beträgt. Das ist zwar ein Anfang, diese Zahl bedeutet in der internationalen Finanzwelt aber kaum mehr als Null. In den internationalen Wertpapierindizies taucht Almaty natürlich noch nicht auf, und das wird wohl noch lange so bleiben. Schließlich muss es ja ein reges System von Käufen und Verkäufen unterschiedlicher Wertpapiere geben.
Bisher ist es noch nicht gelungen, die Emission einer Art Volksaktie zu organisieren, also eines Wertpapieres, das vom Preis her für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglich wäre, einen Ertrag bringt, der über der hohen Inflationsrate liegt und der zudem noch das Vertrauen der Anleger hätte. Die Bevölkerung ist über das prinzipielle Vorhandensein von Aktien und Anleihen, ihre Merkmale sowie ihre Vor- und Nachteile so gut wie nicht informiert, eine Wertpapierkultur besteht also noch nicht. Es war für den realistischen Beobachter des Projektes auch klar, dass das Ziel, Almaty in nur wenigen Jahren von de facto Null zu einem begehrten Wertpapierhandelszentrum zu machen, zwar hochambitioniert, aber eher unrealistisch ist.

Dafür kann man eine Vielzahl von Gründen ausfindig machen, auf einige hat der Rechnungshof hingewiesen. Einen Aspekt erfasst dieses Organ aber nicht: das ist der weiche Faktor, der sich Vertrauen nennt. Gerade im Finanzsektor ist er das Fundament, das wichtiger ist als funkelnde Gebäude. Diesen Faktor kann man aber nicht durch ein Gesetz herbeizaubern.

Bodo Lochmann

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