Englische Fachbegriffe sind aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken, ob es uns nun gefällt oder nicht. Man kann dabei durchaus lange und verbissen um die Frage streiten, ob das englische Wort wirklich immer sein muss oder ob man es nicht auch in der jeweiligen Landessprache ausdrücken kann. Beim Übersetzen von Fachtexten kann dabei der englische Begriff sowohl Hilfe, als auch Hürde sein. Hilfe dann, wenn man keine Übersetzung suchen muss, Hürde dann, wenn es keine eindeutige und gebräuchliche Übersetzung gibt.

Ziemlich oft verbergen sich dabei hinter modern und wissenschaftlich klingenden Anglizismen längst bekannte und praktizierte Inhalte, also ein Fall von „Alter Wein in neuen Schläuchen“. So geht’s mir auch beim aktuell stark Verbreitung findenden „Corporate Social Responsibility (CSR)“, also dem über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehenden sozialen Engagement von Unternehmen. Der englische Begriff ist in Europa wohl vor etwa 20 Jahren aufgetaucht, in Kasachstan hat seine Karriere vor drei bis vier Jahren begonnen, allerdings in einer russischen Variante.

Punktuelle soziale Verantwortung in Form einzelner betrieblicher Programme oder Projekte ist allerdings absolut nicht neu. Sicher waren die Herren Siemens, Ernemann (Kamerawerke Dresden) oder Abbe (Schottwerke Jena) keinesfalls die ersten Unternehmer, die im 19. Jahrhundert freiwillig betriebsbezogene Sozialleistungen für die Mitarbeiter in ihren Unternehmen, aber auch in der engeren Umgebung realisierten. Und sicher hat sich die Deutung und Bedeutung des Begriffes seither auch stark gewandelt.

Zum CSR und seinen Wirkungen gibt es nun eine Reihe von interessanten Studien mit zum Teil so nicht erwarteten Ergebnissen. Auf jeden Fall stellt die weit verbreitete Praxis des CSR, die These des großen Monetaristen Milton Friedman in Frage, der da ständig die Meinung vertrat, dass Unternehmen nur dazu da sind „um ihre Gewinne zu mehren“. Heute gilt CSR als Geschäftstreiber. Die Logik ist dabei nüchtern und pragmatisch: Handle dann besonders verantwortungsvoll, wenn es sich rentiert. Die genannten Studien kommen zwar im Detail zu unterschiedlichen Aussagen, als Trend stellen sie jedoch fest, dass Manager unter den aktuellen Bedingungen des Wirtschaftens, die u.a. durch weitgehend gesättigte Märkte in den Hauptregionen auf der einen Seite und durch wachsende soziale Sensibilisierung in den noch hungrigen Märkten gekennzeichnet sind, das Instrument CSR nutzen sollten. Um langfristig gut dazustehen, müssen demnach Manager bereit sein, auf kurzfristige Gewinne zu verzichten. In der Praxis, so ein Ergebnis der Studien, steckt hinter sozialen Projekten letztlich doch stets unternehmerisches Kalkül. Es gibt, so die Autoren „ keine Hinweise auf Unternehmen, die Profite dem sozialen Interesse opfern“. Oft dient CSR auch einfach dazu, Schlechtes zu überdecken. Die Analyse von etwa 3000 US-Firmen über einen Zeitraum von 15 Jahren ergab, dass Unternehmen, die mehr Schaden anrichten, auch mehr Gutes tun. CSR erfüllt damit nicht selten auch die Funktion des Reinigers des Gewissens, was ja für eine effektive Tätigkeit von Unternehmenslenkern auch nicht unwichtig ist. Dieses als „Greenwashing“ bezeichnete Verhalten ist nicht nur besonders in der Tabak- und Ölindustrie, sondern durchaus auch in anderen Wirtschaftzweigen verbreitet. Gemeinsame Bedingung für „Greenwashing“ ist öffentliche Beobachtung und sich darauf aufbauender öffentlicher Druck auf die entsprechenden Unternehmen. Für diesen Druck sorgt nun in den meisten Ländern eine entwickelte Zivilgesellschaft. Diese Bedingung ist in Kasachstan bekanntlich noch nicht erfüllt.

Unter den Analytikern der CSR-Welle ist der Zusammenhang zwischen den Ausgaben für soziale Projekte und der dadurch erzielten Gewinne umstritten. Am interessan-
testen erscheinen dabei die Aussagen, dass die Unternehmen am meisten verdienen, die nach dem Schema „ganz oder gar nicht“ arbeiten. Danach machen zwei Gruppen von Unternehmen die höchsten Gewinne: 1. die, welche sehr viel Geld für Umwelt- und Sozialengagement ausgeben und 2. die, welche dies ganz sein lassen. Unternehmen mit halbherzigen Strategien in der Frage CSR bleiben dagegen auf ihren Kosten sitzen. Mir ist die erste Kategorie die liebste.

Bodo Lochmann

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